Eine akute Linksherz-Endokarditis ist eine schwerwiegende Erkrankung. Die Letalität im Krankenhaus beträgt je nach Pathogen und Komplikationen zwischen 15 und 45%, und ca. die Hälfte der Patienten braucht einen chirurgischen Klappenersatz (1-3). Patienten mit Linksherz-Endokarditis werden zurzeit je nach nationalen Richtlinien bis zu 6 Wochen intravenös antibiotisch behandelt (4, 5). Die meisten der schwerwiegenden Komplikationen einschließlich Tod treten in der Anfangsphase auf (6-8), in der daher ein enges Monitoring der Patienten notwendig ist. Ein langer Aufenthalt dieser Patienten im Krankenhaus ergibt sich dann wegen der intravenösen Gabe der Antibiotika. Eine perorale antibiotische Weiterbehandlung im ambulanten Bereich könnte sowohl die Komplikationen, die mit dem stationären Aufenthalt verbunden sind – einschließlich nosokomialer Infektionen, auch beispielsweise durch die venösen Zugänge – wie auch die Kosten reduzieren. In einer gerade publizierten dänischen Studie (POET; 9) wurde der Frage nachgegangen, ob bei klinisch stabilen Patienten mit akuter Linksherz-Endokarditis die intravenöse Antibiotikatherapie auf eine orale Einnahme umgestellt werden kann, ohne dass für die Patienten hierdurch klinische Nachteile entstehen.
Methodik: Diese wichtige, durch öffentliche Mittel finanzierte Studie wurde in Dänemark multizentrisch durchgeführt und hauptsächlich durch die „Danish Heart Foundation“ finanziert. Es ist eine unverblindete, randomisierte, kontrollierte Nicht-Unterlegenheitsstudie, in die nach Screening von 1.954 Erwachsenen (≥ 18 Jahre) schließlich 400 einbezogen wurden. Alle hatten eine klinisch stabile (Entfieberung, fallendes CRP, stabile Verhältnisse an der betroffenen Klappe) Linksherz-Endokarditis (natürliche oder prothetische Klappe) zum Zeitpunkt des Einschlusses, und sie erfüllten die modifizierten Duke-Kriterien (z.B. Hauptkriterien: positive Blutkultur mit Streptokokken, Staphylokokken oder Enterokokken, neu aufgetretenes Herzgeräusch oder nachgewiesene Vegetation auf der Herzklappe; modifizierte Kriterien: positive Q-Fieber-Serologie, Antikörper gegen das Phase-I-Antigen bei Diagnosestellung; 10). Die Blutkulturen waren für einen der folgenden Erreger positiv: Streptokokken, Enterococcus faecalis, Staphylococcus aureus oder Koagulase-negative Staphylokokken. In der Kontrollgruppe mit 199 Patienten wurde die intravenöse antibiotische Therapie fortgesetzt, in der Interventionsgruppe mit 201 Patienten auf eine perorale Antibiose umgestellt. Die anfängliche intravenöse antibiotische Therapie erfolgte bei allen Patienten über mindestens 10 Tage. Bei Patienten, bei denen ein chirurgischer Klappenersatz durchgeführt wurde, erfolgte die Umstellung frühestens 7 Tage nach Klappenersatz. Die peroral behandelten Patienten wurden, wenn möglich, in die ambulante Weiterbetreuung entlassen (n = 160; 80%).
Die intravenöse antibiotische Therapie orientierte sich an den Empfehlungen der European Society of Cardiology. Die Dosierung der peroralen antibiotischen Therapie richtete sich nach pharmakokinetischen Berechnungen zur Erreichung der minimalen Hemmkonzentration der nachgewiesenen Erreger auf der Grundlage publizierter Daten des „European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing“ (11). Bei allen Patienten wurde eine Resistenztestung der Erreger durchgeführt und die Antibiose entsprechend angepasst. Zudem wurden bei allen Patienten zwei Antibiotika mit unterschiedlichem Wirkmechanismus und unterschiedlichem Metabolismusweg ausgewählt.
Der primäre kombinierte Endpunkt war zusammengesetzt aus: Gesamtletalität, ungeplanter kardiochirurgischer Eingriff, embolische Ereignisse und Rückfall in die Bakteriämie mit den ursprünglich nachgewiesenen Erregern im Zeitraum von 6 Monaten nach Beendigung der antibiotischen Therapie. Alle Patienten wurden eine Woche nach Entlassung und 1, 3, und 6 Monate nach Beendigung der Therapie in der Krankenhausambulanz untersucht.
Ergebnisse: Die Mehrzahl der Patienten (n = 109; 54,8%) hatte eine Aortenklappen-Endokarditis und 107 (27%) eine Kunstklappen-Endokarditis. Bei 152 Patienten wurde vor der Randomisierung ein chirurgischer Klappenersatz durchgeführt. Die meisten Patienten hatten eine Streptokokken-Endokarditis (knapp 50%) und je ca. 20% eine Staphylokokken- oder Enterokokkus-faecalis-Endokarditis. Nach der Randomisierung wurde die antibiotische Therapie in der intravenös behandelten Gruppe im Median weitere 19 Tage und in der peroralen Gruppe im Median weitere 17 Tage weitergeführt (p = 0,48). Der primäre Endpunkt trat bei 24 Patienten (12,1%) in der intravenös und bei 18 (9,0%) in der peroral weiterbehandelten Gruppe ein. Die Gruppendifferenz betrug somit 3,1 Prozentpunkte (95%-Konfidenzintervall: −3,4 bis 9,6; p = 0,40); damit waren die Nicht-Unterlegenheitskriterien erfüllt. Bemerkenswert ist, dass 13 Patienten in der intravenös behandelten Gruppe und nur 7 in der peroral behandelten Gruppe starben. Bei den anderen Punkten des zusammengesetzten Endpunkts gab es keine auffälligen Unterschiede. Die Ergebnisse dieser Studie sollten zu einem Umdenken in der Therapie der Endokarditis führen.
Fazit: Bei Patienten mit Linksherz-Endokarditis und stabilem klinischen Status, kann nach dieser Studie bei gutem Monitoring und sorgfältiger Auswahl der Antibiotika (zwei Antibiotika mit unterschiedlichem Wirkmechanismus und unterschiedlichem Metabolismus, Dosisberechnung an Hand der minimalen Hemmkonzentration) nach einer initial intravenösen Behandlung auf perorale Weiterbehandlung umgestellt werden, ohne dass dadurch ein schlechteres klinisches Endergebnis erzielt wird.
Literatur
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