Bisphosphonate besitzen eine hohe Affinität zu Hydroxyapatitkristallen im Knochen und hemmen wirksam die bei Tumorerkrankungen u.a. durch verschiedene Zytokine ausgelöste Aktivierung von Osteoklasten und daraus resultierende Knochenresorption.
Wir haben kürzlich auf die Wirksamkeit von monatlichen Pamidronat-Infusionen hinsichtlich der Reduktion ossärer Komplikationen, Verringerung von Knochenschmerzen und Besserung der Lebensqualität bei Patienten mit Plasmozytom im Stadium III hingewiesen (vgl. AMB 1996, 30, 52). Aufgrund der bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom häufig nachweisbaren ossären Metastasen und der damit verbundenen vielfältigen klinischen Probleme (z.B. Schmerzen, pathologische Frakturen, Immobilisierung, Hyperkalzämie, neurologische Komplikationen) werden Bisphosphonate auch bei dieser Tumorerkrankung inzwischen häufig zusätzlich zur Strahlen-/Chemo- und Hormontherapie eingesetzt. In einer jetzt publizierten, randomisierten und doppeltblinden Studie (Hortobagyi, G.N., et al.: N. EngI. J. Med. 1996, 335, 1785) wurde die Wirksamkeit von Pamidronat (Aredia) bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom (Stadium IV) und Nachweis von mindestens einer osteolytischen Knochenmetastase untersucht. Diese Studie wurde von Ciba-Geigy, dem Hersteller von Aredia, finanziell unterstützt. Insgesamt wurden 382 Patientinnen in diese Studie aufgenommen, von denen 185 Pamidronat (90 mg als zweistündige Infusion alle 4 Wochen über 12 Zyklen) und 197 Plazebo (5%ige Glukoselösung) erhielten. Parallel wurde eine Chemo- und/oder Hormontherapie durchgeführt. Ausschlußkriterien waren u.a. bereits bestehende ossäre Komplikationen, Hyperkalzämie, Serumkreatinin > 2,5 mg/dI und vorausgegangene Behandlung mit Bisphosphonaten oder Strahlentherapie. Bei den mit Pamidronat behandelten Patientinnen war der mediane Zeitraum bis zum Auftreten erster ossärer Komplikationen (außer Wirbelfrakturen) signifikant länger als in der Plazebogruppe (13,1 Monate versus 7 Monate, p = 0,005). Gleichzeitig traten bei den Frauen in der Pamidronat-Gruppe insgesamt signifikant weniger ossäre Komplikationen sowie hyperkalzämische Episoden auf, und eine Bestrahlung bzw. chirurgische Intervention wegen Knochenmetastasen mußte seltener erfolgen. Diese günstigen Wirkungen des Pamidronats waren allerdings erst nach 6 bis 9 Behandlungszyklen deutlich erkennbar. Patientinnen in der Pamidronat-Gruppe profitierten hinsichtlich ihrer „Lebensqualität“ (z.B. Abnahme der Knochenschmerzen und des Analgetikaverbrauchs, Allgemeinzustand) von dieser Therapie.
Ein Unterschied in der mittleren Überlebenszeit (14,8 Monate in der Pamidronat- versus 14,2 Monate in der PIazebo-Gruppe) war nicht erkennbar. Die Pamidronat-Infusionen wurden gut vertragen, wobei 3 Patientinnen aufgrund von Nebenwirkungen (Schwäche und Dyspnoe, Hypokalzämie) bzw. wegen starker Kopfschmerzen die Therapie vorzeitig beendeten.
Fazit: Monatliche Pamidronat-Infusionen führen bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom und osteolytischen Knochenmetastasen zu einer Reduktion ossärer Komplikationen. Eine Zunahme der Knochenschmerzen und Verschlechterung des Allgemeinzustandes konnte dadurch verzögert werden. Inwieweit Patienten mit anderen soliden Tumoren (z.B. Bronchial-, Prostatakarzinom, Hypernephrom) und Knochenmetastasen von einer Therapie mit Bisphosphpnaten profitieren, müssen künftige Studien zeigen. Das Überleben von Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom wird durch Pamidronat nicht verlängert.