Levosimendan (Simdax®, seit 2013 in Deutschland zugelassen) ist ein intravenös anzuwendender, positiv inotroper Wirkstoff. Er wird der Gruppe der „Kalzium-Sensitizer“ zugeordnet und ist zur stationären Kurzzeitbehandlung bei akut dekompensierter schwerer chronischer Herzinsuffizienz zugelassen, „wenn eine konventionelle Therapie nicht ausreichend ist“ und „die Verabreichung von Inotropika als geeignet betrachtet wird“ (1). Levosimendan teilt das Schicksal vieler positiv inotroper Substanzen: Trotz Verbesserungen bei einigen Symptomen und kardialen Messwerten (z.B. Herzindex), gibt es keinen überzeugenden Beleg für einen kurz- oder langfristigen Überlebensvorteil (2, 3). Daher wurde dieser teure Wirkstoff bisher nicht von der FDA zugelassen.
In einer Studie mit dem Akronym „LEVO-CTS“ (4) wurde nun untersucht, ob Levosimendan – prophylaktisch perioperativ verabreicht – im Vergleich zu Plazebo bei Patienten mit schlechter linksventrikulärer Funktion (linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤ 35%) und geplantem kardiochirurgischem Eingriff zu einem besseren postoperativen Ergebnis führt. Die Phase-III-Studie war multizentrisch, randomisiert und doppelblind und wurde von Tenax Therapeutics gesponsert, ein Unternehmen, das sich seit Jahren um die Zulassung in den USA bemüht.
Es gab zwei primäre Endpunkte (PEP). Der erste war eine Kombination aus Letalität, notwendiger Nierenersatztherapie (jeweils innerhalb von 30 Tagen), perioperativem Myokardinfarkt und erforderlicher mechanischer Kreislaufunterstützung (intraaortale Ballonpumpe = IABP oder Left Ventricular assist Device = LVAD) am 5. postoperativen Tag. Der zweite PEP war eine Kombination aus Letalität innerhalb von 30 Tagen und erforderlicher mechanischer Kreislaufunterstützung am 5. postoperativen Tag. Warum die beiden PEP so aufgeteilt wurden, wird nicht erklärt. Die sekundären Endpunkte waren u.a. das Auftreten eines „Low Cardiac Output Syndroms“ (Definition nach hämodynamischen Kriterien: Herzindex ≤ 2,0 l/min/m2 Körperoberfläche) über mindestens 30 Min. trotz optimierter Volumensituation und maximaler inotroper Unterstützung. Ob dieser Endpunkt erreicht wurde, blieb der Einschätzung der behandelnden Ärzte überlassen.
Insgesamt wurden 882 Patienten in 70 verschiedenen Zentren in den USA und Kanada randomisiert. 849 erhielten schließlich Levosimendan oder Plazebo und wurden in die sog. „Modified-intention-to-treat“-Analyse eingeschlossen. Die Dosis von Levosimendan (n = 428) betrug 0,2 µg/kg KG/min für eine Stunde vor der Operation, gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 0,1 µg/kg KG/min für 23 Stunden (Gesamtdosis bei einem 80 kg schweren Patienten: ca. 12 mg).
Das Durchschnittsalter der Patienten war 65 Jahre, 20% waren Frauen. Bei rund 66% erfolgte eine alleinige Bypass-Operation, bei den übrigen wurde eine Klappenoperation bzw. ein kombinierter Eingriff durchgeführt. Die durchschnittliche präoperative Ejektionsfraktion lag in beiden Gruppen um 26%, auch die übrigen Risiken waren etwa gleich verteilt.
Ergebnisse: Der „Vier-Komponenten“-PEP trat in beiden Gruppen gleich häufig auf: bei 105 Patienten (24,5%) in der Levosimendan- und bei 103 (24,5%) in der Plazebo-Gruppe (Odds ratio = OR: 1,0; 99%-Konfidenzintervall = CI: 0,66-1,54; p = 0,98). Der „Zwei-Komponenten“-PEP wurde bei 13,1% in der Levosimendan- und bei 11,4% in der Plazebogruppe registriert (OR: 1,18; CI: 0,76-1,82; p = 0,48).
In der Levosimendan-Gruppe starben 15 Patienten (3,5%) und in der Plazebogruppe 19 (4,5%) innerhalb von 30 Tagen (nicht signifikant). Einen Myokardinfarkt erlitten 67 (15,7%) bzw. 63 (15,0%) Patienten. Der einzige statistisch signifikante Unterschied ergab sich bei dem rein hämodynamisch definierten Endpunkt „Low Cardiac Output Syndrom“. Diese Diagnose wurde bei 78 Patienten (18,2%) in der Levosimendan- und bei 108 (25,7%) in der Plazebogruppe gestellt (OR: 0,62; CI: 0,44-0,88; p = 0,007). Bei diesem Endpunkt ist die Verblindung der behandelnden Ärzte jedoch kaum zu gewährleisten, denn Levosimendan senkt rasch den Blutdruck. Zudem ergab sich durch den Unterschied in diesem Endpunkt klinisch kein Vorteil: Es gab weder Unterschiede bei der Dauer der Intensivbehandlung noch traten Nierenversagen, Arrhythmien oder Rehospitalisationen signifikant häufiger im Plazebo-Arm auf. Hinsichtlich schwerer Nebenwirkungen fanden sich keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen.
In eine zweite multizentrische Studie, die ebenfalls im N. Engl. J. Med. veröffentlicht wurde und das Akronym CHEETAH trägt (5), sollten 1.000 kardiochirurgische Patienten, die perioperativ eine „kardiovaskuläre Dysfunktion“ entwickelten und daher eine hämodynamische Unterstützung benötigten (also reaktiv, nicht prophylaktisch), über 48 h entweder mit Levosimendan-Dauerinfusionen oder Plazebo behandelt werden. Der primäre Endpunkt war die 30-Tage-Letalität. Man erwartete auf der Basis einer Metaanalyse eine Reduktion der Letalität durch Levosimedan von 10 auf 5%. Die Studie wurde nach einer Zwischenauswertung von 506 Patienten wegen fehlender positiver Effekte vorzeitig abgebrochen. Die Letalität betrug mit Levosimedan 12,9% und mit Plazebo 12,8%. Es fanden sich auch keine Unterschiede bei wichtigen sekundären Endpunkten, wie beispielsweise der Dauer der Beatmung sowie des Aufenthalts in Krankenhaus bzw. auf der Intensivstation.
Fazit: Die prophylaktische Infusion von Levosimendan ergab bei Patienten mit bevorstehendem herzchirurgischem Eingriff und schlechter linksventrikulärer Funktion klinisch keinen Vorteil. Das Gleiche traf zu bei Patienten, die nach kardiochirurgischen Eingriffen eine „kardiale Dysfunktion“ entwickelten.
Literatur
- https://www.fachinfo.de/pdf/015021 Link zur Quelle
- AMB 2006, 40, 49. Link zur Quelle
- Colucci, W.S.: Up to dateTopic 3488Version 13.0, last updated: Nov 25, 2016.
- Mehta,R.H., et al. (LEVO-CTS= Levosimendan in patients with left ventricular systolic dysfunctionundergoing cardiac surgery requiring cardiopulmonary bypass): N. Engl.J. Med. 2017. Link zur Quelle
- Landoni, G., etal. (CHEETAH = Levosimendanto reduce mortality in high risk cardiac surgery patients: A multicenterrandomized controlled trial): N.Engl. J. Med. 2017. Link zur Quelle