Am 15. Oktober sind die Leitlinien zur kardiopulmonalen Reanimation (CPR) der American Heart Association (AHA) und des European Resuscitation Council (ERC) 2015 erschienen. Durch das German Resuscitation Council (GRC) steht bereits eine deutsche Vorab-Version zur Verfügung, die von der Website der GRC heruntergeladen werden kann (1). Gegenüber den Leitlinien 2010 (2), die mit erheblichen Veränderungen besonders bei den Basismaßnahmen (Basic Life Support = BLS) der CPR verbunden war, haben die Leitlinien 2015 in der Technik der Wiederbelebung nichts Grundlegendes geändert: Es bleibt bei 30 Thoraxkompressionen mit einer Frequenz von 100-120/Min. und 2 Beatmungen für alle Erwachsenen in der Ein- und Zweihelfermethode, sowohl für Laien- als auch für professionelle Helfer. Für Kinder gilt 30:2 in der Ein-Helfermethode und 15:2 in der Zwei-Helfermethode, für Neugeborene generell 3:1.
Bei ventrikulären Tachykardien (VT) oder Kammerflimmern sollte zunächst dreimal ein Elektroschock abgegeben werden, bevor die medikamentöse Therapie eingeleitet wird. Dabei ist nach jedem Einzelschock die Basisreanimation für 2 Min. fortzusetzen. Nach drei erfolglosen Schocks wird erstmalig 1 mg Adrenalin injiziert, gefolgt von 300 mg Amiodaron und weiteren 150 mg nach einem 5. erfolglosen Schock. Die Adrenalin-Injektion wird bei persistierendem Kreislaufstillstand alle 3-5 Min. wiederholt. Bei nicht mit Elektroschock behandelbaren Rhythmen wie Asystolie oder pulsloser elektrischer Aktivität soll 1 mg Adrenalin sofort, d.h. zu Beginn der Reanimation i.v. gegeben werden (4). Die Adrenalin-Injektion wird analog alle 3-5 Min. wiederholt. Kann nicht schnell genug ein venöser Zugang gelegt werden, ist der intraossäre Zugang, auch bei Erwachsenen, die Methode der Wahl. Wenn Amiodaron nicht verfügbar ist, kann alternativ nach drei erfolglosen Schocks auch Lidocain 100 mg i.v. gegeben werden, gefolgt von 50 mg-Gaben, wenn der Rhythmus nicht stabil ist, bis zu einer maximalen Gesamtdosis von 3 mg/kg Körpergewicht. Magnesium wird nicht routinemäßig, sondern ausschließlich für Torsade-de-pointes-Tachykardien empfohlen in einer Dosis von 2 g über 10 Min. i.v. Auch die Injektion von Natriumbikarbonat wird nicht routinemäßig empfohlen, außer für Reanimationsversuche bei Hyperkaliämie und Intoxikation mit trizyklischen Antidepressiva. Wie schon seit der Novellierung der Leitlinie 2010 hat die Injektion von Atropin nur noch Bedeutung bei symptomatischer Bradykardie, nicht bei Asystolie. Fällt die Entscheidung für eine Rescue-Fibrinolyse, wird empfohlen, die Reanimation für weitere 60-90 Min. fortzuführen.
Ganz im Fokus der Neuerungen 2015 stehen Bemühungen zur Verbesserung der Reanimation durch Laien (Laienreanimation) mit Hilfe einer telefonischen Anleitung zur CPR durch den Disponenten der Feuerwehr-Leitstelle. Basismaßnahmen bei Laienreanimation sollen jetzt auch in Schulen unterrichtet werden. Eine zweistündige Unterweisung ab dem Alter von 12 Jahren ist in jährlichem Abstand vorgesehen.
In der Postreanimationstherapie wird starkes Gewicht auf eine schnelle Herzkatheteruntersuchung gelegt, und zwar zwingend bei Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI) und Kammerflimmern bei der ersten Rhythmusanalyse, fakultativ für Patienten mit Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI). Das kontrollierte zielgerichtete Temperatur-Management (Targeted Temperature Management = TTM; vgl. 5) wird weiterhin empfohlen für nach Reanimation anhaltend komatöse Patienten mit einer Zieltemperatur von 32-34°C über 24 Std. Unter langsamer Wiedererwärmung von 0,25°C/Std. soll die Temperatur während insgesamt 72 Std 36°C nicht übersteigen; keinesfalls sollte beim TTM Fieber hingenommen werden. Alternativ kann auch eine konstante Temperatur von 36°C über 72 Std. aufrechterhalten werden ohne Absenkung auf 32-34°C. Die großzügige Gabe von Sauerstoff bei der Wiederbelebung hat sich als nachteilig erwiesen; angestrebt wird eine Sauerstoffsättigung von 94-98% (Pulsoxymetrie).
Erstmalig wird der Neugeborenen-Reanimation sowie ethischen Gesichtspunkten bei der CPR ein eigenes Kapitel gewidmet. Entscheidend für die Länge einer fortgesetzten Reanimation ist, ob zwischenzeitlich, wenn auch nur kurz, ein Spontankreislauf eingetreten ist oder nicht, und ob der Eintritt der Bewusstlosigkeit beobachtet wurde oder nicht. Von Bedeutung ist auch, ob der initiale Rhythmus Kammerflimmern, Asystolie oder eine pulslose elektrische Aktivität war. Patienten mit primärer Asystolie haben die schlechteste Prognose. Die Anamnese, soweit bekannt, bzw. gravierende Vorerkrankungen sowie der vermeintliche oder geäußerte persönliche Wille des Patienten sind als Abbruchkriterien abzuwägen.
Fazit: In den neuen Leitlinien zur kardiopulmonalen Reanimation hat sich hinsichtlich der Basismaßnahmen nichts Grundlegendes geändert. Die Qualität der Laienreanimation soll verbessert werden mit Hilfe einer telefonischen Anleitung des Ersthelfers durch den Feuerwehr-Disponenten und durch die regelmäßige Schulung von Kindern ab dem Alter von 12 Jahren. Wird akut eine Fibrinolyse durchgeführt, soll die Reanimation weitere 60-90 Min. fortgesetzt werden. Ein zielgerichtetes Temperaturmanagement bleibt wichtig: Nach erfolgreicher Wiederbelebung besteht bei anhaltend komatösen Patienten auch die Option, die Körpertemperatur für 72 Std. bei 36°C zu halten, statt wie bisher 32-34°C für 24 Std. anzustreben.
Literatur
- www.grc-org.de/leitlinien2015 Link zur Quelle
- www.grc-org.de/leitlinien2010 Link zur Quelle
- AMB 2015, 49,09. Link zur Quelle
- AMB 2014, 48,86. Link zur Quelle
- AMB 2015, 49,94. Link zur Quelle