Bei einer erneuten Nutzenbewertung hat der G-BA seine Entscheidung zu Vildagliptin (Galvus®, Jalra®, Xiliarx®) bestätigt und dem Antidiabetikum keinen Zusatznutzen zuerkannt (1, vgl. 2). Die Entscheidung beruht auf den Daten einer offen durchgeführten Studie, in der Vildagliptin mit NPH-Insulin verglichen wurde und alle Patienten zusätzlich das Sulfonylharnstoff-Derivat Glimepirid erhielten. Die beiden Studienarme unterschieden sich jedoch nicht nur in Hinblick auf die beiden Wirkstoffe: Im Insulin-Arm, nicht jedoch im Vildagliptin-Arm, wurde die Dosis laufend so angepasst, dass Blutzuckerwerte im normnahen Bereich erreicht wurden. In der Folge kam es im Vildagliptin-Arm zu mehr Hypoglykämien (der Unterschied war allerdings statistisch nicht signifikant). Auch lag der HbA1c-Wert bei den Patient(inn)en im Insulin-Arm deutlich unter dem im Vildagliptin-Arm. Langzeitdaten zum Gesamtüberleben, zur kardiovaskulären Sicherheit und zum generellen Sicherheitsprofil liegen für Vildagliptin nicht vor.
Ataluren (Translarna®) ist als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens (Orphan drug) zugelassen zur Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie infolge einer Nonsense-Mutation im Dystrophin-Gen bei gehfähigen Patienten im Alter ab fünf Jahren (3). Der G-BA stellte einen geringen Zusatznutzen fest. Der Beschluss ist bis zum 1. Juni 2016 befristet, weil Daten aus einer weiteren Studie erwartet werden. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen ca. 480.000 €.
Für die Wirkstoffkombination von Ledipasvir plus Sofosbuvir (Harvoni®) zur Behandlung der chronischen Hepatitis C stellte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen bei bestimmten Patienten fest (vgl. 4, 5). Ein besseres virologisches Ansprechen sah er bei chronischer Hepatitis C vom Genotyp 1 und 4, bei Genotyp 3 dagegen keinen belegten Zusatznutzen. Die Kosten für die übliche 12wöchige Therapie für Ledipasvir/Sofosbuvir betragen ca. 63.000 €.
Alipogentiparvovec (Glybera®) wurde als erste Gentherapie in Europa zugelassen: es enthält die humane LPL-Genvariante LPLS447X in einem Vektor, der auf die Infektion von Muskelzellen abzielt. Das Arzneimittel ist als Orphan drug zugelassen bei Erwachsenen, bei denen eine familiäre Lipoproteinlipase-Defizienz (LPLD) diagnostiziert wurde und bei denen schwere oder multiple Pankreatitis-Schübe trotz fettarmer Ernährung aufgetreten sind (6). Der G-BA stufte das Ausmaß des Zusatznutzens als nicht quantifizierbar ein, da keine belastbaren Daten vorlagen. Die Bewertung hätte eigentlich lauten müssen „kein Zusatznutzen“. Doch dies ist im Sozialgesetzbuch V (§ 35a Abs. 1 Satz 10) bei Orphan drugs nicht vorgesehen, da der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt gilt. Zunächst hatte er eine Entscheidung über die Nutzenbewertung von Alipogentiparvovec zweimal zurückgestellt, weil bei der europäischen Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency = EMA) die Auswertung von Nachbeobachtungsdaten ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Wirkstoff ergeben hatte. Eine abschließende Entscheidung der EMA steht weiterhin aus; abgewartet werden Daten aus einem Krankheitsregister. Deswegen hat der G-BA die Geltungsdauer seines Beschlusses bis zum 1. Juni 2016 befristet. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen 1.318.432 €!
Enzalutamid (Xtandi®) ist seit Dezember 2014 auch für Männer mit metastasiertem, durch eine Hormonblockade nicht beeinflussbaren Prostatakrebs zugelassen, die noch keine oder nur leichte Beschwerden haben und bei denen noch keine Chemotherapie angezeigt ist (7, vgl. 8). Im Vergleich gegenüber dem abwartenden Vorgehen unter Beibehaltung der bestehenden konventionellen Androgendeprivation stellte der G-BA einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen fest. Grundlage war die randomisierte, plazebokontrollierte Zulassungsstudie PREVAIL (9) mit insgesamt 1.717 Patienten, in der sich für Enzalutamid eine statistisch signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens ergab (in der Gesamtpopulation im ersten Datenschnitt um 2,2 Monate). Statistisch signifikante Vorteile ergaben sich auch bei den untersuchten Morbiditäts-Endpunkten „Zeit bis zur ersten skelettbezogenen Komplikation“ und „Zeit bis zum Beginn einer Opiat-Therapie“. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Enzalutamid 49.913 €, für z.B. Bicalutamid 621 € oder Abirateronacetat 49.888 €.
Als Orphan drug wurde Pasireotid (Signifor®) in dem neuen Anwendungsgebiet bewertet: Behandlung von erwachsenen Patienten mit Akromegalie, bei denen eine chirurgische Behandlung nicht erfolgreich war oder nicht in Frage kommt, und die auf eine Behandlung mit einem anderen Somatostatin-Analogon nicht ausreichend angesprochen haben (10, vgl. 11). Der G-BA bewertete das Ausmaß des Zusatznutzens als gering. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Pasireotid 44.726 €.
Nintedanib (Vargatef®) ist in Kombination mit Docetaxel zugelassen zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen, metastasierten oder lokal rezidivierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (12). Im Vergleich zu einer Monotherapie mit Docetaxel sah der G-BA einen Hinweis für einen geringen Zusatznutzen. Grundlage war die doppeltblind durchgeführte, randomisierte Zulassungsstudie mit 658 Patienten, in der die Behandlung mit Nintedanib plus Docetaxel im Vergleich Plazebo plus Docetaxel zu einer statistisch signifikanten Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens um 2,3 Monate führte. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Nintedanib 38.430 € und für Docetaxel 22.596 €.
Die Wirkstoffkombination Tafluprost/Timolol (Taptiqom®) ist zur Senkung des Augeninnendrucks bei Erwachsenen mit Offenwinkelglaukom oder okulärer Hypertension zugelassen (13). Laut G-BA ist ein Zusatznutzen gegenüber der freien Kombination von Tafluprost und Timolol nicht belegt. Die Jahrestherapiekosten für das Kominationspräparat betragen 299 €, für die freie Kombination Tafluprost plus Timolol ohne Konservierungsmittel 515 €.
Literatur
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2253/ Link zur Quelle
- AMB 2013, 47, 95b Link zur Quelle. AMB 2013, 47, 72 Link zur Quelle . AMB 2013, 47, 19 Link zur Quelle. AMB 2007, 41, 50. Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2252/ Link zur Quelle
- AMB 2014, 48, 61a. Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2251/ Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2250/ Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2265/ Link zur Quelle
- AMB 2013, 47, 73 Link zur Quelle. AMB 2014, 48, 38b. Link zur Quelle
- Beer, T.M., et al.(PREVAIL):N. Engl. J. Med. 2014, 371, 424. Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2263/ Link zur Quelle
- AMB 2013, 47, 15. Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2262/ Link zur Quelle
- https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2261/ Link zur Quelle