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Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel

Crizotinib (Xalkori®) wurde in einem neuen Anwendungsgebiet bewertet: zur Erstlinienbehandlung des Anaplastische-Lymphom-Kinase(ALK)-positiven, fortgeschrittenen, nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (non small cell lung cancer, NSCLC; 1, vgl. 2). Ebenso wie in der Therapie vorbehandelter Patienten stellte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen fest, hier im Vergleich zu einer Platin-basierten Chemotherapie (Cisplatin oder Carboplatin plus Pemetrexed). Grundlage der Bewertung war eine randomisierte kontrollierte Studie mit 343 noch nicht therapierten Patienten, in der das progressionsfreie Überleben (PFS) in der Crizotinib-Behandlungsgruppe gegenüber der Kontroll-Gruppe statistisch signifikant um im Median 3,9 Monate verlängert war (10,9 Monate vs. 7,0 Monate). Außerdem zeigte sich eine Verlängerung der Zeit bis zur Verschlechterung der Symptomatik (Dyspnoe, Husten und Schmerzen) und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Für das Gesamtüberleben zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Crizotinib ca. 74.000 €, für Cisplatin und Pemetrexed ca. 73.000 €.

Die Fixkombination aus den Wirkstoffen Elvitegravir, Cobicistat, Emtricitabin und Tenofoviralafenamid (Genvoya®) ist als Therapie für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahre zugelassen, die mit dem Humanen Immundefizienz-Virus Typ 1 (HIV-1) infiziert sind (3). Der G-BA stellte für noch nicht therapierte und vortherapierte Erwachsene und Jugendliche keinen Zusatznutzen fest im Vergleich zur jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie. Die Jahrestherapiekosten für das Kombinationspräparat betragen ca. 13.000 €, für z.B. eine individuelle antiretrovirale Therapie bei vorbehandelten Erwachsenen 10.000-21.000 €.

Rilpivirin (Edurant®) ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Wirkstoffen indiziert für die Behandlung von HIV-1-Infektionen bei antiretroviral nicht vorbehandelten Patienten mit einer Viruslast von ≤ 100.000 HIV-1-RNA-Kopien/ml (4, vgl. 5). Der Nutzen wurde in einem neuen Anwendungsgebiet bewertet: im Altersbereich von 12 bis einschließlich 17 Jahren. Im Vergleich zu einer Therapie mit Efavirenz in Kombination mit Abacavir plus Lamivudin sah der G-BA einen Zusatznutzen als nicht belegt an. Grundlage der Nutzenbewertung war die einarmige, unverblindet durchgeführte Phase-II-Zulassungsstudie mit 36 Patienten im Alter von ≥ 12 bis < 18 Jahren. Nur 28 der 36 Patienten entsprachen der Population im Anwendungsgebiet und hatten zu Beginn der Studie eine Viruslast von ≤ 100.000 HIV-1-RNA-Kopien/ml. Ein indirekter Vergleich wurde aufgrund erheblicher methodischer Defizite nicht berücksichtigt (u.a. ungleiche Studienpopulationen, unterschiedliche Operationalisierung von Endpunkten). Die Jahrestherapiekosten betragen für Rilpivirin ca. 5.100 €, für Efavirenz ca. 2.600 €.

Efmoroctocog alfa (Elocta®) ist angezeigt zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A (angeborener Faktor VIII-Mangel; 6). Der G-BA stellte fest, dass im Vergleich zu rekombinanten oder aus humanem Plasma gewonnenen Blutgerinnungsfaktor-VIII-Präparaten ein Zusatznutzen nicht belegt ist. Der pharmazeutische Unternehmer legte ausschließlich einen nicht-adjustierten historischen Vergleich vor, durch den laut G-BA patientenrelevante Vorteile nicht belegt werden konnten. Die Jahrestherapiekosten betragen für Efmoroctocog alfa je nach Alter der Behandelten ca. 59.000-1.080.000 €, für z.B. Octocog alfa ca. 240.000-710.000 €.

Sacubitril/Valsartan (Entresto®) ist bei erwachsenen Patienten zur Behandlung einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion zugelassen (7, vgl. 8). Im Vergleich zu Enalapril (ebenso wie Sacubitril/Valsartan in Kombination mit einem Betablocker) stellte der G-BA für Patienten ohne Diabetes mellitus einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen fest, für Patienten mit Diabetes mellitus einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen. Grundlage der Bewertung war die Zulassungsstudie, in der laut G-BA die positiven Effekte hinsichtlich der Sterblichkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität den negativen Effekt bei den nicht schweren Nebenwirkungen (Hypotonie) überwogen. Der G-BA sah die Aussagesicherheit der Studie u.a. durch die sequenzielle Run-in-Phase beeinträchtigt, die zu einer Unterschätzung von unerwünschten Ereignissen führen kann. Die Studiendaten zeigten einen weniger ausgeprägten Zusatznutzen bei Diabetikern. Für bisher nicht mit einem ACE-Hemmer oder einem AT-II-Rezeptor-Blocker behandelte Patienten wurden keine validen Daten vorgelegt. Die Jahrestherapiekosten für Sacubitril/Valsartan betragen etwa 2.400 €, für einen ACE-Hemmer ca. 50-140 €.

Literatur

  1. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2621/ Link zur Quelle
  2. AMB 2013, 47, 47. Link zur Quelle
  3. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2619/ Link zur Quelle
  4. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2616/ Link zur Quelle
  5. AMB 2014, 48, 87b Link zur Quelle. AMB 2012, 46, 64 Link zur Quelle . AMB 2011, 45, 75. Link zur Quelle
  6. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2615/ Link zur Quelle
  7. https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/2614/ Link zur Quelle
  8. AMB 2016, 50, 33 Link zur Quelle. AMB 2014, 48, 75. Link zur Quelle