Die derzeit verfolgten Therapiestrategien bei Patienten mit lokalisierten (Stadium I oder II) hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) – 6-8 Zyklen Polychemotherapie oder 3 Zyklen Polychemotherapie mit anschließender Bestrahlung – basieren auf Studien, in denen über hohe Heilungsraten nach Polychemotherapie ± Strahlentherapie berichtet wurde (1, 2). Unklar blieb bisher der Stellenwert einer konsolidierenden Bestrahlung für diese Patientengruppe, wobei als mögliche Vorteile einer kombinierten Behandlung die Verabreichung von 2 nicht kreuzresistenten Therapiestrategien (Polychemotherapie, Bestrahlung), die gezielte Nachbestrahlung der initialen Lymphommanifestationen („involved field“), eine Reduktion der Anthrazyklin-induzierten Kardiotoxizität und eine Verringerung der Spättoxizität (Zweitneoplasien) genannt wurden. Die Wirksamkeit der kombinierten Behandlung wurde jetzt in einer prospektiven, randomisierten, multizentrischen Studie der Southwest Oncology Group (SWOG) mit den Ergebnissen einer alleinigen Polychemotherapie bei Patienten mit lokalisierten, vorwiegend hochmalignen NHL (Stadium I/IE oder Il/IIE ohne „bulky disease“) verglichen (3). Insgesamt waren in dieser Studie 401 Patienten auswertbar, von denen 201 eine alleinige Polychemotherapie mit 8 Zyklen des CHOP-Schemas (Cyclophosphamid, Adriamycin, Vincristin, Prednison) und 200 Patienten eine kombinierte Polychemo- und Strahlentherapie (3 Zyklen des CHOP-Schemas gefolgt von „involved-field“ Strahlentherapie mit Gesamtdosis zwischen 40 und 55 Gy) erhielten. Das mediane Alter der Patienten betrug 59 Jahre und die mittlere Beobachtungszeit für die noch lebenden Patienten 4,4 Jahre. Beide Behandlungsgruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich der Verteilung der für NHL ungünstigen prognostischen Faktoren (z.B. Alter > 60 Jahre, reduzierter Allgemeinzustand, extranodale Manifestationen, Erhöhung der LDH). Die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie und Nebenwirkungen der beiden Therapiestrategien sind in Tabelle 1 zusammengefaßt. Sowohl das progreßfreie als auch das Gesamtüberleben war bei Patienten, die eine kombinierte Polychemo- und Strahlentherapie erhielten, signifikant besser als bei Patienten nach alleiniger Polychemotherapie. Bei den Interpretationen dieser Ergebnisse muß jedoch beachtet werden, daß 28 Patienten (14%) in dem Arm mit alleiniger Polychemotherapie im Vergleich zu nur 3 Patienten (1,5%) in dem Arm mit kombinierter Behandlung nicht alle Chemotherapiezyklen erhielten. Bei 7 Patienten kam es während der 8 CHOP-Zyklen zu einer Abnahme der linksventrikulären Ejektionsfraktion, wobei in der Nachbeobachtungsperiode 7 Patienten aus dem Polychemotherapie- und nur 2 Patienten aus dem kombinierten Polychemotherapie-/Strahlentherapie-Arm an einer klinisch manifesten Herzerkrankung starben. Auch andere schwerwiegende Nebenwirkungen (insbesondere Grad-4-Neutropenie) traten nach 8 Zyklen CHOP häufiger auf als nach 3 Zyklen CHOP plus Strahlentherapie.
Fazit: Eine kurze Polychemotherapie mit CHOP gefolgt von intensiver „involved-field“-Bestrahlung führt bei Patienten mit lokalisierten intermediär und hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen zu einer Verbesserung des progreßfreien und Gesamt-Überlebens. Inwieweit die kombinierte Behandlung aufgrund der geringeren Dosis der Chemotherapie und ausschließlich lokalen Bestrahlung auch zu einer Abnahme von früh bzw. verzögert (z.B. Kardiotoxizität, Zweitneoplasien) auftretenden Nebenwirkungen führt, kann anhand dieser Studie nicht endgültig beurteilt werden.
Literatur
1. Miller, T.P., und Jones, S.E.: Blood 1983, 62, 413.
2. Jones, S.E., et al.: J. Clin. Oncol. 1989, 7, 1186.
3. Miller, T.P., et al.: N. Engl. J. Med. 1998, 339, 21.