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Optimierung der Monotherapie bei essentieller Hypertonie

Die Wahl des ersten Antihypertensivums bei neu entdeckter arterieller Hypertonie ist bisher variabel. Zwar gibt es Hinweise darauf, daß bei jüngeren Menschen ACE-Hemmer und Betarezeptoren-Blocker etwas besser wirken als bei älteren Menschen und daß bei älteren Patienten Diuretika besser wirken als bei jungen, jedoch wird dies in der Praxis wenig beachtet. Um so wichtiger sind die Ergebnisse einer im Lancet (1999, 353, 2008) veröffentlichten Studie von J.E.C. Dickerson et al. aus Cambridge, U.K., die bei 56 relativ jungen Patienten mit essentieller Hypertonie (22-51 Jahre alt) systematisch die blutdrucksenkende Wirkung vier verschiedener Monotherapien verglichen. Nach initialer sorgfältiger Blutdruckmessung und Bestimmung der Plasma-Katecholamine und der Plasma-Renin-Aktivität erhielten die Patienten für jeweils einen Monat einen ACE-Hemmer (A: 20 mg Lisinopril/d) oder einen Beta-Blocker (B: 5 mg Bisoprolol/d) oder einen Kalziumantagonisten (C: 30 mg retardiertes Nifedipin/d) oder ein Diuretikum (D: 25 mg Hydrochlorothiazid + 50 mg Triamteren/d). Nach jeweils 4 Wochen wurde der Blutdruck gemessen; es folgte eine 4wöchige ”Wash-out“-Phase, darauf folgte das nächste Medikament usw. Die o.a. Medikamenten-Reihenfolge wurde immer eingehalten, jedoch begann jeweils ein Viertel der Patienten mit der Therapieform A, B, C oder D. Der Blutdruck wurde elektronisch nach 10 Minuten Flachlagerung dreimal gemessen, desgleichen nach 2 Minuten Orthostase. Eingeschlossen wurden Patienten, die Blutdruckwerte > 140 mmHg systolisch und/oder > 90 mmHg diastolisch hatten. Der mittlere Ausgangsblutdruck war 161/98 mmHg.

Ergebnisse: Legt man das Behandlungsziel des Blutdrucks von < 140/90 mmHg zugrunde, dann erreichten dieses Ziel 39% der Patienten mit dem ersten Monotherapie-Versuch, während 73% der Patienten dieses Ziel mit dem besten der vier Medikamente erreichten. Wurde das Behandlungsziel Blutdruck < 135/85 mmHg angestrebt, dann wurde es beim ersten Therapieversuch bei 20% und beim besten Therapieversuch bei 50% erreicht. Insgesamt war die Blutdrucksenkung durch den ACE-lnhibitor (A) signifikant mit der Blutdrucksenkung durch den Beta-Blocker (B) korreliert. Auf der anderen Seite korrelierte die Blutdrucksenkung durch den Kalziumantagonisten (C) mit der Senkung durch das Diuretikum (D). Die Blutdrucksenkung durch A oder B korrelierte interessanterweise jedoch nicht mit den Blutdruckeffekten von C oder D. Insgesamt war die Blutdrucksenkung durch A oder B signifikant stärker als durch C oder D. Die bessere Blutdrucksenkung durch A oder B mag damit zusammenhängen, daß es sich überwiegend um jüngere Patienten handelte, bei denen die Renin-Aktivität etwas höher ist als bei älteren Hypertonikern. Es ergab sich auch eine signifikant positive Korrelation zwischen der Höhe der prätherapeutischen Plasma-Renin-Aktivität und der Wirksamkeit des ACE-Hemmers (A).

Beurteilung: Diese sorgfältig durchgeführte Studie mit ”Wash-out“-Phasen zwischen den vier Behandlungsperioden hat wichtige praktische Konsequenzen. Bevor man bei einem Patienten mit leichter bis mittelschwerer essentieller Hypertonie nach unzureichender Wirkung einer Monotherapie zur Zweifachtherapie fortschreitet, sollte man für mindestens 4 Wochen eine andere Monotherapie versuchen. Wenn ein zuerst versuchtes Diuretikum (D) unzureichend wirksam ist, ist es vermutlich nicht sinnvoll, auf einen Kalziumantagonisten (C) überzugehen, sondern ein Medikament aus der anderen Gruppe (A oder B) zu wählen, das eher bei Patienten mit hoher als bei solchen mit niedriger Plasma-Renin-Aktivität wirksam ist. Man kann also empfehlen, bei jüngeren Patienten die Monotherapie mit einem Betarezeptoren-Blocker oder ACE-Hemmer zu beginnen, bei älteren Patienten mit einem Diuretikum oder einem Kalziumantagonisten. Bei unzureichender Wirkung sollte man von A oder B als nächstes D oder C ausprobieren und vice versa. Durch rotierendes Ausprobieren einer Monotherapie kann man wahrscheinlich vielen Patienten eine kombinierte antihypertensive Therapie ersparen. Die hier verwandten Dosen der Antihypertensiva entsprechen mittleren therapeutischen Dosen und sind nicht Maximaldosen. Im Einzelfall kann natürlich auch eine Dosis-Titration versucht werden, die in dieser recht komplizierten Therapiestudie nicht möglich war.

Fazit: Bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer arterieller Hypertonie lohnt es sich, mehrere Monotherapien hintereinander auszuprobieren, wenn mit dem ersten Antihypertensivum der Zielblutdruck nicht erreicht wird, bevor man zur Zweifach- oder Dreifachtherapie übergeht.