Zusammenfassung: Die Diagnose Perikarditis ist mit der Magnetresonanztomografie (MRT) heute präzise zu stellen. Auch die medikamentöse Therapie hat sich in den letzten Jahren verändert. Bei akuter Perikarditis wird 2-4 Wochen lang hoch dosiert mit Azetylsalizylsäure (ASS) oder einem nicht-steroidalen Antiphlogistikum (NSAID) behandelt. Bei kompliziertem Verlauf wird die Kombination mit Colchicin empfohlen, ebenso bei persistierenden oder rezidivierenden Perikarditiden. Diese Off-label-Therapie muss gut und eng überwacht werden, weil Colchicin eine geringe therapeutische Breite hat und außerdem mit vielen Arzneistoffen interagiert. Die primäre Behandlung der Perikarditis mit einem Glukokortikosteroid gilt nur noch als Alternative bei Unverträglichkeit von ASS bzw. NSAID und darf selbst dann nur niedrig oder mittelhoch dosiert werden.
Klinische Symptome und Diagnostik: Bei einer Perikarditis ist der zweiblättrige Herzbeutel entzündet mit oder ohne Beteiligung des Myokards, mit oder ohne Pleuritis. Die Patienten klagen meist über einen sehr unangenehmen, oft atemabhängigen Thoraxschmerz und über Abgeschlagenheit. Im Sitzen und beim Vornüberbeugen können sich die Schmerzen bessern. Etwa die Hälfte der Patienten leidet an Kurzatmigkeit, unproduktivem Husten und Palpitationen. Häufig gehen den Brustschmerzen grippale Beschwerden und eine erhöhte Körpertemperatur voraus. Spezifische Laborbefunde gibt es nicht. Die allgemeinen Entzündungszeichen im Blut sind oft diskret und auch die „Herzenzyme“ nur dann erhöht, wenn das Myokard mit entzündet ist (Perimyokarditis). Es gibt Schätzungen, wonach Perikarditiden für bis zu 5% aller Notfall-Konsultationen im Krankenhaus wegen Brustschmerzen verantwortlich sind.
Die Diagnose Perikarditis ist, wenn kein Perikarderguss vorliegt, zunächst klinisch zu stellen. Selten gelingt es, das charakteristische, oft nur passagere Perikardreiben zu auskultieren. Meistens besteht die Konstellation Brustschmerz und EKG-Veränderungen (ST-Hebungen, T-Inversionen in vielen Ableitungen) wie bei einem Akuten Koronarsyndrom. Ein Perikarderguss ist bei weniger als der Hälfte der Patienten zu erwarten; daher sind auch die echokardiografischen Befunde meist uncharakteristisch. Mit der MRT steht jedoch heute ein sehr gutes diagnostisches Verfahren zur Verfügung. Sie ist der Goldstandard für die Diagnose Perikarditis (1). Neben den entzündlichen Flüssigkeitsansammlungen und Verdickungen des Perikards können auch sehr kleine Ergüsse oder eine Mitbeteiligung des Myokards dargestellt werden.
Die Klärung der Ursachen einer Perikarditis verläuft oft unbefriedigend („idiopathische Perikarditis“). Wahrscheinlich ist die Perikarditis häufig durch Virusinfektionen ausgelöst (s. Tab. 1). Serologische Untersuchungen als Suchtest auf Viren sind allerdings viel zu unspezifisch, teuer und machen außerhalb von klinischer Forschung keinen Sinn. Eine definitive Diagnose könnte nur durch den Virusnachweis (PCR oder In-situ-Hybridisierung) in einem Perikarderguss oder durch Perikardbiopsien gestellt werden (2). Diagnostische Perikardbiopsien bzw. -punktionen sind jedoch riskant und die Ergüsse meist steril. Daher sollten diese Maßnahmen auf Patienten mit kompliziertem Verlauf beschränkt bleiben.
Neben exsudativen Perikardergüssen wird die akute Perikarditis durch Rezidive und Chronifizierung kompliziert. Von einer rezidivierenden Perikarditis spricht man, wenn nach einem symptomfreien Intervall die Beschwerden erneut auftreten. Abzugrenzen hiervon ist die persistierende Perikarditis („incessant“), die unmittelbar nach Absetzen der antientzündlichen Therapie wieder auftritt. Besonders unangenehm ist die chronische Perikarditis, die länger als drei Monate anhält.
Die Rezidivrate nach dem Perikarditis-Erstereignis beträgt nach der Literatur ca. 30% und erhöht sich nach einem ersten Rezidiv auf 50%. Ein Teil dieser Rezidive dürfte analog der Myokarditis auf einem Autoimmunprozess beruhen, ein weiterer Teil auf Persistenz des Virus. Auch eine inkonsequente und zu kurze antientzündliche Therapie wird für Rezidive verantwortlich gemacht (3). Schwere rezidivierende und chronische Verlaufsformen, die zur konstriktiven Perikarditis oder zum sogenannten Panzerherz führen, sind selten, aber häufig invalidisierend.
Therapie der Perikarditis: Ist die Diagnose gestellt, muss mit einer antientzündlichen Therapie begonnen und diese konsequent durchgeführt werden, um Komplikationen, Rezidiven und chronischen Verläufen vorzubeugen. 70% der akuten Perikarditiden sprechen gut auf eine solche antientzündliche Basistherapie an. Sie besteht aus hoch dosierter ASS (bis zu 4 g/d) oder einem NSAID (s. Tab. 2). Die antientzündliche Therapie muss über die Schmerzfreiheit hinaus weitergeführt werden, da sonst komplizierte Verläufe häufiger sind. Die Dosis sollte daher erst nach 7-14 Tagen bzw. nach Normalisierung der Entzündungsparameter schrittweise reduziert werden. Bei unkompliziertem Krankheitsverlauf kann die Therapie ambulant erfolgen unter engmaschiger Kontrolle von Labor-, Echokardiografie- und EKG-Befunden. Risikopatienten sollten stationär behandelt werden. Als Risiken gelten: anhaltendes Fieber > 38°C, perakuter Verlauf, größerer Perikarderguss oder fehlende Besserung unter ASS bzw. NSAID (2).
Sowohl bei akuten als auch bei rezidivierenden Verläufen ist eine Kombinationstherapie mit hoch dosierter ASS bzw. NSAID plus Colchicin wirksam. Diese Erkenntnis basiert im Wesentlichen auf zwei Studien aus dem Jahr 2005. In der COPE-Studie wurde Colchicin an 120 Patienten mit akuter Perikarditis getestet (4) und in der CORE-Studie an 84 Patienten mit rezidivierender Perikarditis (5). Ein systematischer Review aus dem Jahr 2010 (3) kam, basierend auf sieben Studien mit insgesamt 451 Patienten, zu dem Schluss, dass die Zugabe von Colchicin zur Standardtherapie (ASS oder NSAID) signifikant seltener zu einem Therapieversagen (Odds Ratio = OR: 0,23; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,11-0,49; p < 0,001) führt und zu weniger Rezidiven (OR: 0,39; CI: 0,20-0,77; p = 0,007). Eine Einschränkung bestand jedoch: die Daten, die diesen Empfehlungen zu Grunde lagen, kamen ganz überwiegend aus nur einem Zentrum (Turin), was die Möglichkeit eines Bias beinhaltet.
Colchicin taucht in der Perikarditisbehandlung erstmals 1987 auf und hat in den vergangenen Jahren einen höheren Stellenwert erlangt (2, 3, 6). Colchicin wird schnell resorbiert (Spitzenspiegel nach 0,5-2 Stunden). Die Halbwertszeit wird durch seinen enterohepatischen Kreislauf verlängert. Trotzdem ist in aller Regel eine zweimalige Gabe pro Tag erforderlich. Auf Grund der Pharmakokinetik (aktive enterale Resorption über Glykoprotein P, Metabolismus über CYP3A4 und renale Exkretion) ist die Bioverfügbarkeit interindividuell sehr unterschiedlich. Das erklärt die mitunter starken Unterschiede bei der Wirkung und Verträglichkeit. Die Colchicin-Dosierung muss daher oft angepasst werden (s. Tab. 2). Bei ausreichender Dosierung lindert Colchicin oft bereits innerhalb von 12-24 Stunden die thorakalen Schmerzen bei Perikarditis. Bei richtiger Anwendung und sorgsamen Kontrollen (Blutbild) kann mit Colchicin auch länger behandelt werden (7). Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Bauchschmerzen treten bei 10-15% der Patienten auf, ein Anstieg der Transaminasen oder Alopezie bei 1-10%. Diese UAW sind überwiegend dosisabhängig und bessern sich nach Reduktion der Dosis (6). Andere UAW, wie Agranulozytose, aplastische Anämie oder Myotoxizität, sind sehr selten (< 1%), müssen jedoch bekannt sein und überwacht werden. Über Spätschäden nach Colchicin-Therapie ist kaum etwas bekannt.
Die Empfehlungen, eine akute Perikarditis zusätzlich mit Colchicin zu behandeln, werden nun durch eine im N. Engl. J. Med. publizierte randomisierte plazebokontrollierte Doppeltblindstudie bekräftigt (8). Diese mit dem Akronym ICAP abgekürzte Studie wurde zwar ebenfalls unter der Leitung der Turiner Arbeitsgruppe durchgeführt, allerdings multizentrisch an fünf Kliniken in Norditalien. Von 2005-2010 wurden Patienten mit einer Perikarditis-Erstepisode (idiopathisch, viral, nach kardialem Trauma oder bei Kollagenose) in die Studie eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden u.a. tuberkulöse, neoplastische und purulente Perikarditiden sowie Patienten mit Lebererkrankungen oder fortgeschrittener Niereninsuffizienz, außerdem Schwangere, Stillende und prämenopausale Frauen, die nicht verhüten wollten. Die Hälfte der Patienten erhielt drei Monate lang Colchicin oral (0,5 mg zweimal täglich bei > 70 kg und 0,5 mg einmal täglich bei geringerem Körpergewicht) und die andere Hälfte Plazebo. Die Basistherapie bestand für alle Patienten aus 800 mg ASS oder 600 mg Ibuprofen alle acht Stunden 7-10 Tage lang. Danach wurden die NSAID über 3-4 Wochen langsam reduziert. Alle Patienten erhielten einen Protonenpumpenhemmer. Bei ASS- oder Ibuprofen-Unverträglichkeit oder Ulkusanamnese wurde alternativ zwei Wochen lang täglich Prednisolon gegeben (0,2-0,5 mg/kg).
Von 280 gescreenten Patienten wurden 240 eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug 52 Jahre, 60% waren Männer. Bei 77% war die Genese der Perikarditis idiopathisch und bei 20% posttraumatisch. Ein Perikardreiben wurde bei weniger als einem Drittel der Patienten auskultiert, zwei Drittel hatten einen Perikarderguss. Etwa 75% der Patienten wurden mit ASS, 17% mit Ibuprofen und 7% mit Prednisolon behandelt. Die Adhärenz zur Studienmedikation ist mit 95% angegeben (durch Zählen der verbrauchten Tabletten). Während der medianen Nachbeobachtung von 22 Monaten gab es in der Colchicin-Gruppe gegenüber Plazebo signifikant weniger anhaltende oder rezidivierende Verläufe (primärer Studienendpunkt: 16,7% vs. 37,5%; p < 0,001). Daneben nahmen die Beschwerden unter Colchicin innerhalb von drei Tagen auch häufiger ab (80,8% vs. 60%; p = 0,001), und Hospitalisierungen (5% vs. 14,2%) und Herztamponaden (0% vs. 2,5%) waren seltener.
Die Verträglichkeit von Colchicin war insgesamt akzeptabel. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) waren nicht häufiger als unter ASS oder Ibuprofen allein (11,7% vs. 10,0%; p = 0,84). Es überwogen gastrointestinale UAW: Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und -krämpfe. Bei 8,3% in der Plazebo- und bei 11,3% in der Colchicin-Gruppe musste die Medikation deshalb abgesetzt werden, ganz überwiegend auf Grund ärztlicher Entscheidung.
Die Therapie mit Prednisolon war in einer multivariaten Analyse der ICAP-Studie ein unabhängiger Prädiktor für Rezidive (OR: 4,17). Auch in dem erwähnten systematischen Review ergab sich, dass unter Behandlung mit Glukokortikosteroiden ein erhöhtes Risiko für Rezidive und komplizierte Verläufe besteht (OR: 7,50), insbesondere bei hohen Dosierungen (3). Daher sollten Glukokortikosteroide nur noch bei nachweislich nicht-infektiven Formen (z.B. Autoimmun-Perikarditis) eingesetzt werden.
Neben der systemischen Therapie der Perikarditis kann bei Komplikationen auch eine lokale Behandlung notwendig werden, z.B. bei hartnäckigen oder rezidivierenden Perikardergüssen eine intraperikardiale Instillation von Glukokortikosteroiden oder Antibiotika. Eine Perikardiozentese wird in dieser Situation nicht nur aus therapeutischen, sondern auch aus diagnostischen Erwägungen empfohlen. Bei häufigen Rezidiven kann auch eine Perikardfensterung oder eine perkutane Ballon-Perikardiotomie erforderlich sein. Bei erfolgloser medikamentöser Therapie, großem persistierenden Perikarderguss und Beeinträchtigung der kardialen Pumpfunktion besteht noch die Option einer chirurgischen Perikardektomie. Diese sollte dann möglichst vollständig erfolgen (viszerales und parietales Perikardblatt), ist aber eine äußerst riskante Operation.
Literatur
- Achenbach,S., et al.: Link zur Quelle
- Maisch, B., etal.: Eur. Heart J. 2004, 25, 587. Link zur Quelle
- Lotrionte, M.,et al.: Am. Heart J. 2010, 160, 662. Link zur Quelle
- Imazio, M., etal. (COPE = COlchicine for acute PEricarditis): Circulation 2005,112, 2012. Link zur Quelle
- Imazio, M.,et al. (CORE = COlchicine for REcurrent pericarditis): Arch. Intern. Med. 2005, 165,1987. Link zur Quelle
- Imazio,M., et al.: Eur. Heart J. 2009, 30, 532. Link zur Quelle
- Seferović,P.M., et al.: Heart Fail. Rev. 2013,18, 255. Link zur Quelle
- Imazio, M.,et al. (ICAP = Investigation on Colchicine for Acute Pericarditis):N. Engl. J. Med. 2013, 369, 1522. Link zur Quelle