Weltweit leben ca. 300 Mio. Menschen mit Asthma bronchiale. Morbidität und Letalität werden durch wiederkehrende Anfälle, Exazerbationen, bestimmt (1). Häufig sind virale Infektionen des Respirationstrakts die Ursache von Asthmaanfällen bei Kindern und Erwachsenen (2-4). Auch Infektionen mit atypischen Bakterien, wie Mykoplasma pneumoniae und Chlamydia pneumoniae, werden als Auslöser für Verschlechterungen diskutiert (5). Menschen mit Asthma haben eine höhere Anfälligkeit für Infektionen durch Streptokokken und eine gestörte Interferon- und Typ-1-Helfer-Immunantwort gegenüber bakteriellen Polysacchariden (6). Makrolid-Antibiotika könnten daher bei Asthma-Exazerbationen durch ihre anti-infektive und anti-entzündliche Wirkung helfen (7, 8). Eine Studie (TELICAST) zur Wirksamkeit des Antibiotikums Telithromycin (800 mg/d für 10 Tage) hatte bei Patienten mit akuter Asthma-Exazerbation einen Vorteil bei der Besserung der Symptome ergeben (9). Allerdings ist Telithromycin sehr lebertoxisch, ein Grund, weshalb es nicht weiter eingesetzt wird. In einer aktuellen Studie (AZALEA) wurde die Wirksamkeit von Azithromyzin bei Asthma-Exazerbation im Vergleich zu Plazebo zusätzlich zur Standardbehandlung untersucht (10).
In der multizentrisch, doppelblind und plazebokontrolliert durchgeführten Studie wurden in England Patienten eingeschlossen, die sich von September 2011 bis April 2014 wegen einer Exazerbation ihres Asthmas in einer Notaufnahme vorstellten. Innerhalb von 48 Stunden nach der Vorstellung wurden sie in die Studie aufgenommen. Das Asthma musste seit mindestens einem halben Jahr bekannt und die Exazerbation so schwer sein, dass ein Glukokortikosteroid oral oder i.v. indiziert war. Die Intervention bestand in der Einnahme von 500 mg/d Azithromycin für drei Tage oder entsprechend Plazebo. Azithromycin hat eine lange Halbwertszeit, so dass eine antibiotische Wirksamkeit im Lungengewebe noch bis zu 10 Tage nach dem Absetzen vorhanden sein kann (11). Als primärer Endpunkt der Studie wurde die Reduktion von Asthmasymptomen (darunter Giemen, Kurzatmigkeit und Husten) untersucht, die in einem speziellen Tagebuch-Symptom-Score mit maximal 6 Punkten 10 Tage nach der Randomisierung (0 Punkte = keine Symptome, 6 Punkte = sehr starke Symptome) erfasst wurden. Als Therapieerfolg wurde eine Senkung des Scores um 0,3 Punkte definiert. Sekundäre Endpunkte waren Lebensqualität, gemessen an Hand von Fragebögen, Veränderungen der Lungenfunktion (beides innerhalb von 10 Tagen nach Randomisierung) und die Zeit bis zu einer 50%-Reduktion im Symptom-Score.
Ergebnisse: Von 4.582 Patienten aus 31 Zentren konnten nur 199 statt der geplanten 380 Patienten innerhalb von 48 Stunden nach der Vorstellung in der Notaufnahme randomisiert werden (Azithromycin: n = 97; mittleres Alter: 39,1 Jahre; 64 Frauen; Plazebo: n = 102; mittleres Alter: 36,2 Jahre; 75 Frauen). Hauptgrund für die nicht erreichte Zahl an Patienten war, dass sehr viele der an Asthma erkrankten (n = 2.044, 44,6%) bereits ein Antibiotikum erhalten hatten. Die mediane Dauer von der Präsentation in der Notaufnahme bis zur Einnahme der Studienmedikation betrug 22 h. Die Schweregrade der Exazerbationen waren in den Gruppen und Zentren etwa gleich. Der mittlere Symptom-Score auf der Skala mit maximal 6 Punkten war in der Azithromycin-Gruppe zu Beginn 4,14 ± 1,38 und am Tag 10 2,09 ± 1,71; in der Plazebo-Gruppe entsprechend: 4,18 ± 1,48 und 2,20 ± 1,51. Mit verschiedenen Modellrechnungen für mehrere Symptome wurde kein Unterschied zwischen den Gruppen gefunden, weder am Tag 10, noch an irgendeinem anderen Tag zuvor. Auch bei den sekundären Endpunkten, wie Lebensqualität, Lungenfunktion bis Tag 10 oder Zeit bis zur Reduktion der Symptome um die Hälfte, ergaben sich keine Unterschiede. Ca. die Hälfte der Patienten gab Sputum-Proben für die Erregeranalyse ab. Bei 21 (10,6%) gab es Hinweise auf Bakterien. Diese Patienten waren in beiden Gruppen nicht unterschiedlich häufig. Subgruppen-Analysen ergaben ebenfalls keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Nebenwirkungen waren insgesamt selten. In der Azithromycin-Gruppe gab es mehr gastrointestinale Nebenwirkungen.
Ein wichtiger Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse der AZALEA- und der früheren TELICAST-Studie liegt wahrscheinlich darin, dass in der AZALEA-Studie alle Patienten systemisch ein Glukokortikosteroid erhielten, dagegen nur 34% in der TELICAST-Studie. Ein Glukokortikosteroid systemisch gilt heute als wichtigster Bestandteil der Therapie beim akuten Asthmaanfall (und bei Exazerbation einer COPD).
Im die Studie begleitenden Editorial (12) wird kritisiert, dass bei der Exazerbation des Asthmas viel zu oft Antibiotika eingesetzt werden, obwohl die Cochrane-Analysen keinen Hinweis für einen Nutzen gezeigt haben und die Therapierichtlinien sich explizit gegen den routinemäßigen Einsatz von Antibiotika in dieser Indikation aussprechen. Es wird eine Studie aus den USA erwähnt, nach der 22% der Patienten, die sich mit einem akuten Asthma-Anfall vorgestellt hatten, Antibiotika erhielten (13).
Fazit: Die hier besprochene Studie ergab bei der Behandlung des akuten Asthma-Anfalls keinen Vorteil einer antibiotischen Behandlung mit Azithromycin hinsichtlich klinischer Symptome und Verbesserung der Lungenfunktion im Vergleich mit Plazebo. Wahrscheinlich gilt dies auch für andere Antibiotika bei Asthma-Exazerbationen. Für die Aufnahme in diese Studie kam nur jeder 10. Patient in Frage, da viele andere bereits vor der geplanten Randomisierung antibiotisch behandelt worden waren. Dies deutet auf einen übermäßigen (und nutzlosen) Gebrauch von Antibiotika bei Exazerbationen des Asthmas hin.
Literatur
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