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Cardioverter-Defibrillator zur Primärprophlaxe bei nicht-ischämischer Herzinsuffizienz

Seit etwa zehn Jahren empfehlen internationale Leitlinien implantierbare Cardioverter-Defibrillatoren (ICD) zur Primär- und Sekundärprophylaxe sowohl bei ischämischer als auch bei nicht-ischämischer Herzinsuffizienz. Während der letalitätssenkende Effekt bei ischämischer Kardiomyopathie (ICMP) in mehreren Studien klar bestätigt werden konnte, ist die Evidenz für den primärprophylaktischen Nutzen der ICD-Implantation bei nicht-ischämischer Kardiomyopathie (NICMP) wesentlich geringer und beruht vorwiegend auf Subgruppenanalysen älterer Studien und Metaanalysen kleinerer Studien aus den letzten 15 Jahren. Inzwischen hat sich die medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz jedoch weiter verbessert. In der DANISH-Studie wurde nun erstmals randomisiert und kontrolliert die Wirksamkeit der primärprophylaktischen ICD-Implantation bei NICMP mit einer zeitgemäßen Standardtherapie verglichen (1). DANISH war zwar partiell industriegesponsert, Planung des Studiendesigns, Durchführung, Datenanalyse und Verfassen des Manuskripts erfolgten aber ohne Beteiligung der Industrie.

Methodik und Charakteristika der Patienten: Es wurden in fünf dänischen Implantationszentren insgesamt 1.116 Patienten mit symptomatischer systolischer Herzinsuffizienz (Ejektionsfraktion = EF: ≤ 35%; NYHA II-IV) eingeschlossen, die nicht durch eine Koronare Herzkrankheit (KHK) verursacht war (KHK-Ausschluss durch Koronarangiographie, Angio-CT oder Perfusionsszintigraphie). Die Patienten wurden 1:1 entweder nur für eine Standardtherapie allein (n = 560; Kontroll-Gruppe) oder für eine zusätzliche ICD-Implantation randomisiert (n = 556). In beiden Gruppen erhielten 58% der Patienten außerdem nach den üblichen Kriterien (meist wegen eines Linksschenkelblocks) eine kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) mittels eines Schrittmachers mit biventrikulärer Stimulation. Die CRT-Indikation musste vor der Randomisierung gestellt worden sein. Fast alle Patienten erhielten ACE-Hemmer und Betablocker in Zieldosierung, knapp 60% einen Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten. Primärer Endpunkt war die Gesamtletalität. Die wichtigsten sekundären Endpunkte waren Plötzlicher Herztod und kardiovaskulärer Tod. In der ICD-Gruppe erhielten 14 Patienten keinen ICD (ein Patient starb vorher, bei zwei Patienten war die Implantation nicht erfolgreich, elf Patienten zogen die Einwilligung zurück). In der Kontroll-Gruppe erhielten 27 Patienten doch einen ICD (24 wegen Ereignissen durch Rhythmusstörungen, drei auf Wunsch der behandelnden Ärzte). Bei 5% der ICD-Träger wurde das Gerät entfernt oder deaktiviert (wegen Infektion bzw. auf Wunsch).

Ergebnisse: Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 67,6 Monaten war der primäre Endpunkt (Gesamtletalität) in der ICD-Gruppe bei 21,6%, in der Kontroll-Gruppe bei 23,4% der Patienten eingetreten (Hazard Ratio = HR: 0,87; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,68-1,12; p = 0,28). Zu einem kardiovaskulären Tod kam es bei 13,8% vs. 17,0% der Patienten (HR: 0,77; CI: 0,57-1,05; p = 0,10). Die Ergebnisse unterscheiden sich nicht signifikant. Der Plötzliche Herztod war unter ICD-Therapie signifikant seltener: bei 4,3% vs. 8,2% der Patienten (HR: 0,50; CI: 0,31-0,82; p = 0,005). Bei 11,5% der ICD-Träger kam es zu adäquaten Schockabgaben wegen Kammerflimmerns oder -flatterns. Auch bei den Subgruppen waren die Ergebnisse weitgehend gleich – eine Ausnahme ergab sich jedoch beim Vergleich der Altersgruppen: Innerhalb der Subgruppe ≤ 59 Jahre zeigte sich ein signifikanter Vorteil der ICD-Implantation bei der Gesamtletalität. Eine ICD-Infektion trat bei 4,9% vs. 3,6% der Patienten auf (HR: 1,38; CI: 0,73-2,63; p = 0,29), und bei 5,9% der ICD-Träger kam es zu inadäquaten Schockabgaben.

Diskussion: Auffällig ist in der DANISH-Studie die geringe Ereignisrate von Arrhythmien im Vergleich zu älteren ICD-Studien. Möglicherweise ist dieser Befund Ausdruck eines generell niedrigeren Risikos bei NICMP verglichen mit ICMP, aber wohl auch Folge der in DANISH sehr guten medikamentösen und nicht-medikamentösen Standardtherapie. Entsprechend beträgt bei den Ursachen der Gesamtletalität der Anteil nicht-kardiovaskulärer Todesfälle etwa ein Drittel; er ist so hoch wie in keiner anderen Studie zur Herzinsuffizienz. Dies wird als Hauptgrund dafür angesehen, dass sich in DANISH beim primären Endpunkt Gesamtletalität kein Vorteil durch eine primärprophylaktische ICD-Implantation bei NICMP zeigte. In einem begleitenden Editorial wird darauf hingewiesen, dass bei Patienten außerhalb klinischer Studien tendenziell mehr Komorbiditäten vorliegen und somit ein noch höheres „konkurrierendes“ nicht-kardiovaskuläres Risiko besteht. Deshalb könnte der potenzielle Nutzen durch einen ICD – besonders bei optimierter Standardtherapie der Herzinsuffizienz – sogar noch geringer sein (2). Demgegenüber fand sich in DANISH der sekundäre Endpunkt Plötzlicher Herztod nahezu halbiert. Und die Subgruppe der Patienten < 60 Jahre schien auch hinsichtlich der Gesamtletalität von einer ICD-Implantation zu profitieren. Sekundäre Endpunkte und Analysen von Subgruppen sind zwar stets mit Vorbehalt zu interpretieren, sie deuten aber doch auf die zentrale Bedeutung der Patientenselektion hin: Profitieren könnten insbesondere "jüngere" Patienten, die einerseits ein hohes Arrhythmierisiko und andererseits ein geringes Risiko haben, an einer anderen Ursache zu sterben. Bei der Indikation für einen ICD sind auch die nicht unbeträchtlichen Implantatrisiken zu bedenken, wie Infektionen und unangemessene ICD-Schocks. Sie zeigten sich hier erneut – wie in einer früheren dänischen Studie, über die wir berichtet haben (3, 4).

Die generellen Empfehlungen der aktuellen Leitlinien für eine primärprophylaktische ICD-Implantation bei NICMP lassen sich bei Berücksichtigung der DANISH-Ergebnisse unseres Erachtens nicht aufrechterhalten. Sie werden in der täglichen Praxis in vielen Zentren ohnehin nicht so umgesetzt, denn klinische Erfahrung und manchmal wohl auch finanzielle Restriktionen sprechen dagegen. Der Ansicht einer „ICD-Unterversorgung“ bei NICMP-Patienten wird mit dieser Studie der Wind aus den Segeln genommen. Künftige Studien sollten – soweit ethisch möglich – weiter klären, welche Patienten unter optimaler „Standardtherapie“ zusätzlich von einer primärprophylaktischen ICD-Implantation bei NICMP profitieren.

Fazit: Erstmals wurde in einer Studie randomisiert und kontrolliert die Wirksamkeit der primärprophylaktischen ICD-Implantation bei nicht-ischämischer Herzinsuffizienz mit einer Standardtherapie allein verglichen. Es fand sich kein Vorteil beim primären Endpunkt Gesamtletalität. Das Ergebnis widerspricht aktuellen Leitlinien, die in dieser klinischen Situation generell eine ICD-Implantation empfehlen. Die Ergebnisse beim sekundären Endpunkt Plötzlicher Herztod und in einer Subgruppe (Alter < 60 Jahre) deuten aber darauf hin, dass spezielle Patienten (z.B. "jüngere" mit wenig Komorbiditäten und hohem Arrhythmierisiko) doch profitieren und bestätigen die an vielen Zentren ohnehin bereits geübte Praxis. Künftige Studien sollten bei dieser Patientengruppe das Ziel haben, klinische Kriterien für die ICD-Indikation zu präzisieren.

Literatur

  1. Køber, L., et al. (DANISH= Danish study to Assess the efficacy of ICDs in patients with Non-ischemicSystolic Heart failure on mortality): N. Engl. J. Med. 2016. Link zur Quelle
  2. McMurray, J.J.: N. Engl.J. Med. 2016. Link zur Quelle
  3. Kirkfeldt, R.E., et al.: Eur. Heart J. 2014, 35,1186. Link zur Quelle
  4. AMB 2014, 48, 63. Link zur Quelle