Artikel herunterladen

Dupilumab bei COPD mit Eosinophilie?

Dupilumab ist ein rekombinanter, humaner, monoklonaler IgG-Antikörper, der die Signalwege von Interleukin-4 und Interleukin-13 hemmt [1]. Die Aktivität dieser Zytokine gilt als entscheidend bei Typ-2-Entzündungen, die durch eine erhöhte Zahl von Eosinophilen im Blut gekennzeichnet sind. Initial wurde Dupilumab (Dupixent®) im Jahr 2017 zur Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Erwachsenen zugelassen. In den letzten Jahren erfolgten mehrere Indikationserweiterungen, sodass es aktuell zugelassen ist für die Therapie von Asthma, atopischer Dermatitis, chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen, Prurigo nodularis und Eosinophiler Ösophagitis ([1], vgl. [2]). Nun wurden die Ergebnisse einer Phase-III-Studie veröffentlicht, in der Dupilumab bei Patienten mit COPD und Eosinophilie untersucht wurde, die sich bei 20-40% der COPD-Patienten findet ([3][4]; vgl. [5]). Die Studie wurde von den pharmazeutischen Unternehmern (pU) Sanofi und Regeneron Pharmaceuticals finanziert. Fast alle Autorinnen und Autoren geben Interessenkonflikte durch finanzielle Verbindungen mit den pU an; viele sind dort sogar angestellt. Auch der Autor des begleitenden Editorials erhielt Geld von Sanofi [6][7].

Methodik: Die randomisierte BOREAS-Studie wurde doppelblind an 275 Zentren in 24 Ländern durchgeführt [3]. Eingeschlossen wurden derzeitige oder frühere Raucher im Alter von 40-80 Jahren mit COPD, bei denen es trotz einer Dreifach-Therapie mit einem langwirksamen Anticholinergikum (LAMA) plus einem langwirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) plus einem inhalativen Glukokortikosteroid im Jahr zuvor zu mindestens zwei mittelschweren oder einer schweren Exazerbation gekommen war. Zu den weiteren Einschlusskriterien gehörte eine Eosinophilie von > 300 Zellen/µl im Blut. Die Patienten erhielten über ein Jahr alle 2 Wochen Dupilumab (300 mg s.c.) oder Plazebo zusätzlich zu der Dreifach-Therapie. Primärer Endpunkt war die jährliche Rate mittelschwerer oder schwerer Exazerbationen der COPD. Mittelschwere Exazerbationen waren definiert durch die Notwendigkeit der Anwendung systemischer Glukokortikosteroide und/oder Antibiotika und schwere Exazerbationen durch Hospitalisation, die Vorstellung in einer Rettungsstelle oder Tod. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Änderung des forcierten exspiratorischen Einsekundenvolumens (“forced expiratory volume in first second“ = FEV1) vor Bronchodilatation sowie die Ergebnisse des „St. George’s Respiratory Questionnaire“ (= SGRQ, Score 0-100; niedrigere Werte entsprechen einer besseren Lebensqualität) und des „Evaluating Respiratory Symptoms in COPD“-Fragebogens (= E-RS-COPD, Score 0-40; niedrigere Werte entsprechen weniger schweren Symptomen).

Ergebnisse: Insgesamt wurden 939 Patienten randomisiert: 468 in die Dupilumab-Gruppe und 471 in die Plazebo-Gruppe. Die Patienten waren durchschnittlich 65 Jahre alt und 66% waren Männer. Die jährliche Rate mittelschwerer oder schwerer Exazerbationen war unter Dupilumab niedriger als unter Plazebo (0,78 pro Patient/Jahr vs. 1,10 pro Patient/Jahr; relatives Risiko: 0,70, 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,58-0,86; p < 0,001). Daneben zeigte sich eine mäßige Verbesserung der Lungenfunktion: Der präbronchodilatatorische FEV1-Wert stieg in den ersten 12 Wochen in der Dupilumab-Gruppe um durchschnittlich 160 ml gegenüber 77 ml in der Plazebo-Gruppe (Differenz: 83 ml; CI: 42-125; p < 0,001). Der Vorteil unter Dupilumab blieb bis Woche 52 bestehen. Zur Lebensqualität gaben die Patienten am Ende der Studie im SGRQ unter Dupilumab eine Verbesserung um -9,7 Punkte an gegenüber -6,4 Punkte in der Plazebo-Gruppe (Differenz -3,4 Punkte; CI: -1,3 bis -5,5 Punkte; p = 0,002). Auch die Selbsteinschätzung der Symptome durch die Patienten im E-RS-COPD-Fragebogen hatte sich in Woche 52 unter Dupilumab stärker gebessert als unter Plazebo (-2,7 Punkte vs. -1,6 Punkte; Differenz: 1,1 Punkte; CI: 0,4-1,8 Punkte; p = 0,001).

Unerwünschte Ereignisse traten in beiden Gruppen ähnlich häufig auf, ebenso wie schwere unerwünschte Ereignisse. Zu den Nebenwirkungen, die unter Dupilumab im Vergleich zu Plazebo häufiger dokumentiert wurden, gehörten Kopfschmerzen (8,1% vs. 6,8%), Durchfall (5,3% vs. 3,6%) und Rückenschmerzen (5,1% vs. 3,4%).

Die Autoren weisen darauf hin, dass die Aussagekraft der Ergebnisse unter anderem dadurch eingeschränkt ist, dass die Studie während der Corona-Pandemie durchgeführt wurde, was zu Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Patienten und einer verminderten Häufigkeit von Exazerbationen geführt haben könnte. Außerdem wurden die Patienten nicht entsprechend ihrem Raucherstatus stratifiziert.

Ergebnisse einer zweiten Phase-III-Studie (NOTUS) werden im kommenden Jahr erwartet [8]. Die pU streben aber bereits jetzt eine Zulassung von Dupilumab in der neuen Indikation an. Die Jahrestherapiekosten pro Patient für Dupilumab (Dupixent®) zur Behandlung der Eosinophilen Ösophagitis liegen bei 31.300 € [9].

Fazit

Eine randomisierte Phase-III-Studie ergab, dass bei Patienten mit COPD und Eosinophilie im Blut Dupilumab im Vergleich zu Plazebo die Häufigkeit von Exazerbationen reduzierte und sowohl die Lungenfunktion als auch die Lebensqualität verbesserte. Bestätigen sich die Ergebnisse in einer aktuell laufenden zweiten Studie, könnte Dupilumab als erstes Biologikum eine therapeutische Option für die Subpopulation von COPD-Patienten mit Eosinophilie werden, bei denen es trotz einer Dreifach-Therapie zu häufigen Exazerbationen kommt. Bisher ist der Antikörper in der Indikation jedoch nicht zugelassen und darüber hinaus sehr teuer. Auch nach einer Zulassung sollte die Behandlung der COPD primär durch Tabakentwöhnung sowie die konsequente und korrekte Anwendung von Inhalativa optimiert werden.

Literatur

  1. https://www.fachinfo.de/suche/fi/021745 (Link zur Quelle)
  2. AMB 2023, 57, 14. AMB 2020, 54, 74a. (Link zur Quelle)
  3. Bhatt, S.P., et al. (BOREAS = Pivotal Study to Assess the Efficacy, Safety and Tolerability of Dupilumab in Patients With Moderate-to-severe COPD With Type 2 Inflammation): N. Engl. J. Med. 2023, 389, 205. (Link zur Quelle)
  4. https://www.nejm.org/doi/suppl/10.1056/NEJMoa2303951/suppl_file/nejmoa2303951_disclosures.pdf (Link zur Quelle)
  5. AMB 2023, 57, 53. (Link zur Quelle)
  6. Agusti, A.: N. Engl. J. Med. 2023, 389, 274. (Link zur Quelle)
  7. https://www.nejm.org/doi/suppl/10.1056/NEJMe2305752/suppl_file/nejme2305752_disclosures.pdf (Link zur Quelle)
  8. https://www.sanofi.com/en/media-room/press-releases/2023/2023-05-21-18-17-12-2672904 (Link zur Quelle)
  9. https://www.g-ba.de/downloads/39-261-6169/2023-09-21_AM-RL-XII_Dupilumab_D-917.pdf (Link zur Quelle)