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Multiples Myelom: Das Zeitalter der Immuntherapie hat begonnen

Zusammenfassung: Durch neue Strategien (z.B. Hochdosis-Chemotherapie gefolgt von autologer Stammzelltransplantation) und eine Vielzahl neuer Wirkstoffe konnten im letzten Jahrzehnt deutliche Fortschritte erzielt werden in der medikamentösen Therapie des Multiplen Myeloms (MM). Eine weitere Verbesserung der Prognose – vor allem bei Patienten mit refraktärem oder rezidiviertem MM – wird jetzt von monoklonalen Antikörpern erwartet, die 2015 in den USA und 2016 in Europa zugelassen wurden. Die Zulassung des ersten monoklonalen Antikörpers für die Therapie des MM beruht auf Ergebnissen einer randomisierten kontrollierten Phase-III-Studie (ELOQUENT-2), in der für die Kombination von Elotuzumab plus Lenalidomid plus Dexamethason eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens gegenüber Lenalidomid plus Dexamethason gezeigt werden konnte. Die Zulassung von Daratumumab beruht auf Ergebnissen von zwei randomisierten kontrollierten Phase-III-Studien, in denen Daratumumab plus Dexamethason entweder mit Bortezomib (CASTOR) oder mit Lenalidomid (POLLUX) gegenüber Bortezomib oder Lenalidomid plus Dexamethason verglichen wurden. In beiden Studien ergaben Interimsanalysen einen Vorteil im progressionsfreien Überleben für die Kombination von Bortezomib bzw. Lenalidomid und Dexamethason mit Daratumumab. Aufgrund des offenen Designs dieser Studien mit hohem Verzerrungspotenzial hinsichtlich des primären Endpunkts (progressionsfreies Überleben) und der noch relativ kurzen Nachbeobachtung ist eine endgültige Bewertung des therapeutischen Stellenwerts von Elotuzumab bzw. Daratumumab derzeit jedoch noch nicht möglich. Weitere medizinische Erkenntnisse zu Elotuzumab und Daratumumab werden deshalb dringend benötigt, um eine ausreichende, zweckmäßige und angesichts der sehr hohen Preise für diese beiden monoklonalen Antikörper auch wirtschaftliche Therapie von Patienten mit MM künftig garantieren zu können.

Das MM gehört zu den reifzelligen, lymphoproliferativen B-Zell-Neoplasien (1). Das mediane Erkrankungsalter für Männer und Frauen liegt bei etwa 73 Jahren (2). Bei den meisten Patienten entwickelt sich das MM über prämaligne Vorstufen: die monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) und das asymptomatische („smoldering“) Myelom (3). Charakteristisch für das MM ist die unkontrollierte Vermehrung monoklonaler Plasmazellen im Knochenmark, die zu einer Produktion funktionsloser, intakter Immunglobuline oder Immunglobulin-Leichtketten führt, die als Paraproteine bzw. M-Gradient im Serum oder Urin nachweisbar sind (3). Mit einer relativen Fünf-Jahres-Überlebensrate von 45% bei Frauen und 48% bei Männern hatte das MM bis vor wenigen Jahren eine eher ungünstige Prognose (2). Die Definition und die wesentlichen Kriterien für die Diagnostik der plasmazellulären Erkrankungen sind 2014 von der International Myeloma Working Group aktualisiert worden (3, 4). Die Indikation zur Therapie des MM besteht formal, sobald eines der in Tab. 1 genannten SLiM-CRAB-Kriterien erfüllt ist (3, 4). Wesentliche Therapieziele der Behandlung sind Symptomfreiheit, Verhinderung von Endorganschäden (z.B. Osteolysen und Frakturen, Anämie, Niereninsuffizienz) und Verlängerung der Lebenszeit (3, 4). Neben den SLiM-CRAB Kriterien spielen heute genetische Veränderungen und der Allgemeinzustand der Patienten eine wichtige Rolle bei der Entscheidung über die Intensität der initialen Therapie (Induktionstherapie) und das Vorgehen nach Abschluss dieser Therapie (3, 5).

Mehrere Jahrzehnte standen nur das bereits 1964 in die Therapie des MM eingeführte Melphalan in Kombination mit Glukokortikosteroiden und/oder einige andere Zytostatika zur Verfügung, z.B. weitere alkylierende Wirkstoffe wie Cyclophosphamid und Bendamustin, Anthrazykline, Vinca-Alkaloide. Sie führten zu einer partiellen Remission bei etwa 40-60% der Patienten und einem progressionsfreien Überleben („progression-free survival“ = PFS) von 18 Monaten (6). Im letzten Jahrzehnt konnte eine deutliche Verbesserung des PFS und Gesamtüberlebens (overall survival = OS), aber auch der Lebensqualität erreicht werden – insbesondere durch die hochdosierte Chemotherapie gefolgt von autologer Stammzelltransplantation (7) sowie die Einführung von neuen Arzneimitteln mit unterschiedlichen Wirkprinzipien (8; vgl. 9). Hierzu zählen Immunmodulatoren (Thalidomid, Lenalidomid), Proteasominhibitoren (Bortezomib) und Histondeacetylase (HDAC)-Inhibitoren. Allein in den letzten fünf Jahren sind sechs neue Arzneimittel zugelassen worden (10): Pomalidomid (Immunmodulator der 3. Generation), Carfilzomib und Ixazomib (Proteasominhibitoren der 2. Generation), der HDAC-Inhibitor Panobinostat und zuletzt zwei monoklonale Antikörper (moAk; Daratumumab, Elotuzumab; 11, 12). Diese neuen Wirkstoffe werden heute meist in Kombinationstherapien und nur selten als Monotherapie eingesetzt. So erfreulich die Zunahme und Verbesserung der Therapieoptionen durch viele neue Wirkstoffe sind, so schwierig ist heute die Entscheidung für Onkologen über die optimalen, inzwischen sehr teuren Therapiestrategien bei Diagnose und im Rezidiv. Er werden deshalb zunehmend sog. strategische klinische Studien gefordert, die wichtige Fragen für die alltägliche Versorgung von Patienten mit MM beantworten sollen (13). Offene Fragen sind vor allem:

  • Gelingt es bald, Biomarker bzw. molekular definierte Subtypen zu identifizieren, die das Ansprechen auf die medikamentöse Therapie voraussagen?

  • Können die über einen begrenzten Zeitraum verabreichten Kombinationstherapien mit verschiedenen, bei MM wirksamen Wirkstoffen eine langfristige Gabe von toxischen Arzneimitteln ersetzen – z.B. Lenalidomid als Erhaltungstherapie (14)?

  • Wann werden wir über Leitlinien verfügen, die auch die Kosten der Therapie adäquat berücksichtigen, Hinweise für den rationalen Einsatz der bald verfügbaren Generika (z.B. für Bortezomib = VELCADE®) geben und ausreichend hohe Evidenz verlangen für den Nachweis der Überlegenheit neuer Wirkstoffe – vor allem hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und gesundheitsbezogener Lebensqualität gegenüber den bereits zugelassenen Arzneimitteln bzw. ihren Generika?

Besonders große Erwartungen werden heute an die 2015 von der Food and Drug Administration (FDA) und 2016 von der European Medicines Agency (EMA) zugelassenen moAk – Elotuzumab und Daratumumab – geknüpft, die in klinischen Studien der Phase-III in Kombination mit Lenalidomid oder Bortezomib und Dexamethason untersucht wurden. Im Folgenden werden die Ergebnisse der für die Zulassung von Elotuzumab und Daratumumab relevanten klinischen Studien vorgestellt.

Elotuzumab (Empliciti®) ist ein humanisierter IgG1--moAk, der gerichtet ist gegen das „Signaling Lymphocytic Activation Molecule Family Member 7“ (SLAMF7)-Protein, ein auf der Oberfläche von Myelomzellen exprimiertes Glykoprotein, das aber auch von normalen Plasmazellen, natürlichen Killer (NK)-Zellen und einer Subgruppe anderer Immunzellen exprimiert wird. Der Wirkmechanismus dieses moAk beruht vor allem auf einer Antikörper-abhängigen zellvermittelten Zytotoxizität (antibody-dependent cytotoxicity = ADCC), Hemmung der Interaktionen zwischen Tumorzellen des MM und Stromazellen und Aktivierung von NK-Zellen (11, 12).

Die für die Zulassung von Elotuzumab relevante („pivotal“) klinische Studie (ELOQUENT-2) ist eine multizentrische, offene, randomisierte, kontrollierte Phase-III-Studie (RCT), die von Bristol-Myers Squibb und AbbVie Biotherapeutics gesponsert wurde (15). In diese Studie wurden Patienten eingeschlossen, die wegen eines MM mit mindestens einer bis maximal drei Vortherapien behandelt worden waren und bei denen nach der letzten Therapie eine Progression des MM aufgetreten war. Verglichen wurden Elotuzumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason (n = 321 Patienten) und Lenalidomid in Kombination mit Dexamethason (n = 325 Patienten). Patienten im Elotuzumab-Arm erhielten 10 mg Elotuzumab/kg Körpergewicht i.v. an den Tagen 1, 8, 15 und 22 während der ersten beiden Zyklen (über jeweils 28 Tage) und dann an den Tagen 1 und 15 ab dem dritten Zyklus in Kombination mit Lenalidomid per os (25 mg/d an den Tagen 1-21 jedes Zyklus) und Dexamethason 40 mg per os an einem Tag während der Woche an den Tagen ohne Gabe von Elotuzumab und Dexamethason i.v. (8 mg) plus 28 mg per os am Tag der Gabe von Elotuzumab. Patienten in der Kontrollgruppe erhielten ebenfalls Lenalidomid 25 mg an den Tagen 1-21 und 40 mg Dexamethason an den Tagen 1, 8, 15 und 22 eines jeden Therapiezyklus. Zur Vermeidung allergischer Reaktionen auf den moAk erhielten Patienten im Elotuzumab-Arm eine Prämedikation vor i.v. Gabe von Elotuzumab, und alle Patienten erhielten eine Prophylaxe zur Vermeidung thromboembolischer Komplikationen. Die Behandlung wurde fortgesetzt bis zur Progression des MM, inakzeptabler Toxizität der Behandlung oder Widerruf der Einwilligung der Patienten.

Primäre Endpunkte der Studie waren das PFS und die Gesamtansprechrate, sekundäre Endpunkte das OS sowie Schmerzen und gesundheitsbezogene Lebensqualität. Publiziert im N. Engl. J. Med. wurde 2015 eine Interimsanalyse der ELOQUENT-2-Studie (15): Zum Zeitpunkt der Auswertung erhielten noch 35% in der Elotuzumab- und 20% in der Kontrollgruppe die Studienmedikation. Nach einer medianen Nachbeobachtung von 24,5 Monaten lag das PFS im Median im Elotuzumab-Arm bei 19,4 Monaten und in der Kontrollgruppe bei 14,9 Monaten (HR: 0,70; 95%-Konfidenzintervall: 0,57-0,85; p < 0,001). Die Gesamtansprechrate war im Elotuzumab-Arm mit 79% gegenüber 66% im Kontrollarm ebenfalls signifikant besser (p < 0,001).

Auch im sekundären Endpunkt OS zeigte sich ein Vorteil für Elotuzumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason gegenüber dem Kontrollarm (43,6 Monate im Median versus 39,6 Monate im Median; HR: 0,77; p = 0,026). Die Auswertung der Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bzw. Symptomatik ergaben keine statistisch signifikanten Unterschiede. Zudem haben diese, in einer offenen Studie (d.h. unverblindet) erhobenen Ergebnisse eher wenig Aussagekraft. Auch das Auftreten von unerwünschten Ereignissen (UE) bzw. schwerwiegenden UE unterschied sich zwischen den beiden Therapiearmen nicht signifikant. Elotuzumab ist zugelassen in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason zur Behandlung des MM bei Erwachsenen, die mindestens eine vorangegangene Therapie erhalten haben (16). Die 2017 auf zwei internationalen onkologischen Kongressen vorgestellten Ergebnisse der 4-Jahres-Analyse (mediane Nachbeobachtung: 46 Monate) der ELOQUENT-2-Studie bestätigen eine signifikante Verlängerung des PFS durch Elotuzumab, sind jedoch bisher nicht in einer Fachzeitschrift als Vollpublikation erschienen (17). Aufgrund der bisher vorliegenden Auswertungen profitieren besonders Patienten mit erstem Rezidiv eines MM nach ≥ 3,5 Jahren und nur einer Vortherapie von Elotuzumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sah in seinem Beschluss zur Nutzenbewertung von Elotuzumab im Dezember 2016 nur einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien (z.B. Bortezomib oder Lenalidomid in Kombination mit Dexamethason; 18).

Daratumumab (Darzalex®) ist ein humaner IgG1--moAk, der an das transmembranäre CD38-Glykoprotein bindet. CD38 wird in hoher Konzentration auf der Oberfläche der Myelomzellen exprimiert, in niedrigen Konzentrationen aber auch auf normalen myeloischen und lymphatischen Zellen. CD38 hat verschiedene Funktionen, wie beispielweise rezeptorvermittelte Adhäsion, Signalübertragung und enzymatische Aktivität. Die Zerstörung von Myelomzellen durch Daratumumab beruht auf unterschiedlichen Wirkmechanismen. Hierzu zählen vor allem Komplement- und ADCC, Antikörper-abhängige Phagozytose und direkte Auslösung des programmierten Zelltods (Apoptose; 11, 12).

Daratumumab wurde 2013 in Europa als „Orphan drug“ eingestuft und 2016 erstmalig von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) mit einer bedingten Zulassung („conditional marketing authorisation“) nach einer beschleunigten Beurteilung („accelerated assessment“) zugelassen, die im April 2017 in eine reguläre Marktzulassung („full marketing authorisation“) umgewandelt wurde. In den USA hatte Daratumumab 2013 von der Food and Drug Administration (FDA) eine „breakthrough-therapy designation“ erhalten und wurde 2015 zugelassen.

Für die Zulassung von Daratumumab waren Ergebnisse von zwei RCT der Phase-III (19, 20) entscheidend. Sie wurden nach den Söhnen des Zeus benannt: Castor und Pollux. Beide Studien wurden von Janssen Research and Development gesponsert. In beiden Studien wurden neben den üblichen Endpunkten zum Nachweis der Wirksamkeit (z.B. OS, PFS, Ansprechrate) und Sicherheit (unerwünschte Ereignisse entsprechend den National Cancer Institute Common Terminology Criteria) auch Parameter für Morbidität (z.B. Symptomatik gemessen an den Symptomskalen der von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer verwendeten Instrumente) und die gesundheitsbezogene Lebensqualität bestimmt. Ergebnisse dieser Auswertungen finden sich leider nicht in den Publikationen im N. Engl. J. Med. Sie sind aber im Dossier des pharmazeutischen Unternehmers zu Daratumumab vorhanden, das für die frühe Nutzenbewertung eingereicht und vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bewertet wurde (21). Eindeutige, signifikante Unterschiede in den patientenrelevanten Endpunkten (Symptomatik, gesundheitsbezogene Lebensqualität) zwischen den Therapiearmen mit bzw. ohne Daratumumab fanden sich in beiden Studien nicht.

CASTOR ist ein noch laufendes, multinationales, multizentrisches, offenes RCT zum Vergleich von Daratumumab (D) plus Bortezomib (B) plus Dexamethason (d) (= DBd) mit Bortezomib plus Dexamethason (Bd) bei Erwachsenen mit MM, die bereits mindestens eine Therapie erhalten hatten und bei denen eine Progression des MM nach der letzten Therapie dokumentiert war (19). Dexamethason wurde in einer kumulativen Dosis von 160 mg pro Therapiezyklus (28 Tage) verabreicht. Die Patienten mussten zudem einen Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) Performance Status (PS) von 0-2 haben. Das mediane Alter der eingeschlossenen Patienten betrug in beiden Therapiearmen 64 Jahre. Ausgeschlossen wurden Patient(inn)en mit Refraktärität oder Unverträglichkeit gegenüber Bortezomib. Wie bei Elotuzumab erhielten die Patienten auch in dieser Studie Medikamente vor oder nach i.v. Gabe von Daratumumab, um allergische Reaktionen auf den moAk zu vermeiden. Nach Randomisierung von insgesamt 498 Patienten wurden 251 dem Daratumumab-Arm und 247 dem Vergleichsarm zugeordnet. Primärer Endpunkt der Studie war das PFS. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem: Gesamtansprechen, Zeit bis zum Progress, OS, gesundheitsbezogene Lebensqualität (health-related quality of life = HRQoL) und UE.

In einer zuvor festgelegten Interimsanalyse lag nach einer medianen Nachbeobachtung von 7,4 Monaten das PFS in der mit Bd behandelten Gruppe bei 7,2 Monaten und war bei den mit DBd behandelten Patienten noch nicht erreicht (HR für Progression des MM oder Tod von DBd vs. Bd: 0,39; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,28-0,53; p < 0,001). Auch das Gesamtansprechen auf DBd (82,9%) war signifikant besser als auf Bd (63,2%; p < 0,001). Unter Therapie mit DBd traten Zytopenie, Infektionen, Herpes, periphere Neuropathie, Hypertonie und Sekundärmalignome häufiger auf als unter Bd. Besonders relevant und auch signifikant ist das häufigere Auftreten von Infektionen im DBd-Arm von 72,8% vs. 54,4% im Bd-Arm (p = 0,0047; 22). Zu beachten ist hierbei jedoch die längere Behandlungszeit im DBd-Arm, die bei einem Vergleich der Häufigkeiten mit dem Bd-Arm zu einer Verzerrung zuungunsten der Daratumumab-Kombination führen kann. Bei Infusion von Daratumumab traten bei 45,3% der Patienten Reaktionen auf. Sie waren überwiegend leichten Grades und ereigneten sich fast bei allen nur während der 1. Infusion.

POLLUX ist ein ebenfalls noch laufendes, multinationales, multizentrisches, offenes RCT zum Vergleich von Daratumumab plus Lenalidomid plus Dexamethason (DLd) mit Lenalidomid plus Dexamethason (Ld) allein (20). Dexamethason wurde in einer kumulativen Dosis von 160 mg pro Therapiezyklus (28 Tage) verabreicht. In die Studie wurden Erwachsene mit MM eingeschlossen, die mindestens eine vorausgehende Therapie erhalten hatten und bei denen eine Progression nach der letzten Therapie dokumentiert war. Die Patienten mussten zudem einen ECOG-PS von 0-2 aufweisen. Ausgeschlossen wurden Patienten mit Refraktärität oder Unverträglichkeit gegenüber Lenalidomid.

Die Randomisierung der Patienten erfolgte stratifiziert nach dem Stadium des MM, der Zahl vorangegangener Therapielinien (1 vs. 2 oder 3 vs. > 3) und einer vorangegangenen Lenalidomid-Behandlung (nein vs. ja). Insgesamt wurden nach Randomisierung von 569 Patienten 286 dem Daratumumab-Arm und 283 dem Vergleichsarm (Ld) zugeordnet. Primärer Endpunkt der Studie war das PFS. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem: Gesamtansprechen, Zeit bis zum Progress, OS, HRQoL und UE. Nach einer medianen Nachbeobachtung von 13,5 Monaten lag das PFS nach 12 Monaten im DLd-Arm bei 83,2% und im Kontrollarm (Ld) bei 60,1% (HR für Krankheitsprogress oder Tod: 0,37; CI: 0,27-0,52; p < 0,001). Auch Gesamtansprechraten auf DLd (92,9%) war signifikant besser als auf Ld (76,4%; p < 0,001). Unter Therapie mit DLd traten Neutropenie, Diarrhö, Fatigue und Infektionen der unteren Luftwege häufiger auf als im Ld-Arm. Auch in der POLLUX-Studie ist hierbei die längere Behandlungszeit im DLd-Arm zu berücksichtigen. Unter DLd brachen 6,7% und unter Ld 7,8% die Therapie wegen schwerer UE ab. Durch die Infusion von Daratumumab ausgelöste Reaktionen (überwiegend leichten Grades und meist während der 1. Infusion) traten bei 47,7% der Patienten auf. Der Beschluss des G-BA im Nutzenbewertungsverfahren zu Daratumumab wird Mitte Februar 2018 erwartet (23).

Daratumumab ist aktuell zugelassen als Monotherapie für die Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem und refraktärem MM, die bereits mit einem Proteasom-Inhibitor und einem Immunmodulator behandelt wurden, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten. Darüber hinaus ist Daratumumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason oder Bortezomib und Dexamethason für die Behandlung erwachsener Patienten mit MM zugelassen, die bereits mindestens eine Therapie erhalten haben (24). Beim Einsatz von Daratumumab muss beachtet werden, dass dieser moAk die Tests vor einer Bluttransfusion beeinflusst. Sowohl der indirekte Antiglobulin-Test (Antikörpersuchtest, indirekter Coombs-Test) als auch die Kreuzprobe können ein falsch positives Ergebnis zeigen, das durch direkte Bindung von Daratumumab im Patientenplasma an CD38 auf den Erythrozyten im Reagenz der Blutbank zustande kommt. Diese Kreuzreaktion kann bis zu 6 Monaten nach Absetzen von Daratumumab auftreten (25). Von Janssen wurde deshalb ein Patientenausweis erstellt, der diesen wichtigen Hinweis vor Bluttransfusionen bei Daratumumab-Patienten enthält.

In einer systematischen Literaturübersicht wurden kürzlich alle neuen Therapieoptionen für die Behandlung von Patienten mit rezidiviertem und/oder refraktärem MM identifiziert und anschließend in einer Netzwerk-Metaanalyse hinsichtlich relativer Wirksamkeit beurteilt. Dabei stellte sich die Kombination von Daratumumab plus Lenalidomid plus Dexamethason in Bezug auf die Verlängerung des PFS als wirksamste Therapieoption heraus. Nicht bewertet werden konnten in dieser Netzwerkanalyse allerdings der Einfluss auf das OS (aufgrund noch nicht reifer Daten) und die Lebensqualität bzw. das Auftreten von UE (26). Da die Ergebnisse der klinischen Studien zu den moAk bei MM nur eingeschränkt auf die Routineversorgung von Patienten mit MM übertragbar sind und nur wenige direkt vergleichende klinische Studien zu den zahlreichen neuen Therapieoptionen bei Patienten mit MM vorliegen, besteht ein großer Bedarf an mehr unabhängigen Studien im Sinne der Comparative Effectiveness Research beim MM (13, 27). Diese sind auch angesichts der exorbitanten Jahrestherapiekosten in Höhe von etwa 200.000 €/Patient (berechnet für das 1. Behandlungsjahr und eine Monotherapie mit Daratumumab oder Kombination von Elotuzumab mit Lenalidomid und Dexamethason) dringend erforderlich, um aus pharmakoökonomischer Perspektive rasch geeignete Therapiestrategien zu erkennen, mit denen bei vergleichbarer Versorgungsqualität Kosten verringert werden können (28).

Literatur

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