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Neutralisierende monoklonale Antikörper gegen Toxin A und B von Clostridium difficile zur Verhinderung von Rezidiven

In Industrieländern sind Infektionen mit Clostridium-difficile (C. diff.) eine häufige Ursache von im Krankenhaus erworbener Diarrhö (CDAD), die besonders nach antibiotischen Behandlungen auftritt. Die Morbidität und Letalität ist vor allem bei älteren Patienten hoch (1). Bis zu 30% der Patienten erleiden nach zunächst erfolgreicher Therapie (Vancomycin oder Metronidazol) ein Rezidiv, besonders wenn sich eine erneute antibiotische Therapie nicht vermeiden lässt (2). Deshalb gab und gibt es verschiedene Ansätze, diese Infektion, bei der die Toxine von C. diff. eine wichtige pathogenetische Rolle spielen, besser zu beherrschen. Das teure Antibiotikum Fidaxomycin reduziert unter Studienbedingungen im Vergleich zu einer suboptimalen C. diff.-Therapie Rezidive nur marginal (3). Die Stuhltransplantation, eine experimentelle Therapieform, hat in Fallserien positive Erfolge gezeigt, ist aber bisher in der Praxis kaum umgesetzt (vgl. 4). Es ist lange bekannt, dass Patienten mit Antikörpern gegen die C. diff.-Zytotoxine A und B weniger Probleme mit C. diff.-assoziierten Erkrankungen haben. Deshalb gab es auch Versuche, die CDAD, besonders bei Rezidiven, mit einem Toxinbinder (Tolevamer; vgl. 2) und mit Antikörpern gegen C. diff.-Toxine zusätzlich zur Standardtherapie (vgl. 5) zu behandeln. Die Erfolge waren jedoch begrenzt. Jetzt wurden in einer Studie zwei neutralisierende humane monoklonale Antikörper gegen Toxin A (Actoxumab) bzw. B (Bezlotoxumab) gegen Plazebo getestet (6).

In diese Phase-III-Studien (MODIFY I und II) wurden ursprünglich 2.655 Patienten mit CDAD eingeschlossen (Erst- oder Rezidivinfektionen), die alle eine Standardtherapie erhalten hatten (Metronidazol: 47,3%, Vancomycin: 47,3%, Fidaxomycin: 3,2%). Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer war ≥ 65 Jahre alt. Sie wurden in vier Gruppen randomisiert:

  • Gruppe 1: Actoxumab plus Bezlotoxumab (jeweils 10 mg/kg; n = 773);
  • Gruppe 2: Bezlotoxumab (10 mg/kg; n = 781);
  • Gruppe 3: Actoxumab (10 mg/kg; n = 232);
  • Gruppe 4: Plazebo (n = 773).

Die Antikörper wurden einmalig nach Beendigung der Standardtherapie infundiert. Die Behandlung in Gruppe 3 wurde nach einer geplanten Zwischenanalyse wegen Wirkungslosigkeit abgebrochen. Die Studien wurden vom pharmazeutischen Unternehmer Merck unterstützt.

Der primäre Endpunkt war ein Rezidiv der C. diff.-Infektion innerhalb von 12 Wochen nach dem Sistieren der klinischen Symptome unter der primären 10-14tägigen Standardtherapie.

Ergebnisse: Bezlotoxumab war als Monotherapie in beiden Studien (MODIFY I und II) Plazebo überlegen. In MODIFY I erlitten 67 von 386 (17%) versus 109 von 395 (28%) Patienten ein Rezidiv (angepasste Differenz: 10,1%; 95%-Konfidenzintervall = CI: -15,9 bis -4,3; p < 0,001). In MODIFY II waren die Ergebnisse für Bezlotoxumab: 62 von 395 (16%) bzw. 97 von 378 (26%) Patienten (Differenz: 9,9%; CI: -15,5 bis -4,3; p < 0,001). Auch die Kombinationstherapie (Gruppe 1) war besser als Plazebo. MODIFY I: 61 von 383 (16%) versus 109 von 395 (28%) Patienten (Differenz: 11,6%; (CI: -17,4 bis -5,9; p < 0,001). MODIFY II: 58 von 390 (15%) versus 97 von 378 (26%) Patienten (Differenz: 10,7%; CI: -16,4 bis -5,1; p < 0,001). Die Kombinationstherapie ergab also keinen Vorteil gegenüber Bezlotoxumab als Monotherapie. In einigen vorher definierten Subgruppen, z.B. Risikogruppen für Rezidive, war die Behandlung mit Bezlotoxumab ebenfalls wirksamer als Plazebo. Nebenwirkungen waren, wie in dieser Publikation mitgeteilt wird, gering (u.a. Übelkeit, Müdigkeit und Kopfschmerzen) und in den Gruppen nicht unterschiedlich. Jedoch ist zu erwähnen, dass es bei Patienten mit Standard-Antibiotikatherapie unter Bezlotoxumab im Vergleich zu Plazebo häufiger zu einer Herzinsuffizienz (2,3% versus 1,0%) kam, vor allem verschlechterte sich eine bereits bestehende Insuffizienz. Von diesen 118 Patienten starben während der zwölfwöchigen Studiendauer 23 (19,5%) unter Bezlotoxumab gegenüber 13 von 104 Patienten (12,5%) unter Plazebo. Als Todesursache werden Herzversagen, Infektionen und Ateminsuffizienz genannt. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz sollte Bezlotoxumab daher nur nach einer strengen Nutzen-Risiko-Abwägung eingesetzt werden.

Bezlotoxumab ist als eine Art passive Immunisierung zu sehen und möglicherweise vorteilhafter als Antibiotika im Bemühen, die Rezidivrate bei C. diff.-assoziierten Erkrankungen zu senken. Eine Kosten-Nutzen-Analyse sowie – angesichts möglicher und noch nicht genau bekannter Nebenwirkungen – noch zu definierende Risikogruppen sind nötig, um einen Einsatz dieses Wirkungsprinzips in der Praxis zu rechtfertigen. In einem die Publikation begleitenden Editorial wird die neue Zusatzbehandlung bzw. Rezidivprophylaxe ähnlich eingeschätzt (7). Die Kosten für Bezlotoxumab werden laut Hersteller ca. 3.570,00 € (inkl. MwSt.) für eine Durchstechflasche mit 1.000 mg Wirkstoff betragen. Das reicht zur Behandlung eines Patienten bis 100 kg KG!

Fazit: Der Antikörper Bezlotoxumab ist (in Kombination mit der Standardtherapie) ein möglicher therapeutischer bzw. prophylaktischer Ansatz, die Rezidivrate bei C. difficile-assoziierten Erkrankungen zu senken. Bezlotoxumab (Zinplava®) ist bereits von der FDA in den USA zugelassen und die Europäische Kommission hat am 20.1.2017 die Zulassung zur Prävention des Wiederauftretens einer C. difficile-Infektion erteilt.

Literatur

  1. AMB 2014, 48,47b. Link zur Quelle
  2. AMB 2007, 41,63a. Link zur Quelle
  3. AMB 2013, 47,70 Link zur Quelle . AMB 2011, 45, 30a. Link zur Quelle
  4. AMB 2013, 47,14 Link zur Quelle . AMB 2016, 50, 23. Link zur Quelle
  5. AMB 2010, 44,12a. Link zur Quelle
  6. Wilcox, M.H., et al. (MODIFY I und II): N. Engl. J.Med. 2017, 376, 305. Link zur Quelle
  7. Bartlett, J.G.: N. Engl. J. Med. 2017, 376, 381. Link zur Quelle