Die idiopathische membranöse Glomerulonephritis (= MGN, auch membranöse Nephro- oder membranöse Glomerulopathie genannt) ist eine Autoimmunerkrankung und die häufigste Ursache eines nephrotischen Syndroms, wenn es im Erwachsenenalter beginnt. Bei ca. 30% der Patienten kommt es innerhalb von 1-2 Jahren spontan zu einer partiellen oder kompletten Remission des nephrotischen Syndroms. Bei der Mehrzahl bleibt es jedoch bestehen, und dann entwickelt sich oft eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz im Verlauf von ca. 10 Jahren (1). Man nimmt an, dass die MGN durch Antikörper verursacht wird, die gegen verschiedene Antigene (bei 70-80% M-Typ des Phospholipase A2-Rezeptors = PLA2R) auf den Podozyten der Glomeruli gerichtet sind (2) und die sich dann als Immunkomplexe unterhalb der Podozyten (= subepithelial) ablagern. Die Menge dieser Immunkomplexe korreliert mit der Krankheitsaktivität (2).
Bei Patienten, bei denen die MGN nicht spontan remittiert, ist eine immunsuppressive Therapie indiziert. Mit Glukokortikosteroiden und Cyclophosphamid wird meist eine – teils aber nur partielle – Remission des nephrotischen Syndroms erzielt. Diese Therapie ist jedoch mit Hyperglykämien, Knochenmarktoxizität, Unfruchtbarkeit und häufigerer Entwicklung bösartiger Erkrankungen assoziiert (3). Calcineurin-Inhibitoren, wie z.B. Ciclosporin, sind ebenfalls wirksam und die derzeit bevorzugte Therapie in den USA und Kanada (4). Sie ist aber mit häufigeren Rezidiven nach Absetzen der Therapie und mit schwerwiegenden Nebenwirkungen (NW) wie Hypertonie und Nephrotoxizität assoziiert.
Entsprechend der Dysfunktion der B-Zellen mit Produktion organspezifischer Autoantikörper und Ablagerung von Immunkomplexen scheint eine Therapie plausibel, die spezifischer gegen B-Zellen gerichtet ist als die etablierten Regime.
Unkontrollierte Studien zeigen eine gute Wirksamkeit des chimären monoklonalen Anti-CD20-Antikörpers Rituximab (5-8; vgl. 12). Eine randomisierte Studie, in der Rituximab mit einer supportiven Therapie (s.u.) verglichen wurde, zeigte eine höhere Remissionsrate nach 1-2 Jahren in der Rituximab-Gruppe (9). In der gerade veröffentlichten MENTOR-Studie der Mayo Clinic wurde Rituximab mit Ciclosporin verglichen (10).
Methodik: Das Design und die Durchführung dieser Studie (offen, randomisiert, Nicht-Unterlegenheit von Rituximab, Beteiligung von 22 nordamerikanischen Zentren), sowie die Auswertung der Daten oblag allein den Autoren. Genentech und die Fulk Family Foundation finanzierten die Kosten von Rituximab; Ciclosporin wurde zum Marktpreis eingekauft.
Insgesamt wurden 130 von 182 gescreenten Patienten (18-80 Jahre) mit bioptisch gesicherter MGN eingeschlossen. Das Biopsiematerial wurde mit Licht-, Immunfluoreszenz- und Elektronenmikroskopie untersucht. Alle Patienten hatten eine große Proteinurie (> 5 g/d) und erhielten die bestmögliche supportive Therapie, die eine Behandlung mit Renin-Angiotensin-Antagonisten, Salz- (< 4 g/d) und Proteinrestriktion (0,8-1 g Protein pro kg KG/d) einschloss. Der Blutdruck wurde auf < 130/80 mm Hg eingestellt. Nur Patienten, die nach einer solchen dreimonatigen Therapie noch eine Proteinurie von > 5 g/d hatten und deren errechnete Kreatinin-Clearance stabil bei ≥ 40 ml/min/1,73 m2 lag, wurden in die Studie aufgenommen und 1:1 in zwei Arme randomisiert. PLA2R-Antikörper waren bei 50 bzw. 46% positiv. Die Kreatinin-Clearance lag im Mittel bei 84,9 bzw. 87,4 ml/min/1,73 m2, entsprechend einem mittleren Serum-Kreatinin von jeweils 1,3 ± 0,4 mg/ml.
Die Patienten des einen Arms erhielten zwei Infusionen von je 1.000 mg Rituximab an Tag 1 und 15. Die Infusion wurde nach 6 Monaten wiederholt, wenn es bis dahin nicht zur kompletten Remission des nephrotischen Syndroms gekommen war (Definition: Proteinurie ≤ 0,3 g/d, Serum-Albumin ≥ 3,5 g/dl). Im anderen Arm erhielten die Patienten Ciclosporin (3,5 mg/kg KG/d geteilt in zwei gleiche Dosen) für 12 Monate. Wenn nach 6 Monaten eine komplette Remission des nephrotischen Syndroms eingetreten war, wurde die Dosis vermindert und Ciclosporin schließlich abgesetzt. Die Patienten wurden 24 Monate mit mehrfachen Visiten und Kontrollen der Proteinurie, der Nierenfunktion und des PLA2R-Antikörper-Status weiterverfolgt. Der primäre Endpunkt war zusammengesetzt aus kompletter und partieller Remission der Proteinurie nach 24 Monaten.
Ergebnisse: Nach 12 Monaten hatten 39 der 65 Patienten (60%) in der Rituximab-Gruppe und 34 der 65 (52%) in der Ciclosporin-Gruppe eine komplette oder partielle Remission (Risikodifferenz: 8 Prozentpunkte; 95%-Konfidenzintervall = CI: -9 bis 25; p = 0,004 für Nichtunterlegenheit). Nach 24 Monaten hatten nach wie vor 39 Patienten (60%) in der Rituximab-Gruppe, dagegen nur noch 13 von 65 (20%) in der Ciclosporin-Gruppe eine komplette oder partielle Remission (Risikodifferenz: 40 Prozentpunkte; CI: 25 bis 55; p < 0,001 für Nichtunterlegenheit und Überlegenheit). Die Konzentration der PLA2R-Antikörper sank unter Rituximab schneller und stärker ab als unter Ciclosporin und war auch assoziiert mit einem stärkeren Rückgang der Proteinurie.
Schwerwiegende NW traten bei 11 Patienten (17%) in der Rituximab-Gruppe und bei 20 (31%) in der Ciclosporin-Gruppe auf (p = 0,06). Dadurch mussten 7 (11%) in der Ciclosporin-Gruppe die Therapie beenden. Die häufigsten NW in der Ciclosporin-Gruppe waren Nephrotoxizität und gastrointestinale Beschwerden.
In einem begleitenden Editorial zweier renommierter italienischer Nephrologen erhalten die Untersucher für ihre sorgfältig geplante und gut durchgeführte Studie Anerkennung (11). Patienten mit MGN könne jetzt – fast 20 Jahre nach ersten, von den Autoren des Editorials publizierten Ergebnissen, dass Rituximab Remissionen induzieren kann (vgl. 12) – evidenzbasiert eine effektive und im Vergleich zu Ciclosporin nebenwirkungsärmere Therapie angeboten werden. Rituximab ist allerdings für die Behandlung der MGN nicht zugelassen.
Fazit: Rituximab ist ebenso gut wirksam wie Ciclosporin hinsichtlich der Induktion einer Remission des nephrotischen Syndroms bei membranöser Glomerulonephritis und wirksamer, eine Remission aufrecht zu erhalten. Tendenziell treten auch weniger Nebenwirkungen auf.
Literatur
- Troyanov, S., et al.: Kidney Int. 2004, 66, 1199. Link zur Quelle
- Beck, L.H. Jr., et al.: N. Engl. J. Med. 2009, 361, 11. Link zur Quelle
- Cattran, D.C., et al.: Kidney Int. 2001, 59, 1484. Link zur Quelle
- Alfaadhel, T., und Cattran, D.: Kidney Dis. (Basel) 2015, 1, 126. Link zur Quelle
- Ruggenenti, P., et al.: J. Am. Soc. Nephrol. 2012, 23, 1416. Link zur Quelle
- Fervenza, F.C., et al.: Clin. J. Am. Soc. Nephrol. 2010, 5, 2188. Link zur Quelle
- Fervenza, F.C., et al.: Kidney Int. 2008, 73, 117. Link zur Quelle
- Remuzzi, G., et al: Lancet 2002, 360, 923. Link zur Quelle. Erratum: Lancet 2002, 360, 2090.
- Dahan, K., et al.: J. Am. Soc. Nephrol. 2017, 28, 348. Link zur Quelle
- Fervenza, F.C., et al. (MENTOR = MEmbranous Nephropathy Trial Of Rituximab): N. Engl. J. Med. 2019, 381, 36. Link zur Quelle
- Ruggenenti, P., und Remuzzi, G.: N. Engl. J. Med. 2019, 381, 86. Link zur Quelle
- Remuzzi, G., et al.: Lancet 2002, 360, 923. Vgl. AMB 2002, 36, 87a. Link zur Quelle AMB 2003, 37, 24b. Link zur Quelle