Zur Behandlung einer akuten Exazerbation eines Asthma bronchiale wird in klinischen Leitlinien die Inhalation eines kurz wirkenden Beta-2-Sympathomimetikums und Ipratropiumbromid empfohlen, bei schwerer Symptomatik auch systemisch Glukokortikosteroide (vgl. 1). Antibiotika sind im Regelfall nicht indiziert und sollten nur eingesetzt werden, wenn der begründete Verdacht auf einen bakteriellen Auslöser der Exazerbation besteht (2). Daten aus verschiedenen Untersuchungen zeigen, dass trotz der Leitlinienempfehlung viele Patienten mit einem akuten Asthmaanfall ungerechtfertigt Antibiotika erhalten (3, 4). Nun ergab eine retrospektive Kohortenstudie, dass der Einsatz von Antibiotika bei diesen Patienten möglicherweise sogar mit einem längeren Klinikaufenthalt verbunden ist (4).
Für die Untersuchung wurden Daten von 19.811 Patienten analysiert, die zwischen Januar 2015 und Dezember 2016 wegen eines akuten Asthmaanfalls in 542 US-amerikanischen Notaufnahmen stationär aufgenommen und systemisch mit Glukokortikosteroiden behandelt worden waren. Patienten mit einer möglichen Indikation für eine antibiotische Therapie wurden ausgeschlossen, beispielsweise bei Bronchitis, Pneumonie oder einer Harnwegsinfektion. Als Exposition wurde eine frühe antibiotische Behandlung festgelegt, definiert als Beginn einer antibiotischen Behandlung innerhalb der ersten 2 Tage des Krankenhausaufenthalts und einer Therapie über mindestens 2 Tage. Primärer Endpunkt der Studie war die Länge des Krankenhausaufenthalts. Zu weiteren Endpunkten gehörten Krankenhauskosten und Antibiotika-assoziierte Durchfälle sowie das Versagen der Therapie innerhalb von 30 Tagen nach Entlassung, definiert als Beginn einer mechanischen Beatmung, Verlegung auf eine Intensivstation, stationäre Letalität oder Wiederaufnahme aufgrund von Asthma.
Die Patienten waren im Median 46 Jahre alt, und 72,5% waren Frauen. Fast die Hälfte der Patienten (44,4%) erhielt ein Antibiotikum. Im Vergleich zu Patienten, die kein Antibiotikum bekamen, waren sie älter (im Median 48 vs. 45 Jahre), eher Raucher (6,6% vs. 5,3%) und hatten mehr Komorbiditäten, wie z.B. eine Herzinsuffizienz (6,2% vs. 5,8%). Patienten, die mit einem Antibiotikum behandelt wurden, blieben signifikant länger im Krankenhaus (im Median 4 vs. 3 Tage). Die Rate des Therapieversagens war in beiden Gruppen ähnlich (5,4% vs. 5,8%). In einer Propensity-Score-Analyse, in der nur Patienten mit möglichst ähnlichen Eigenschaften verglichen wurden, war der Einsatz eines Antibiotikums mit einem um 29% verlängerten Krankenhausaufenthalt verbunden und höheren Krankenhauskosten (im Median 4.776 US-$ vs. 3.641 US-$). Patienten, die Antibiotika erhielten, hatten natürlich ein höheres Risiko für Antibiotika-assoziierte Diarrhö. Um den Einfluss eines Selektionsbias und unbekannter Störgrößen zu minimieren, wurden weitere statistische Verfahren angewendet; sie brachten ähnliche Ergebnisse.
Wie bei allen Datenbankanalysen müssen die Ergebnisse mit Vorsicht eingeschätzt werden. So kann beispielsweise trotz der verschiedenen statistischen Verfahren nicht ausgeschlossen werden, dass Patienten mit einer schwereren Erkrankung, die einen längeren Krankenhausaufenthalt erklären würde, bevorzugt Antibiotika erhielten.
Fazit: In einer retrospektiven Kohortenstudie war bei Patienten mit einem akuten Asthmaanfall der Einsatz eines Antibiotikums – ohne eindeutige Indikation hierfür – mit einem verlängerten Krankenhausaufenthalt, höheren Krankenhauskosten und einem erhöhten Risiko für Antibiotika-assoziierte Diarrhö verbunden bei ähnlichem Risiko für ein Therapieversagen. Die Ergebnisse unterstreichen, dass Antibiotika nicht routinemäßig bei Patienten mit akutem Asthma-Anfall eingesetzt werden sollten.
Literatur
- AMB 2019, 53, 01. Link zur Quelle
- https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/ 020-009l_S2k_Asthma_ Diagnostik_Therapie_2017-11_1.pdf Link zur Quelle
- AMB 2017, 51, 02. Link zur Quelle
- Stefan, M.S., et al.: JAMA Intern. Med. 2019, 179, 333. Link zur Quelle