Die primäre Form der Immunthrombozytopenie (ITP) wird durch Autoantikörper ausgelöst, die gegen verschiedene Glykoproteine der Thrombozyten gerichtet sind (z.B. Glykoprotein IIb/IIIa-Komplex). Bei Erwachsenen verläuft die ITP häufig chronisch, weshalb Therapieziel ist, die verfügbaren medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten (z.B. Immunsuppression, insbesondere mit Kortikosteroiden, Vinca-Alkaloide, iv. Immunglobuline, monoklonale Antikörper) nur dann einzusetzen, wenn die Thrombozytenwerte einen kritischen Schwellenwert (bei Patienten ohne weitere Risikofaktoren ≤ 30 x 109/l) unterschreiten oder hämorrhagische Komplikationen auftreten (1).
In den letzten Jahren sind verschiedene Kasuistiken bzw. kleinere Fallserien publiziert worden, die bei Patienten mit chronischer ITP und gesicherter Helicobacter-pylori (H. p.)-Infektion die Wirksamkeit einer Eradikation von H. p. hinsichtlich eines Anstiegs der Thrombozytenwerte untersuchten. Die Ergebnisse dieser Berichte waren widersprüchlich. Während insbesondere Studien aus Italien und Japan dafür sprachen, dass eine Eradikationsbehandlung zu einem deutlichen Anstieg der Thrombozytenwerte bei Patienten mit chronischer ITP führt, ergaben Untersuchungen aus Spanien, Frankreich und den USA keinen überzeugenden Hinweis für eine Wirksamkeit (s. Zitate in 2). Deshalb wurde in einer von März 2002 bis Mai 2003 in Japan durchgeführten randomisierten klinischen Studie erstmals unter kontrollierten Bedingungen geprüft, ob eine einwöchige Tripel-Therapie zur Eradikation von H. p. (Amoxicillin + Clarithromycin + Lansoprazol; vgl. 2) zu einem Anstieg der Thrombozytenwerte bei Erwachsenen mit chronischer ITP (medianes Alter 57 Jahre) führt. Insgesamt 36 Patienten mit chronischer ITP wurden in diese Studie eingeschlossen. 25 von ihnen (69,4%) waren positiv für H. p., von denen 13 Patienten eine Eradikationstherapie erhielten und 12 ohne Behandlung beobachtet wurden. Bei 11 der 13 Patienten konnte durch die Tripel-Therapie eine Eradikation erreicht werden (84,6%) und 6 der 13 Patienten zeigten sechs Monate nach Eradikationstherapie einen signifikanten Anstieg der Thrombozytenwerte (komplette Remission: Thrombozyten > 150 x 109/l, n = 4; partielle Remission: Thrombozyten > 50 x 109/l, n = 2). In der Kontroll-Gruppe zeigte keiner der Patienten einen signifikanten Anstieg der Thrombozytenwerte. Am Ende der sechsmonatigen Beobachtungsperiode lagen die Mittelwerte der Thrombozyten in der Behandlungsgruppe bei 115 x 109/l und in der Kontroll-Gruppe bei 48 x 109/l. Nach Ende der Beobachtungsperiode wurde auch in der Kontroll-Gruppe eine Tripel-Eradikationstherapie durchgeführt, auf die 4 von 12 Patienten ansprachen (komplette Remission: n = 2, partielle Remission: n = 2). Signifikante Unterschiede hinsichtlich Alter, Geschlecht, Dauer der chronischen ITP und vorausgegangener Behandlung mit Kortikosteroiden bestanden nicht. In dieser Studie wurden auch verschiedene H. p.-Virulenzfaktoren, die Ureaseaktivität der nachgewiesenen H. p.-Stämme und IgG-Antikörper gegen einen Virulenzfaktor (CagA-Protein) untersucht. Weder die analysierten Virulenzfaktoren noch die Ureaseaktivität zeigten eine Assoziation mit dem Anstieg der Thrombozytenwerte nach Eradikationstherapie. Bei Patienten mit kompletter oder partieller Remission fanden sich jedoch deutlich höhere Serumtiter für die anti-CagA-IgG-Antikörper. Ob diese Antikörper als prädiktive Faktoren für ein Ansprechen auf die Eradikationstherapie bei Patienten mit chronischer ITP herangezogen werden können und ob möglicherweise eine Kreuzreaktivität zwischen Plättchen-assoziierten Ig und H. p.-CagA-Protein besteht, müssen weitere Untersuchungen zeigen.
Fazit: Die Ergebnisse dieser kleinen randomisierten klinischen Studie aus Japan sprechen dafür, dass bei Erwachsenen mit chronischer ITP und H. p.-Infektion die Eradikation von H. p. eine mögliche und billige Therapieoption ist. Größere Studien an europäischen Patienten sind jedoch erforderlich, um die pathogenetische Bedeutung einer H. p.-Infektion für die chronische ITP zu bestätigen. Die bisher vorliegenden klinischen Daten zeigen, dass die Wirksamkeit der Eradikationstherapie bei chronischer ITP unter anderem von den untersuchten Bevölkerungsgruppen (Ethnien) und bisher unzureichend charakterisierten Merkmalen der Patienten bzw. die Infektion auslösenden H. p.-Stämmen abhängt.
Literatur
- Cines, D.B., und Blanchette, V.S.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 995.
- AMB 1997, 31, 17.
- Suzuki, T., et al.: Am. J. Gastroenterol. 2005, 100, 1265.