Über die Rotavirus-Impfung haben wir mehrfach berichtet (1). Trotz der Wirksamkeit dieser Impfung haben noch immer > 90 Mio. Säuglinge und Kleinkinder auf der Welt keinen Zugang zu diesem Schutz (2, 3). Eine Impfung der Kinder gleich nach der Geburt könnte eine Versorgungslücke schließen und die Akzeptanz der Impfung in den ärmeren Ländern erhöhen. Die Effektivität eines solchen Impfstoffs wurde nun in einer großen Studie in Indonesien geprüft (4). Sie wurde von der Bill and Melinda Gates Foundation und mit öffentlichen Mitteln aus Australien und Neuseeland sowie dem staatlichen indonesischen Unternehmer PT Bio Farma unterstützt.
Methodik: Die Studie mit dem oralen Impfstoff wurde prospektiv, doppelblind, randomisiert und plazebokontrolliert durchgeführt. Sie bestand aus 3 Armen: 1. Impfung gesunder Neugeborener kurz nach der Geburt (frühe Impfung) mit insgesamt drei Impfdosen im Lebensalter von 0-5 Tagen, 8 Wochen und 14 Wochen. 2. Impfung wie bisher im frühkindlichen Alter (Standard-Impfung) mit Impfungen im Alter von 8 Wochen, 14 Wochen und 18 Wochen sowie 3. Plazebo-Impfung. Der Verwendung von Plazebo wurde von mehreren Ethikkommissionen zugestimmt, weil die Rotavirus-Impfung derzeit nicht Bestandteil des indonesischen Impfprogramms ist.
Die primäre Analyse bezog sich auf die Kinder, die alle Impfdosen erhalten hatten. Eine sekundäre Analyse – im Sinne von „intention to treat“ – schloss alle Kinder ein, die randomisiert worden waren. Endpunkt der Studie waren schwere, durch Rotaviren verursachte Gastroenteritiden im Lebensalter bis zu 18 Monaten. Der Schweregrad der Rotavirus-Gastroenteritiden wurde nach einem modifizierten Vesikari-Score beurteilt (vgl. 5).
Ergebnisse: In die Per-Protokoll-Analyse gingen 1.513 teilnehmende Kinder ein. Schwere Rotavirus-Gastroenteritiden traten bei 5,6% der Kinder (28 von 504) in der Plazebo-Gruppe auf, gegenüber 1,4% (7 von 498) in der frühen Impfgruppe und 2,7% (14 von 511) in der Standard-Gruppe. Dies entspricht einer Impfeffektivität von 75% (95%-Konfidenzintervall = CI: 44-91) in der frühen Gruppe (p < 0,001) und 51% (CI: 7-76) in der Standard-Gruppe (p = 0,02). Die Auswertung in der „intention-to-treat“-Analyse ergab ähnliche Resultate. Das Ansprechen auf die Impfung, gemessen an der Antikörper-Induktion oder dem Nachweis von Impf-Antigen im Stuhl, war bei 78 von 83 Probanden (94%) in der frühen und bei 83 von 84 (99%) Probanden in der Standard-Gruppe nachweisbar. Die Inzidenz von Nebenwirkungen war ähnlich in allen Gruppen. Es traten innerhalb des 21-Tage-Risikointervalls keine Darminvaginationen auf (vgl. 6). Insgesamt wurde nur eine Invagination registriert, und zwar 112 Tage nach der 3. Impfung in der Standard-Gruppe.
Fazit: Der orale Rotavirus-Impfstoff RV3-BB verhindert sowohl in einem frühen Impfprogramm (Beginn 0-5 Tage nach der Geburt), als auch in einem Standard-Impfprogramm (Beginn 8 Wochen nach der Geburt) schwere Rotavirus-Gastroenteritiden bis zu einem Lebensalter von 18 Monaten.
Literatur
- AMB 2006, 40, 52 Link zur Quelle . AMB 2008, 42, 01 Link zur Quelle . AMB 2010, 44, 87 Link zur Quelle . AMB 2014, 48, 22b Link zur Quelle . AMB 2017, 51, 40DB02. Link zur Quelle
- Parashar, U.D., et al.: Clin. Infect. Dis. 2016, 62 Suppl. 2, S91. Link zur Quelle
- International Vaccine Access Center (IVAC). Vaccine Information Management System (VIMS) global rotavirus vaccine access report. Baltimore: Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, 2017. Link zur Quelle
- Bines, J.E., et al.: N. Engl. J. Med. 2018, 378, 719. Link zur Quelle
- AMB 2010, 44, 87. Link zur Quelle
- AMB 2014, 48, 22b. Link zur Quelle