Dr. M.M.M. aus Nürnberg schreibt (gekürzt): >> Sie schreiben: „Bei dem 2 bis 15 Tagen nach Beginn… auftretenden Typ I der HIT…“ Dies ist aber zeitlich die Definition der HIT Typ II. Eine HIT Typ I, die noch 15 Tage nach Beginn der Heparintherapie autritt, stellt eine außergewöhnliche Rarität dar. Ich würde einen Patienten mit Thrombozytopenie nach 14 Tagen Heparinbehandlung bis zum Beweis des Gegenteils unter der Verdachtsdiagnose HIT Typ II sehen. Die zeitliche Differenzierung ist in unklaren Fällen oder bei weniger erfahrenen Kollegen z.T. von immenser Bedeutung.
Beim Umsetzen von Heparin auf Danaparoid-Natrium (Orgaran) ist eine Kreuzreaktivität von bis zu 10% zwischen Heparin und Danaparoid-Natrium zu beachten. Deshalb sollte im Heparin-induzierten-Plättchen-Aktivierungs-Test immer Orgaran mitgetestet werden; dann weiß man bereits mit der Diagnose HIT Typ II, ob das Heparinoid, auf das man oft genug im Verdachtsfall hatte umsetzen müssen, weiter-verwendet werden kann.
Da der ARZNEIMITTELBRIEF immer auch therapeutische Entwicklungen beleuchtet, fehlt mir der unumgängliche Hinweis auf Hirudin als Therapieoption. Besonders danken möchte ich Ihnen für den wichtigen Hinweis auf die täglichen Blutkontrollen, auch im Zusammenhang mit niedermolekularem Heparin. << Antwort: >> Die Angaben zum Zeitpunkt des Auftretens des Typs I der HIT variieren zwischen der Ausage „Dadurch kommt es bei sehr vielen Patienten in den ersten Stunden bis zu zwei Tagen nach Beginn einer Heparintherapie zu einer mäßigen Thrombozytopenie“ (1) und „HIT Typ 1 führt innerhalb von zwei bis zehn Tagen nach Beginn der Heparingabe zu einer mäßigen Thrombozytopenie, wobei die Thrombozytenwerte kaum unter 100 G/l abfallen“ (2). Meistens tritt der Typ I kurz nach Beginn der Heparintherapie auf, wohingegen eine 5 bis 10 Tage nach Beginn der Heparintherapie nachzuweisende Thrombozytopenie zunächst als Typ II der HIT interpretiert und entsprechende klinische Konsequenzen gezogen werden sollten (vgl. AMB 1995, 29, 46 und 1996, 30, 39 bzw. 85).
Neben rasch wirksamen Antikoagulanzien, wie z.B. Ancrod (Arwin) und Danaparoid-Natrium (Orgaran), ist sicherlich auch Hirudin eine wichtige, derzeit allerdings noch nicht verfügbare therapeutische Alternative beim Typ II der HIT und bei weiterhin notwendiger Antikoagulation. Aufgrund der immunologischen Kreuzreaktivität zwischen unfraktionierten Heparinen und Danaparoid-Natrium sollte selbstverständlich beim Umsetzen der Therapie auch das Heparinoid-Präparat in entprechenden Tests (z.B. Heparin-induzierter-Plättchen-Aktivierungs-Test) untersucht werden. Diese Kreuzreaktivität wird jedoch sehr selten beobachtet (bei < 5% der Patienten). Ein informatives Flußdiagramm (Abb. 1) zum therapeutischen Vorgehen bei Patienten mit venösen Thromboembolien und HIT Typ II ist kürzlich im N. Engl. J. Med. erschienen (3). << Literatur
1. Greinacher, A., und Mueller-Eckhardt, C.: Dtsch. med. Wschr. 1991, 116, 1479.
2. Heimpel, H., et al.: Hämatologie in der Praxis. Gustav Fischer Verlag, Jena 1996, S. 338.
3. Ginsberg, J.S.: N. Engl. J. Med. .