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Die elektronische Zigarette: unkalkulierbare Gesundheitsrisiken

„Wer einmal elektronisch geraucht hat, will keine echte Zigarette mehr haben”. So ähnlich schwärmen englische Geschäftsleute auf Reuters Health von der E-Zigarette (1). Das elektrische Dampfen (Vaping) ist mittlerweile „trendy” geworden. Ein „Starterset” erhält man bei Amazon bereits für 25 €, man kann aber auch mehrere Hundert Euro für stabilere Technologien und Verzierungen mit Swarovski-Steinen ausgeben. Auch Halbwüchsige werden immer häufiger in der Raucherecke ihrer Schule beim Vaping gesichtet. Offenbar gehen viele davon aus, dass es unschädlich ist.

So eine E-Zigarette besteht aus einem Akku, einem Verdampfer, einer Heizspirale und einem Depot mit Flüssigkeit, dem Liquid. Dieses wird im Verdampfer auf Knopfdruck oder durch Ansaugen auf 65-120°C erhitzt und als Aerosol inhaliert. Es gibt die Liquids mit oder ohne Nikotin, in verschiedenen Stärken und in allen möglichen Geschmacksrichtungen: Melone, Kirsch, Pina colada, Energy oder gar Multivitamin. Die genaue Zusammensetzung ist oft nicht eindeutig deklariert und „Vertrauenssache”. Die Trägersubstanz des Liquids ist Propylenglykol, ein wasserbindendes Erdölderivat, das auch in Diskotheken für Nebeleffekte verwendet wird. Was in der Lunge mittel- und langfristig mit den Geschmacks- und Trägerstoffen passiert, ist noch völlig unklar (2). Sicher ist nur, dass weder Propylenglykol noch künstliche Pina-colada-Aromen in die Alveolen gehören.

Trotzdem wird die E-Zigarette als saubere Alternative zum Zigarettenrauchen angepriesen, weil beim Verdampfen nicht Hunderte von Verbrennungsprodukten entstehen und bislang auch keine kanzerogenen Stoffe nachgewiesen wurden. Außerdem wird argumentiert, dass man durch das Vaping viele Raucher von der Zigarette wegbekommen würde. Da das klassische Rauchen das mit Abstand schlimmste Gesundheitsrisiko überhaupt sei, sei die E-Zigarette somit nicht nur eine saubere, sondern auch eine gesunde Alternative zur Zigarette.

Die in den letzten Jahren mehr und mehr in die Defensive geratenen Tabakhersteller engagieren sich mittlerweile alle im Bereich „E-smoke” und haben viele hundert Mio. Dollar in diese Technologie investiert. In altbekannter Manier wird die E-Zigarette vermarktet. Hollywoodstars wie Johnny Depp, Leonardo DiCaprio, Robert Pattinson und Paris Hilton treten in der Öffentlichkeit und in Filmen mit E-Zigaretten auf – selbstverständlich nur weil sie sich ihrer Vorbildfunktion für junge Menschen bewusst sind und sie vom klassischen Rauchen abhalten wollen.

Laut Marktanalysen betrug der weltweite Umsatz mit elektrischen Rauchsystemen im vergangenen Jahr bereits 2 Mrd. US-$. Einige Analysten erwarten, dass es in 10 Jahren mehr Vapers als Raucher geben wird. Wenn es für Phillip Morris und Co gut läuft, dann wird das saubere Image der E-Zigarette dazu führen, dass die Nikotinabhängigkeit detoxifiziert und Rauchen wieder gesellschaftsfähig wird. Dann darf möglicherweise am Arbeitsplatz oder im Flugzeug wieder gequalmt werden. Derzeit ist die Diskussionslage leider so, dass von den Skeptikern erwartet wird, die Schädlichkeit der Technologie nachzuweisen und nicht, wie es eigentlich richtig wäre, dass die Hersteller und Befürworter der E-Zigarette die Unschädlichkeit belegen.

In Deutschland ist die Klassifizierung dieses Produkts nicht klar und die Rechtslage verwirrend. Die Bundesregierung hatte im März 2012 die E-Zigarette als Arzneimittel eingestuft (3). Im Juni 2013 jedoch befand das Verwaltungsgericht München nach Klage eines Herstellers, dass es sich bei der E-Zigarette weder um ein Arzneimittel noch um ein Medizinprodukt handle (4). Jetzt hat das Landgericht Frankfurt geurteilt, die E-Zigarette sei ein Tabakprodukt und der Handel damit verstoße wegen der Zusätze gegen das Tabakgesetz und nicht – wie von der Staatsanwaltschaft angenommen – gegen das Arzneimittelgesetz (5).

Österreich hat 2007 eindeutig Stellung bezogen. Dort unterliegen die E-Zigaretten seit 2007 den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) sowie des Medizinproduktegesetzes (MPG). Nikotinhaltige Liquids sind also Arzneimittel und müssen als solche zugelassen werden. Dies dürfte aber kaum möglich sein, da die Indikation ja nur die Raucherentwöhnung sein kann. Allerdings sind die Einfuhr und der Konsum von Nikotin-Liquids nicht strafbar. Nicht-nikotinhaltige Liquids sind in Trafiken und Apotheken erhältlich. Die Inhalatoren dürfen nur dann in Österreich verkauft werden, wenn sie als Medizinprodukt zertifiziert wurden (CE-Mark). Bislang können nicht-zertifizierte Inhalatoren und nikotinhaltige Liquids jedoch sehr einfach aus dem Ausland online gekauft werden.

Die WHO lehnt die E-Zigaretten wegen unkalkulierbarer Gesundheitsrisiken ab und nimmt die nationalen Gesundheitsbehörden in die Pflicht. In Brasilien, Norwegen und Singapur sind E-Zigaretten verboten und Frankreich plant, diese genauso wie konventionelle Zigaretten zu behandeln. In der EU gibt es nun Pläne, wonach die E-Zigaretten ab 2016 in ganz Europa als nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gehandhabt werden sollen. Eine damit verbundene Apothekenpflichtigkeit böte zumindest die Möglichkeit, den Zugang sowie den Nikotingehalt und die Begleitstoffe zu kontrollieren. Warum die Kommission jedoch noch drei Jahre warten will, ist nicht klar. Vermutlich ist das ein Zugeständnis an die Tabakindustrie, die nun genügend Zeit für ihre Lobbyarbeit und eine breite Markteroberung hat.

Literatur

  1. http://in.mobile.reuters.com/article/businessNews/idINBRE95C0F920130613?i=5 Link zur Quelle
  2. http://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2012/dezember/elektronische-zigarette-auf-dem-pruefstand.html Link zur Quelle
  3. http://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/nichtrauchen/news/zulassung-als-arzneimittel-unmoeglich-das-aus -fuer-die-e-zigarette-_aid_719574.html Link zur Quelle
  4. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/54752/E-Zigarette-ist-kein-Medizinprodukt Link zur Quelle
  5. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/urteil-in-frankfurt-gericht-stuft-e-zigarette-als- tabakprodukt-ein-a-907590.html Link zur Quelle