Die chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (Chronic Rhinosinusitis with Nasal Polyps = CRSwNP) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Nasennebenhöhlen, die durch Nasenpolypen charakterisiert ist. Dies sind gutartige Gewebewucherungen der Nasenschleimhaut, die in den Nasennebenhöhlen entstehen und von dort aus in die Nasenhaupthöhle hineinwachsen (1, 2). Klinisch ist die CRSwNP gekennzeichnet durch Beschwerden, die definitionsgemäß > 12 Wochen anhalten, wie eine Behinderung der Nasenatmung, Gesichtsdruck oder -schmerz, eingeschränktes Riechvermögen sowie anteriore und/oder posteriore Sekretion. Zur Sicherung der Diagnose sind in der Regel eine Endoskopie der Nase sowie ein bildgebendes Verfahren erforderlich. Therapeutisch werden Salzlösungen zum Spülen und topisch oder systemisch Glukokortikosteroide empfohlen, bei anhaltenden Beschwerden auch eine operative Sanierung. Nasenpolypen können rezidivieren und dann eine höhere Dosis Glukokortikosteroide oder eine erneute Operation erforderlich machen.
Als erstes Biologikum ist seit Oktober 2019 Dupilumab (Dupixent®) zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP zugelassen, die mit systemischen Glukokortikosteroiden und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann (3). Dupilumab ist ein rekombinanter, humaner, monoklonaler IgG-Antikörper, der die Signalwege von Interleukin-4 und Interleukin-13 hemmt und dadurch die Entzündung der Schleimhaut verringern soll. Dupilumab ist bereits zugelassen für die Therapie von Asthma und Neurodermitis.
Die Zulassung von Dupilumab bei CRSwNP beruht auf zwei randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase-III-Studien (SINUS-24 und SINUS-52), in denen die Wirksamkeit und Sicherheit von Dupilumab mit Plazebo verglichen wurde, jeweils zusätzlich zu einer Erhaltungstherapie mit intranasalem Mometasonfuroat, einem stark wirksamen Glukokortikosteroid (4). Die Studien wurden vom pharmazeutischen Unternehmer finanziert. Eingeschlossen wurden insgesamt 724 erwachsene Patienten, die trotz eines vorherigen chirurgischen Eingriffs an den Nasennebenhöhlen oder systemischer Behandlung mit Glukokortikosteroiden in den zwei Jahren zuvor unter einer schweren CRSwNP litten. Die Patienten wurden im Rahmen der Studien über 24 bzw. 52 Wochen mit Dupilumab 300 mg behandelt, das alle 2 Wochen s.c. gespritzt wurde; in SINUS-52 in einem Studienarm ab dem 7. Monat einmal monatlich.
Koprimäre Endpunkte zur Wirksamkeit waren die Veränderung der Polypengröße, endoskopisch bewertet von zentral verblindeten Prüfern anhand eines Nasenpolypenscores (NPS) mit einer Skala von 0-8, und die Veränderung der nasalen Kongestion, basierend auf den Angaben der Patienten anhand von Tagebüchern mit einer Skala von 0-3. Diese Endpunkte wurden in beiden Studien in Woche 24 erhoben, in SINUS-52 als sekundäre Endpunkte auch in Woche 52. Zu den weiteren sekundären Endpunkten gehörten radiologische Kriterien (Lund-Mackay-CT-Score), die krankheitsbezogene Lebensqualität der Patienten (erhoben mit dem Sino-Nasal Outcome Test-22 = SNOT-22) und unerwünschte Ereignisse.
Die Patienten waren im Durchschnitt 52 Jahre alt, 60% waren Männer. Dupilumab verbesserte die koprimären Endpunkte in beiden Studien signifikant gegenüber Plazebo: Der durchschnittliche NPS nahm in SINUS-24 um 2,06 Punkte ab (p < 0,0001) und in SINUS-52 um 1,80 Punkte (p < 0,0001). In der Plazebo-Gruppe verschlechterte sich der NPS-Score. Der nasale Kongestions-Score nahm in SINUS-24 um durchschnittlich 0,89 Punkte ab (p < 0,0001) und in SINUS-52 um 0,87 Punkte (p < 0,0001). In Woche 52 zeigte sich eine weitere Verbesserung des NPS (-2,40 Punkte) und des nasalen Kongestions-Scores (-0,98 Punkte). Auch die anderen sekundären Endpunkte verbesserten sich unter Dupilumab. Nach Absetzen von Dupilumab nach 24 Wochen in SINUS-24 verschlechterten sich NPS und der nasale Kongestions-Score.
Insgesamt wurde Dupilumab gut vertragen. Eine Konjunktivitis entwickelten 7 Patienten, wobei die Rate insgesamt geringer war als in Studien zur atopischen Dermatitis. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (Nasopharyngitis, Verschlimmerung von Nasenpolypen und Asthma, Kopfschmerzen, Epistaxis und Erythem an der Injektionsstelle) traten unter Plazebo häufiger auf als unter Dupilumab.
In einer frühen Nutzenbewertung stellte der Gemeinsame Bundesausschuss einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen von Dupilumab als Add-on-Therapie mit intranasalen Glukokortikosteroiden gegenüber Mometasonfuroat fest (5). Die Jahrestherapiekosten für Dupilumab bei CRSwNP liegen bei ca. 19.000 €, dazu kommen die Kosten für die intranasalen Glukokortikosteroide in Höhe von 60-240 €.
Auch die monoklonalen Antikörper Mepolizumab und Omalizumab werden in klinischen Studien zur Behandlung der CRSwNP untersucht. Eine Auswertung der Ergebnisse in einem Cochrane-Review deutet darauf hin, dass Mepolizumab in dieser Indikation ebenfalls wirksam ist (6). Bei Omalizumab ist die Wirksamkeit unklar, da nur sehr wenige Daten vorliegen. Studien mit direkten Vergleichen der Biologika fehlen.
Fazit: Ergebnisse aus zwei RCT zeigen, dass Dupilumab bei Patienten mit chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen zusätzlich zu einem intranasalen Glukokortikosteroid im Vergleich zu Plazebo die Symptome bessert und die Polypen verkleinert. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Das sehr teure Arzneimittel muss dauerhaft gegeben werden, um die Wirkung zu erhalten. Daten aus längerfristigen Studien fehlen.
Literatur
- https://www.hno-aerzte-im-netz.de/ krankheiten/nasenpolypen/ definition-und-haeufigkeit.html Link zur Quelle
- https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/017-049.html Link zur Quelle
- https://www.fachinfo.de/api/fachinfo/pdf/021745 Link zur Quelle
- Bachert, C., et al. (LIBERTY NP SINUS-24 und -52): Lancet 2019, 394, 1638. Link zur Quelle Erratum: Lancet 2019, 394, 1618.
- https://www.g-ba.de/beschluesse/4283/ Link zur Quelle
- Chong, L.-Y., et al.: Cochrane Database Syst. Rev. 2020. Link zur Quelle