In Deutschland leben ca. 100.000 Patienten mit Lungenfibrose (Übersicht bei 1). Im Prinzip wird bei dieser Krankheitsgruppe funktionelles Lungengewebe durch Bindegewebe ersetzt. Dieser Prozess dauert meist Jahre bis Jahrzehnte, wobei eine Vielzahl von Grunderkrankungen zu einer Lungenfibrose führen können ([1]). Die idiopathische Form (Idiopathische Lungenfibrose = IPF) ist besonders rasch progredient, irreversibel und hat eine beträchtliche Letalität ([2], [3]). Idiopathisch heißt in diesem Zusammenhang, dass die Ursache nicht oder nicht mehr eindeutig zugeordnet werden kann. Es wird aber angenommen, dass die pathogenetischen Prozesse bei der IPF die gleichen sind wie bei den Lungenfibrosen bei Grunderkrankungen ([1]). Die IPF wird meist im Alter zwischen 50-75 Jahren diagnostiziert. Sie kann sporadisch, aber auch familiär gehäuft auftreten. Da der Anteil der Raucher bei der IPF sehr hoch ist, wird ein Zusammenhang als sehr wahrscheinlich angesehen, wobei pathogenetisch hier der Weg über die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) führt. Die aktuellen Erfahrungen mit der schweren COVID-19-Pneumonie haben jedoch gezeigt, dass es auch in wenigen Wochen bis Monaten zur Lungenfibrose kommen kann. Dies unterstreicht eindrucksvoll, dass – zumindest zu Beginn – entzündliche Prozesse auch bei der IPF eine entscheidende Rolle spielen ([4], [5], [6]). Eine kurative Therapie ist nur durch Lungentransplantation möglich, aber wegen beschränkter Ressourcen und hoher Risiken nur bei ausgewählten Patienten; Patienten > 65 Jahre scheiden per se aus. Bisher gibt es nur zwei zugelassene antifibrotisch wirkende Medikamente, die das Fortschreiten der IPF verlangsamen, aber nicht aufhalten können: Nintedanib und Pirfenidon ([7], [8], [9]). Weitere Substanzen, die alleine oder in Kombination wirksam sind, werden dringend benötigt ([10]).
Phosphodiesterase-4(PDE4)-Inhibitoren wirken antientzündlich und antifibrotisch ([11], [12]). Substanzen dieser Wirkstoffgruppe, die überwiegend den Subtyp PDE4B hemmen, scheinen Vorteile gegenüber den nicht-selektiven Inhibitoren zu haben. Sie wirken stärker und haben weniger Nebenwirkungen ([11], [13]). Kürzlich wurden Ergebnisse einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden Phase-II-Studie an Patienten mit IPF publiziert, die eine Behandlung mit dem überwiegend den Subtyp PDE4B hemmenden PDE4-Inhibitor BI 1015550 erhielten ([14]). Da die Rekrutierung vieler Patienten mit dieser Erkrankung generell schwierig ist, benutzten die Autoren eine besondere Analyse („Bayesian statistics“), um auch historische Patienten und Kontrollen aus den Studien mit Nintedanib in die Auswertung aufzunehmen ([15], [16]). Eine wichtige Messgröße zur Beurteilung des Verlaufs ist die forcierte Vitalkapazität (FVC).
Methodik: In der Studie ([14]) wurden Sicherheit und Wirksamkeit von BI 1015550 (18 mg oral zweimal täglich) gegen Plazebo bei Patienten mit der Diagnose IPF (nach internationalen Kriterien) mit und ohne bestehende antifibrotische Therapie verglichen (4 Gruppen). Die Patienten, die > 40 Jahre alt sein mussten, wurden 2:1 randomisiert. Der primäre Endpunkt war die Änderung der FVC in Woche 12 nach Beginn. Eine bestehende antifibrotische Therapie (Nintedanib oder Pirfenidon) durfte fortgeführt werden, wenn sie schon mindestens 8 Wochen vor Einschluss bestanden hatte. Patienten mit Obstruktion, Infektionen der Atemwege oder Lunge in den letzten 4 Monaten wurden ausgeschlossen, ebenso solche, die > 15 mg/d Prednisolon einnahmen. Die Studie wurde vom pharmazeutischen Unternehmer Boehringer Ingelheim finanziert.
Ergebnisse: Das mediane Alter der Patienten (71% Männer) war etwa 70 Jahre. Der Anteil an früheren Rauchern betrug zwischen 54 und 80% und der Anteil aktueller Raucher zwischen 0 und 3%. Insgesamt wurden 147 Patienten randomisiert; 48 Patienten ohne bestehende antifibrotische Therapie erhielten Verum und 25 Plazebo, 49 mit antifibrotischer „Background“-Therapie erhielten Verum und 25 Plazebo. Bei den Patienten ohne „Background“-Therapie war die mediane Änderung der FVC 5,7 ml (95%-Konfidenzintervall = CI: -39,1 bis +50,5) in der Verum-Gruppe und -81,7 ml (CI: -133,5 bis -44,8) in der Plazebo-Gruppe (mediane Differenz: 88,4 ml; CI: 29,5 bis 154,2; Wahrscheinlichkeit, dass BI 1015550 Plazebo überlegen ist: 0,998). Bei Patienten mit einer antifibrotischen „Background“-Therapie war die mediane Änderung der FVC 2,7 ml (CI: -32,8 bis 38,2) in der Verum- und -59,2 ml (CI: -111,8 bis -17,9) in der Plazebo-Gruppe (mediane Differenz: 62,4 ml; CI: 6,3 bis 125,5; Wahrscheinlichkeit, dass BI 1015550 Plazebo überlegen ist: 0,986). Ein gemischtes Modell mit wiederholten Messungen ergab ähnliche Ergebnisse wie die Bayessche Analyse. Insgesamt brachen 13 Patienten die Behandlung mit BI 1015550 ab. Die häufigste Nebenwirkung (NW) war Diarrhö, und schwere NW waren in beiden Gruppen etwa gleich häufig.
In der Diskussion der Studie wird darauf hingewiesen, dass PDE4-Inhibitoren mit dem Auftreten von Vaskulitiden in Zusammenhang gebracht wurden. Auch wenn in dieser relativ kurzen Studie keine Vaskulitis auftrat, muss in folgenden Phase-III-Studien besonders darauf geachtet werden. Ebenso sollten weitere, patientenrelevante Endpunkte einbezogen werden, wie beispielsweise die Lebensqualität, die Gehstrecke oder das Überleben.