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Sport zur Behandlung der primären Dysmenorrhö

Die primäre Dysmenorrhö ist definiert als schmerzhafte Monatsblutung ohne identifizierbare Veränderung der Genitalorgane. Die Beschwerden setzen meist kurz nach der Menarche mit dem Auftreten regelmäßiger ovulatorischer Zyklen ein. Ursächlich wird eine erhöhte Produktion von Prostaglandinen und Leukotrienen diskutiert, die zu verstärkten Gebärmutterkontraktionen und einer schmerzhaften Minderdurchblutung der Uterusschleimhaut führt. Mit zunehmendem Alter und nach einer Geburt nehmen die Beschwerden üblicherweise ab (1). Im Unterschied zur primären Dysmenorrhö wird eine sekundäre Dysmenorrhö durch Organveränderungen oder Erkrankungen ausgelöst, beispielsweise Myome oder Endometriose. Dysmenorrhö ist bei Jugendlichen und jungen Frauen die häufigste Ursache für eine gynäkologische Vorstellung (2). Querschnittstudien geben eine Prävalenz von 50-75% an, für starke Dysmenorrhö 7-15%. Bis zu 50% junger Frauen berichten von Schulausfall wegen Regelschmerzen. Zur symptomatischen Therapie werden Paracetamol oder nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) empfohlen, sowie insbesondere bei Verhütungswunsch auch hormonale Kontrazeptiva (2-4). NSAID scheinen bei Dysmenorrhö wirksam zu sein, sind jedoch mit Nebenwirkungen assoziiert, u.a. gastrointestinalen Beschwerden (5). Außerdem wird zu physischer Aktivität geraten, die über einen Anstieg antiinflammatorischer Zytokine oder verminderte Kortisol-Sekretion zu einer verringerten Prostaglandin-Synthese führen soll. In einer Cochrane-Übersichtsarbeit wurde nun die vorliegende Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit von Sport im Vergleich zu anderen Therapieoptionen bei primärer Dysmenorrhö untersucht (6).

Die Autoren suchten in mehreren Studienregistern und Datenbanken nach randomisierten kontrollierten Studien (RCT), in denen Frauen mit mittelschwerer bis schwerer primärer Dysmenorrhö – definiert durch Einschränkung der Aktivitäten des täglichen Lebens und/oder Schmerzintensität > 40 mm auf einer 100 mm umfassenden visuellen Analogskala (= VAS) – einem Studienarm mit Sport zugeordnet wurden oder einem Studienarm mit einer anderen Therapieoption, darunter NSAID, orale Kontrazeptiva und keine Behandlung. Als primäre Endpunkte der Studie wurden die Intensität der Menstruationsschmerzen und Nebenwirkungen festgelegt, beispielsweise Verletzungen beim Sport. Zu den sekundären Endpunkten gehörten Menstruationssymptome insgesamt, der Einsatz von Rescue-Analgetika, die Einschränkung der Aktivitäten des täglichen Lebens, die Lebensqualität sowie das Fehlen bei der Arbeit oder in der Schule.

Eingeschlossen wurden insgesamt 12 Studien aus 6 verschiedenen Ländern mit 854 Frauen; davon wurden in einer Metaanalyse 10 Studien mit 754 Frauen analysiert. Die Frauen waren im Durchschnitt < 30 Jahre alt. Die Qualität der Studien wurde als schlecht bewertet, hauptsächlich aufgrund kleiner Patientenzahlen (40-150 Patientinnen pro Studie) und der Gefahr für eine Verzerrung (Bias) wegen fehlender Verblindung. Neun der 10 Studien verglichen Sport mit keiner Behandlung, eine Studie verglich Sport mit dem NSAID Mefenaminsäure (in Deutschland nicht zugelassen). Zum Vergleich mit oraler Kontrazeption wurde keine Studie gefunden. Zu den eingesetzten Sportarten gehörten Stretching und Yoga ebenso wie Zumba und Aerobic, die in den meisten Studien mindestens dreimal pro Woche über 45-60 Minuten durchgeführt werden mussten.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Sport im Vergleich zu keiner Behandlung zu einer deutlichen Abnahme der Intensität der Menstruationsschmerzen führt (standardisierte mittlere Differenz = SMD: -1,86; 95%-Konfidenzintervall = CI: -2,06 bis -1,66). Dies entspricht einer Reduktion um 25 mm auf einer 100 mm VAS. Sport führte auch im Vergleich zu dem NSAID Mefenaminsäure zu einer deutlicheren Abnahme der Schmerzintensität (MD: -7,40; CI: -8,36 bis -6,44). Wegen des hohen Bias-Risikos der Studie sind sich die Autoren hinsichtlich der Verlässlichkeit dieses Ergebnisses jedoch unsicher.

Zu Nebenwirkungen und zu den sekundären Endpunkten fanden sich in allen Studien insgesamt nur sehr wenige oder überhaupt keine Daten, sodass eine Beurteilung nicht möglich ist.

Fazit: Die Ergebnisse einer Cochrane-Übersichtsarbeit weisen darauf hin, dass Sport bei primärer Dysmenorrhö eine klinisch relevante Verringerung der Intensität von Menstruationsschmerzen bewirken kann. In Anbetracht der gesundheitlichen Vorteile insgesamt und dem geringen Risiko für Nebenwirkungen bei den überwiegend jüngeren Frauen kann aus unserer Sicht Sport allein oder ergänzt durch ein NSAID zur Behandlung der primären Dysmenorrhö empfohlen werden.

Literatur

  1. Zhou, S. und Wang, H.: Reprod. Dev. Med. 2018, 2, 171. Link zur Quelle
  2. https://www.kindergynaekologie.de/ fachwissen/korasion/2013/ pathophysiologie-und-therapeutische-optionen/ Link zur Quelle
  3. Burnett, M., und Lemyre, M.: J. Obstet. Gynaecol. Can. 2017, 39, 585. Link zur Quelle
  4. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/016-001.html Link zur Quelle
  5. Marjoribanks, J., et al.: Cochrane Database of Systematic Reviews 2015. Link zur Quelle
  6. Armour, M., et al.: Cochrane Database of Systematic Reviews 2019. Link zur Quelle