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Systematischer Review: Orale Mukolytika vermindern akute Rezidive bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung

Orale Mukolytika sollen den oft zähen Bronchialschleim bei chronischer Bronchitis und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) verflüssigen. Sie erleichtern damit das Abhusten und die Therapie eines akuten bronchitischen Schubes. Die Mechanismen der Schleimverflüssigung sind allerdings nicht ganz klar. Antioxidative Eigenschaften (z.B. von Acetylcystein) scheinen eine Rolle zu spielen. Es ist nicht genau bekannt, ob eine langzeitige Anwendung von Mukolytika akute Exazerbationen der COPD verhindern kann. Aus diesem Grund führten P.J. Poole und P.N. Black aus Neuseeland im Rahmen der Cochrane-Berichte eine Metaanalyse zur Wirksamkeit einer mindestens 8 Wochen lang durchgeführten mukolytischen Therapie bei Erwachsenen mit COPD durch (Brit. Med. J. 2001, 322, 1271). Insgesamt wurden 20 methodisch einwandfreie, doppeltblinde, randomisierte Studien aus den Jahren 1981-1999 mit insgesamt ca. 4200 Patienten in die Studie aufgenommen. Die in den Studien evaluierten Therapeutika waren in erster Linie N-Acetylcystein (ACC u.v.a.), aber auch Bromhexin (Bisolvon u.v.a.), S-Carboxymethylcystein (Transbronchin u.a.), Ambroxol (Mucosolvan u.v.a.), Sobrerol oder iodiniertes Glycerin. Hauptziel der Studie war die Ermittlung der Häufigkeit von Rezidiven innerhalb eines Jahres in den Verum- und Plazebo-Gruppen. Nebenkriterien waren die Zahl der Krankheitstage, die Lungenfunktion und unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW).

Ergebnisse: Der Gebrauch von Mukolytika, insbesondere Acetylcystein (12 Studien) reduzierte die Häufigkeit von Bronchitis-Rezidiven im Behandlungszeitraum hochsignifikant. Die Wahrscheinlichkeit, im Behandlungszeitraum kein Rezidiv zu haben, läßt sich im Vergleich mit der Plazebo-Gruppe mit einer Odds Ratio von 2,22 ausdrücken (Vertrauensintervall: 1,93-2,54). Extrapoliert auf ein ganzes Jahr und gewichtet für die Größe der einzelnen Studien betrug die Häufigkeit von Rezidiven in der Kontroll-Gruppe 2,7/Jahr. Sie wurde durch mukolytische Therapie um 0,79 Exazerbationen/Jahr vermindert. Die Gesamthäufigkeit von Rezidiven pro Kalenderjahr wird mit der oben angegebenen Zahl wahrscheinlich etwas überschätzt, da die meisten Studien im Winter durchgeführt wurden, wenn Rezidive am häufigsten sind. Auch die Zahl der Krankheitstage nahm signifikant ab. Unterschiede in der Lungenfunktion (meist Sekundenkapazität) wurden nur in wenigen Studien untersucht und konnten deshalb nicht schlüssig bewertet werden. UAW waren unbedeutend und nicht unterschiedlich häufig in der Verum- bzw. Plazebo-Gruppe.

Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluß, daß eine prophylaktische Mukolytikatherapie, besonders in der Rezidive begünstigenden Winterzeit, akute Bronchitis-Rezidive bei COPD-Patienten verhindern kann. Die Prophylaxe war bei Patienten mit höhergradiger Obstruktion offenbar wirksamer als bei Patienten mit geringer Obstruktion, so daß sich eine solche Behandlung prinzipiell als günstig im Hinblick auf Kosten/Nutzen erweisen dürfte.

In einem begleitenden Editorial skandinavischer Pulmologen (Brit. Med. J. 2001, 322, 1259) wird die Bedeutung dieser Metaanalyse und der prophylaktischen Therapie mit Mukolytika bei Patienten mit COPD positiv diskutiert. Die Wirkungsweisen der Mukolytica werden besprochen und auch andere Maßnahmen zur Prophylaxe von Bronchitis-Rezidiven bei diesen Patienten (z. B. orale Vakzinierung mit Bakterienlysaten pulmonaler Pathogene) hervorgehoben.

Fazit: Mukolytika, besonders N-Acetylcystein, sind offenbar wirksam zur Rezidivprophylaxe akuter Exazerbationen bei COPD-Patienten und bei kontinuierlicher Gabe im Winterhalbjahr auch kostensparend.