In den Wintermonaten sind Erkältungskrankheiten der häufigste Grund für Arztbesuche (1). Zu den wichtigsten Übertragungswegen dieser Erkrankungen, einschließlich Influenza, gehören infizierte Tröpfchen beispielsweise über Hand-Gesichtskontakt (2). Die Weltgesundheitsorganisation, das Robert Koch-Institut und auch wir haben bei der Schweinegrippe-Epidemie das Händewaschen als wichtige Präventivmaßnahme empfohlen (3-5). Die Suche nach qualifizierten Studien für diese Empfehlung ergab allerdings nur zwei nennenswerte Treffer. Eine Studie wurde in einer Kindertagesstätte in Australien (6), die andere ebenfalls bei Kindern in einem Entwicklungsland durchgeführt (7). In der australischen Studie wurden die älteren Kinder trainiert, sich die Hände zu waschen. Wurde dies konsequent befolgt, konnten Erkältungskrankheiten um 17% reduziert werden. Bei Kindern unter 24 Monaten, die die Hände gewaschen bekamen, war der günstige Effekt über die ganze Kohorte nachweisbar (6). In der anderen Studie aus Karatschi in Pakistan konnten durch häufigeres Händewaschen mit Seife in den untersuchten Haushalten sowohl respiratorische wie auch intestinale Infektionen bei Kindern reduziert werden (7). Es gibt aber keine gute Evidenz auf breiter Ebene und bei Erwachsenen.
Um mit einer solchen hygienisch-präventiven Maßnahme erfolgreich zu sein, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: 1. Die präventive Maßnahme muss einfach und billig sein. 2. Die betreffenden Menschen müssen für die Informationen gut erreichbar sein, z.B. über das Internet.
Autoren einer Studie, die vom Medical Research Council in Großbritannien unterstützt wurde, hatten in einem Internet-basierten Pilotprogramm ohne persönliche Unterrichtung der Studienteilnehmer das Verhalten und die Adhärenz bezüglich Technik und Anwendung des Händewaschens untersucht (8, 9). Nun wurde diese Methode im großen Rahmen getestet (10).
Aus über 344 Allgemeinarztpraxen, die über ganz England verteilt waren, wurden Probanden (18 Jahre oder älter), die in einem Haushalt mit mehreren Personen lebten, via E-Mail eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Die Personen wurden mittels einer Computer-gestützten Randomisierung in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe hatte Zugang zu einem Programm, das über die Bedeutung des Händewaschens zur Prävention respiratorischer Infektionen und Influenza informierte und Anleitung zur Technik und Häufigkeit des Händewaschens gab; die andere Gruppe hatte keinen Zugang zu diesem Programm. Das Programm war teilweise interaktiv und wurde jede Woche auch mit neuen Informationen gespeist, um die Adhärenz hoch zu halten. Zusätzlich wurde eine weitere Kontroll-Gruppe eingeführt. Mit ihr sollte überprüft werden, ob der „Base-Line“-Fragebogen einen Einfluss auf das spätere Verhalten beim Händewaschen hat. Der primäre Endpunkt war das Auftreten einer respiratorischen Infektion oder Influenza bei der Indexperson oder bei einem Mitglied des Haushalts während des Beobachtungszeitraums von 16 Wochen. Infektionswege wurden in beide Richtungen verfolgt: von Haushaltsmitgliedern auf die Indexperson oder von der Indexperson auf Haushaltsmitglieder. Der Fragebogen wurde wöchentlich erhoben. Monatlich wurden Einladungen online verschickt, um die Ereignisse zu erfassen (self reporting).
In den Wintermonaten von Januar 2011 bis März 2013 wurden 20.066 Probanden randomisiert, 10.040 erhielten eine Intervention und 10.040 nicht. 16.908 (84%) konnten über die gesamten 16 Wochen nachverfolgt werden (8.241 in der Interventions- und 8.667 in der Kontroll-Gruppe). Im „Base-Line-Fragebogen“ gab es keine Unterschiede in den Gruppen hinsichtlich Häufigkeit des Händewaschens, Bildungsstand, Häufigkeit von Erkältungskrankheiten, Impfstatus und anderen Faktoren.
Die Auswertung ergab, dass durch die Intervention weniger Infektionen übertragen wurden, und zwar in beide Richtungen. Nach 16 Wochen hatten 4.242 Personen (51%) in der Interventionsgruppe eine respiratorische Infektion und 5.135 (59%) in der Kontroll-Gruppe (multivariate Risk ratio: 0,86; 95%-Konfidenzintervall: 0,83-0,89; p < 0,0001). Es wurde in der Interventionsgruppe etwas häufiger über Hautirritationen (n = 231; 4%) berichtet als in der Kontroll-Gruppe (n = 79; 1%). Bei der Auswertung der sekundären Endpunkte ergab sich, dass in der Interventionsgruppe weniger Besuche bei Ärzten stattgefunden hatten und seltener Antibiotika verschrieben worden waren.
Fazit: Regelmäßiges Händewaschen verminderte in diesem Internet-basierten Interventionsprogramm das Risiko, Erkältungskrankheiten in einem Haushalt zu übertragen. Auch waren die Arztbesuche und Verschreibungen von Antibiotika seltener.
Literatur
- Zambon, M.C., et al.: Lancet2001, 358, 1410. Link zur Quelle
- Jefferson, T., et al.: CochraneDatabase Syst. Rev. 2011, 7, CD006207. Link zur Quelle
- http://www.who.int/ith/diseases/si_iAh1n1/en/ Link zur Quelle
- http://edoc.rki.de/oa/articles/reHBJkQuhrGCg/PDF/26LaMRUjOWpw.pdf Link zur Quelle
- AMB 2009, 43, 67. Link zur Quelle
- Roberts, L., et al.: Pediatrics2000, 105, 738. Link zur Quelle
- Luby, S.P., et al.: Lancet 2005, 366, 225. Link zur Quelle
- Yardley, L., et al.: J. Health Psychol. 2011, 16, 353. Link zur Quelle
- Yardley, L., et al.: J. Med. Internet Res. 2011, 13, e107. Link zur Quelle
- Little, P., et al. (PRIMIT = A PRimarycare trial of a website based Infection control intervention to ModifyInfluenza-like illness and respiratory infection Transmission): Link zur Quelle