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Benzodiazepine i.m. oder i.v. beim Status epilepticus?

Der Status epilepticus (generalisierte tonisch-klonische Anfälle) ist ein neurologischer Notfall. Er ist durch die Dauer des epileptischen Anfalls oder einer Serie davon definiert (1). Die deutsche Leitlinie beschreibt die Unterbrechung des Krampfanfalls als „vorrangiges Therapieziel” und empfiehlt die i.v. Injektion von Benzodiazepinen und bei fehlendem i.v. Zugang die rektale Gabe. Die i.m. Applikation wird ebenfalls erwähnt: „Falls indiziert, Midazolam i.m. … möglich”.

Das amerikanische Neurological Emergencies Treatment Trials-Netzwerk initiierte eine randomisierte, doppeltblinde Studie, die die Nicht-Unterlegenheit von Midazolam i.m. gegenüber Lorazepam i.v. zeigen sollte (2). Die primäre Zielgröße war das Sistieren des Krampfanfalls (ohne Gabe weiterer Medikamente) bei Ankunft in der Notaufnahme. Sekundäre Zielgrößen waren erforderliche Intubation während der ersten 30 Minuten in der Notaufnahme, Hospitalisation, erforderliche Aufnahme auf Intensivstation, erneute epileptische Anfälle innerhalb von 12 Stunden und verschiedene Zeitintervalle.

So wurde praktisch vorgegangen: Jeder Patient erhielt unter Verwendung einer vorbereiteten, die Verblindung und Randomisierung gewährleistenden Behandlungsbox zunächst eine i.m. Injektion von Midazolam (10 mg) oder Plazebo und anschließend entsprechend entweder eine i.v. Injektion von Plazebo bzw. Lorazepam (4 mg).

Beim Eintreffen in der Notaufnahme waren die epileptischen Anfälle beendet bei 329 (73,4%) der 448 Patienten in der Midazolam-Gruppe und bei 282 (63,4%) der 445 Patienten der Lorazepam-Gruppe. Mit der absoluten Differenz von zehn Prozentpunkten (95%-Konfidenzintervall: 4-16%) war die i.m. der i.v. Applikation sogar überlegen. Auch bei den sekundären Endpunkten zeigten sich tendenziell Vorteile der i.m. Therapie (s. Tab. 1).

Interessant war auch der zeitliche Ablauf: Vom Öffnen des Randomisierungspakets bis zur i.m. Injektion vergingen im Median 1,2 Minuten, bis zur i.v. Injektion jedoch 4,8 Minuten. Bis der Anfall beendet war, dauerte es bei der i.v. Therapie 1,6 Minuten, bei der i.m. dagegen 3,3 Minuten.

Fazit: Die i.m. Injektion von Midazolam beim Status epilepticus war in dieser Studie der i.v. von Lorazepam nicht unterlegen, sogar überlegen. Dieses Ergebnis könnte dadurch beeinflusst worden sein, dass die i.m. Injektion etwas früher möglich war als die i.v. Für die Übertragbarkeit dieser Resultate auf deutsche Verhältnisse ist es also wichtig, ob hiesigen Rettungssanitätern, -assistenten und Notärzten (letztere spielen im amerikanischen Rettungswesen keine Rolle) die i.v. Injektion rascher gelingt.

Literatur

  1. Leitlinien fürDiagnostik und Therapie in der Neurologie. 4., überarbeitete Auflage. 2008, S.654 ff. ISBN 978-3-13-132414-6; Georg Thieme Verlag Stuttgart.
  2. Silbergleit,R., et al. (RAMPART = Rapid Anticonvulsant Medication Priorto ARrival Trial): N. Engl. J. Med., 366, 591. Link zur Quelle

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