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Patienten nach Lyme-Neuroborreliose: gesundheitliche und soziale Aspekte

Die Lyme-Neuroborreliose ist eine durch Zecken übertragbare Zoonose (vgl. 1). Sie wird durch die Spirochäten des Borrelia-burgdorferi-Komplexes verursacht, zu dem in Europa B. garinii und B. afzelii gehören (2). In Europa ist die Lyme-Neuroborreliose eine der häufigsten bakteriellen Infektionen des Zentralnervensystems. Sie manifestiert sich hauptsächlich als schmerzhafte, selbst-limitierende, subakute Meningoradikulitis mit lymphozytär geprägter, mäßiger Zellzahl-Erhöhung im Liquor (3-7). Bei Kindern besteht in der Regel eine benigne, selbstlimitierende lymphozytäre Meningitis, nicht selten mit Fazialislähmung (8). Eine antibiotische Therapie kann die Symptome wahrscheinlich verkürzen (1). Allerdings gibt es nur wenige Langzeit-Nachverfolgungen mit großen Patientenzahlen und ausreichend gut definierten Vergleichspopulationen. Daher bleibt viel Raum für Spekulationen und unseriöse Informationen, besonders auch im Internet (z.B. 9-12). Eine systematische Studie, die die Ergebnisse aus 44 Einzelstudien berücksichtigt hat, fand bleibende unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Schmerzen und kognitive Beeinträchtigungen bei 28% der Patienten nach Neuroborreliose (13). Allerdings wurde in allen diesen Studien keine Kontrollgruppe zum Vergleich herangezogen. Nun wurde zu diesem Thema eine große populationsbasierte vergleichende Studie aus Dänemark publiziert (14).

Dänemark hatte am 31.12.2017 insgesamt 5,7 Mio. Einwohner. Jeder Däne hat einen kostenfreien Zugang zum Gesundheitssystem, das durch Steuergelder gestützt wird. Jedes Jahr werden annähernd 5.000 Liquor-Tests auf Antikörper gegen B. burgdorferi-Komplex durchgeführt (5).

In die Studie (11) wurden alle Dänen aufgenommen, die zwischen 1986 und 2016 eine bestätigte Lyme-Neuroborreliose hatten (n = 2.067). Die exakte Definition für die Diagnose Lyme-Neuroborreliose beinhaltete den Nachweis intrathekaler Antikörper gegen B.-burgdorferi-Komplex sowie klinische Zeichen einer Neuroborreliose. Die Patienten wurden auf die dänische Allgemeinbevölkerung nach Geburtsdatum, Komorbiditäten und Geschlecht adjustiert (n = 20.670) und hinsichtlich verschiedener medizinischer und sozialer Aspekte wie Tod, Krankenhausbesuche, Begleiterkrankungen und Beschäftigungsgrad verglichen.

Die Letalität der Patienten mit Lyme-Neuroborreliose war nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung in Dänemark (Letalitätsrate: 0,90; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,79-1,03 versus 0,93; CI: 0,81-1,07). Im Beobachtungszeitraum von bis zu 30 Jahren starben 247 (12%) Patienten, die eine Lyme-Neuroborreliose gehabt hatten, und 2.728 (13%) aus der Kontrollgruppe Allgemeinbevölkerung. Die Letalität bei Menschen, die eine Lyme-Neuroborreliose überstanden hatten, unterschied sich nicht von der ihrer Familienangehörigen, beispielsweise Zwillingsgeschwistern.

Allerdings fand sich nach Lyme-Borreliose ein dreifach erhöhtes Risiko für hämatologische Erkrankungen wie Lymphome, Multiples Myelom, chronische lymphatische Leukämie sowie ein erhöhtes Risiko für Nicht-Melanom-Hautkrebs. So hatten 94 Menschen nach Lyme-Neuroborreliose hämatologische Erkrankungen und 29 in der Vergleichsgruppe (Inzidenz-Ratio = IR: 3,07; CI: 2,03-4,66); bei Nicht-Melanom-Hautkrebs betrug die IR: 1,49; CI: 1,18-1,88. Aber auch in diesen Gruppen zeigte sich kein Unterschied in der Letalität während des langen Beobachtungszeitraums. Menschen mit Lyme-Neuroborreliose suchten direkt nach der Erkrankung häufiger ärztliche Hilfe auf als die Kontrollpopulation. Aber nach 5 Jahren gab es keinen Unterschied mehr in der Zahl der Krankenhausaufenthalte oder hinsichtlich der Krankheitstage (Differenz der Krankenhaustage pro Jahr: -0,22; CI: -0,45 bis 0,02 und Differenz der Krankheitstage: -0,3; CI: -3,5 bis 3,0 Tage pro Jahr). Auch hinsichtlich sozialer Aspekte wie Arbeitsbeschäftigung, Lohn und Schulabschluss zeigten sich bei dieser Analyse keine wesentlichen Unterschiede.

Fazit: Die Lyme-Neuroborreliose hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die Lebenserwartung oder andere gesundheitliche sowie soziale Aspekte. Allerdings haben Patienten nach Lyme-Neuroborreliose ein etwas erhöhtes Risiko für einige hämatologische Erkrankungen und Nicht-Melanom-Hautkrebs.

Literatur

  1. AMB 2009, 43, 52a Link zur Quelle . AMB 2007, 41, 52b. Link zur Quelle
  2. Rudenko, N., et al.: Ticks Tick Borne Dis. 2011, 2, 123. Link zur Quelle
  3. Krüger, H., et al.: J. Neurol. 1989, 236, 322. Link zur Quelle
  4. Berglund, J., et al.: N. Engl. J. Med.1995, 333, 1319. Link zur Quelle
  5. Dessau, R.B., et al.: Euro. Surveill. 2015, 20, pii21184. Link zur Quelle
  6. Hansen, K., und Lebech, A.M.: Brain1992, 115, 399. Link zur Quelle
  7. Stanek, G., et al.: Lancet 2012, 379, 461. Link zur Quelle
  8. Christen, H.J.: Ann. Med. 1996, 28, 235. Link zur Quelle
  9. http://www.borreliose.de/… Link zur Quelle
  10. http://borreliose-arzt.at/… Link zur Quelle
  11. https://www.riedel-luckau.de/de/ Leistungsspektrum/Erkrankungen/Borreliose Link zur Quelle
  12. https://www.volkskrankheit.net/a_z/borreliose/… Link zur Quelle
  13. Dersch, R., et al.: J. Neurol. 2016, 263, 17. Link zur Quelle
  14. Obel, N., et al.: BMJ 2018, 361, k1998. Link zur Quelle