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Keine Vorteile einer dualen Hemmung der Thrombozytenaggregation gegenüber einer alleinigen mit ASS nach TAVI

Nach katheterinterventionellem Aortenklappenersatz (TAVI) wird zur antithrombotischen Therapie eine duale Hemmung der Thrombozytenaggregation (DAPT) mit Azetylsalizylsäure (ASS) plus einem Thienopyridin (z.B. Clopidogrel) über 3-6 Monate empfohlen, gefolgt von einer lebenslangen alleinigen Einnahme von ASS (MAPT; 1, 2, vgl. 3). Diese Empfehlung in aktuellen Leitlinien wurde in Analogie zu den Zulassungsstudien der TAVI-Bioprothesen festgelegt. Zur Hemmung der Thrombozytenaggregation nach TAVI gibt es nur wenige Daten aus meist kleinen Studien, so dass das optimale Vorgehen unklar ist. Nun wurde die vorhandene Evidenz anhand einer Metaanalyse ausgewertet (4).

In die Metaanalyse wurden 3 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) und 5 kontrollierte Beobachtungsstudien mit insgesamt 2.439 Patienten eingeschlossen, in denen eine DAPT mit einer MAPT bei Patienten nach TAVI verglichen wurde. Primärer Endpunkt der Metaanalyse war die Gesamtletalität; zu den sekundären Endpunkten gehörten Blutungen und vaskuläre Komplikationen. Die eingeschlossenen Studien wurden in Europa, Japan und Amerika durchgeführt. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 81 Jahren, der Anteil der Frauen bei 56%. Mit Ausnahme von einer Untersuchung wurden Patienten mit einer Indikation für eine dauerhafte Antikoagulation ausgeschlossen oder in einem separaten Studienarm behandelt. Patienten mit Vorhofflimmern wurden in 5 Studien eingeschlossen, in denen es bei bis zu 30% der Patienten auftrat. Es wurden sowohl ballonexpandierende als auch selbstexpandierende Klappen verwendet. Die Nachverfolgungsdauer betrug 30 Tage bis 59 Monate, bei 5 Studien ≤ 6 Monate.

Nach 30 Tagen war eine DAPT im Vergleich zu einer MAPT verbunden mit einer höheren Gesamtsterblichkeit (Odds Ratio = OR: 2,06; 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,34-3,18; p = 0,001; Number needed to harm = NNH: 33) sowie einem höheren Risiko für schwere und lebensbedrohliche Blutungen (OR: 2,04; CI: 1,60-2,59; p < 0,001; NNH: 13) und vaskuläre Komplikationen (OR: 2,32; CI: 1,78-3,02; p < 0,001; NNH: 20). Beim kombinierten Endpunkt Schlaganfall, transiente ischämische Attacke oder Myokardinfarkt ergab sich kein Unterschied. Das erhöhte Blutungsrisiko persistierte nach 6 Monaten (Daten aus 5 Studien). In einer Analyse, die ausschließlich RCT einschloss, zeigte sich ein Trend zu mehr schweren Blutungen und vaskulären Komplikationen unter DAPT ohne Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit.

Die Metaanalyse hat verschiedene Einschränkungen: Wegen der kurzen Beobachtungsdauer der eingeschlossenen Studien kann beispielsweise ein möglicher Vorteil einer DAPT im Vergleich zu einer MAPT auf die langfristige Klappenfunktion nicht bewertet werden. Auch die Therapie-Adhärenz der Patienten konnte wegen fehlender Daten nicht analysiert werden, ebenso wie die Sterblichkeit aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen.

In anderen Studien wird zurzeit auch der Nutzen einer oralen Antikoagulation bei Patienten nach TAVI untersucht. Hintergrund ist, dass das Risiko für Klappenthrombosen unter einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) vermindert zu sein scheint. Laut Empfehlung einer Leitlinie der US-amerikanischen kardiologischen Fachgesellschaften kann deswegen nach TAVI eine orale Antikoagulation mit einem VKA bei Patienten mit niedrigem Blutungsrisiko über mindestens 3 Monate in Betracht gezogen werden (2). Der Stellenwert direkter oraler Antikoagulanzien (DOAK) ist in dieser Situation unbekannt. Laufende Vergleichsstudien mit Thrombozytenaggregationshemmern und VKA oder DOAK, wie Rivaroxaban und Apixaban, sollen helfen, die optimale Therapie nach TAVI genauer zu definieren (5-8).

Fazit: Die Ergebnisse einer Metaanalyse deuten darauf hin, dass nach einem katheterinterventionellen Aortenklappenersatz (TAVI) die alleinige Einnahme von ASS zur Thrombose-/Embolie-Prophylaxe bei gleicher Wirksamkeit mit weniger schweren Blutungen verbunden ist als eine duale Hemmung der Thrombozytenaggregation (DAPT) mit ASS plus einem Thienopyridin. Weitere Studien sind erforderlich, um die Risiken und Vorteile verschiedener antithrombotischer bzw. antikoagulatorischer Therapien nach TAVI zu vergleichen. Ein vorzeitiger Abbruch der DAPT wegen Blutungen scheint das Schlaganfallrisiko nicht zu erhöhen.

Literatur

  1. https://leitlinien.dgk.org/files/ 2014_PLL_Herzklappenerkrankung_Internet.pdf Link zur Quelle
  2. Nishimura, R.A., et al.: Circulation 2017, 135, e1159. Link zur Quelle
  3. AMB 2016, 50, 81. Link zur Quelle
  4. Al Halabi, S., et al.: Am. J. Cardiol. 2018, 122, 141. Link zur Quelle
  5. POPular-TAVI = Antiplatelet therapy for patients undergoing transcatheter aortic valve implantation. Link zur Quelle
  6. ATLANTIS = Anti-thrombotic strategy after trans-aortic valve implantation for aortic stenosis. Link zur Quelle
  7. GALILEO = Global study comparing a rivAroxaban-based antithrombotic strategy to an antipLatelet-based strategy after transcatheter aortIc vaLve rEplacement to Optimize clinical outcomes. Link zur Quelle
  8. AUREA = Dual antiplatelet therapy versus oral anticoagulation for a short time to prevent cerebral embolism after TAVI. Link zur Quelle