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Zweifache oder dreifache Gerinnungshemmung bei Vorhofflimmern und akutem Herzinfarkt oder Anlage eines koronaren Stents?

Kürzlich haben wir über die bemerkenswerten Resultate der WOEST-Studie berichtet (1). In ihr wurden Patienten mit vorbestehender Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) nach Implantation eines koronaren Stents untersucht. Dabei fand sich unter der nachfolgenden dualen antikoagulatorischen Therapie (DT) mit VKA plus Clopidogrel, verglichen mit einer Triple-Therapie (TT) mit VKA plus Clopidogrel plus Azetylsalizylsäure (ASS), nicht nur eine niedrigere Blutungsrate, auch der kombinierte Endpunkt, bestehend aus Tod, Myokardinfarkt, Stent-Thrombose oder Schlaganfall, wurde seltener erreicht. Eine Empfehlung für eine generelle Änderung des aktuellen leitliniengemäßen Vorgehens leiteten wir in Übereinstimmung mit der Meinung internationaler Experten aus dieser verhältnismäßig kleinen Studie (284 vs. 279 Patienten) nicht ab (vgl. 1, 2).

Nun wurde eine weitere Analyse publiziert, die diese Resultate zu bestätigen scheint (3). Aus nationalen dänischen Registern wurden Daten von 12.165 Patienten (mittleres Alter 76 Jahre; 61% Männer) aus den Jahren 2001 bis 2009 analysiert. Alle hatten Vorhofflimmern und wurden wegen Myokardinfarkt (MI) oder einer Koronarintervention (PCI) stationär aufgenommen. Die antithrombotische Therapie war heterogen. Insgesamt 4627 Patienten erhielten eine antithrombotische Monotherapie (ASS oder Clopidogrel oder VKA), insgesamt 5642 eine duale antithrombotische Therapie (3590 ASS plus Clopidogrel; 1504 VKA plus ASS; 548 VKA plus Clopidogrel) und 1896 Patienten eine TT (VKA plus ASS plus Clopidogrel). Untersucht wurden die Endpunkte Gesamtletalität, Myokardinfarkt oder Tod aus koronarer Ursache, Schlaganfall sowie Blutungskomplikationen innerhalb eines Jahres unter den verschiedenen Therapiekombinationen. Diese Endpunkte traten im Gesamtkollektiv bei 19,4%, 18,5%, 5,6% bzw. 6,3% auf.

Der Vergleich der Endpunkte unter DT mit denen unter TT (s. Tab. 1) weist darauf hin, dass – wie in der WOEST-Studie – die TT mit VKA plus ASS plus Clopidogrel bei gleichem Blutungsrisiko protektiv nicht wirksamer war als die DT mit VKA plus Clopidogrel (d.h. ohne ASS). Bemerkenswert ist, dass die Gesamtletalität unter DT mit VKA plus ASS sowie mit Clopidogrel plus ASS zwar höher war, Blutungskomplikationen aber signifikant seltener auftraten als unter TT. Die DT mit Clopidogrel plus ASS war mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert. Dass – im Gegensatz zur WOEST-Studie – in dieser Registeranalyse die Blutungsraten unter VKA plus Clopidogrel nicht signifikant niedriger waren als unter TT, führen die Autoren darauf zurück, dass nur hospitalisierungspflichtige Patienten (und damit wohl schwerere Blutungen) erfasst wurden. In der WOEST-Studie wurde dieser Effekt nur für „leichte” Blutungen beobachtet.

In einem Editorial (4) wird betont, dass die Datenlage für diese Patientengruppe insgesamt spärlich ist und es für eine TT generell nur wenig Evidenz gibt. In Anbetracht der aktuellen Datenlage könnten Ärzte aber „darauf vertrauen”, dass die TT durch eine DT ersetzt werden kann. Außerdem wird wieder auf die vielen offenen Fragen hingewiesen, die sich durch potenzielle Kombinationen mit neuen Thrombozytenhemmern und neuen Antikoagulanzien ergeben, insbesondere hinsichtlich des Blutungsrisikos.

Fazit: Eine große bevölkerungsbasierte Registerstudie aus Dänemark fand bei Patienten mit Vorhofflimmern und akutem Herzinfarkt oder Stent-Implantation unter dualer antithrombotischer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten plus Clopidogrel tendenziell weniger Blutungen und die gleiche protektive Effektivität wie bei einer Triple-Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten plus Clopidogrel plus Azetylsalizylsäure. Die Resultate bestätigen die Ergebnisse der kleinen WOEST-Studie. Es mehren sich somit Indizien, dass bei diesen Patienten auf Azetylsalizylsäure verzichtet werden kann.

Literatur

  1. Dewilde,W.J., et al. (WOEST = What is the Optimal antiplatEletand anticoagulant therapy in patients with oral anticoagulation and coronary StenTing): Lancet2013, 381, 1107 Link zur Quelle . AMB 2013, 47,36. Link zur Quelle
  2. Lamberts, M.,et al.: J. Am. Coll. Cardiol. 2013 Jun 6. pii: S0735-1097(13)02170-0. doi:10.1016/j.jacc.2013.05.029.[Epub ahead of print]. Link zur Quelle
  3. Markowitz,S.M.: http://content.onlinejacc.org. Link zur Quelle

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