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Sicherheit und Nebenwirkungen von Azathioprin bei Kindern mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Zahlreiche Studien der letzten Jahre haben gezeigt, daß Patienten mit kompliziertem Verlauf beim M. Crohn oder Colitis ulcerosa (Steroidabhängigkeit, häufige Rezidive usw.) von einer immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin bzw. seinem aktiven Metaboliten 6-Mercaptopurin (6-MP) profitieren. So können bei vielen Patienten Steroide eingespart werden. Die Häufigkeit relevanter Nebenwirkungen einer Therapie mit Azathioprin bzw. 6-MP beträgt ca. 2% bei Kurzzeittherapie und 18% bei Langzeittherapie. Die häufigsten Nebenwirkungen sind cholestatische Hepatitis, Pankreatitis und Myelosuppression.

Bei Kindern mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist häufig die (Langzeit)Therapie mit Glukokortikoiden durch Nebenwirkungen (u.a. Wachstumsverzögerung, Hypertonie, Osteoporose, Steroid-induzierter Diabetes mellitus, Erhöhung des Augeninnendrucks, Katarakt, Akne, Hirsutismus, Psychosen) limitiert. Vor diesem Hintergrund wurden von B.S. Kirschner die Sicherheit und die Nebenwirkungen von Azathioprin bzw. 6-MP bei pädiatrischen Patienten retrospektiv analysiert (Gastroenterology 1998, 115, 813). Für die Auswertung standen die Patientenakten von 95 Kindern mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zur Verfügung. 28 Kinder litten an einer Colitis ulcerosa (24 mit Pankolitis), 66 an einem M. Crohn (22 mit hoher entzündlicher Aktivität, 25 mit Stenosen, 19 mit Fisteln). Das mittlere Alter betrug 14,2 Jahre (4,8 bis 24,4 Jahre). Azathioprin bzw. 6-MP wurden in der üblichen Dosierung (1,5-2,0 mg/kg KG bzw. 1,0-1,5 mg/kg KG) eingesetzt. Im Mittel wurde die Therapie 2,2 Jahre lang durchgeführt.

59 der 95 Patienten (54%) tolerierten die Medikation ohne Nebenwirkungen; 27 klagten über Nebenwirkungen, die sich nach Dosisreduktion bei 21 von 27 bzw. spontan bei 8 von 27 besserten. Bei 9 Patienten trat eine Leukopenie (2200-3800/mm3) auf, die sich nach Dosisreduktion bei 2 Patienten nach Unterbrechung der Therapie und Wiederaufnahme mit niedriger Dosis bei 2 bzw. spontan bei 5 besserte. 13 Patienten reagierten mit einer Erhöhung der Transaminasen. Auch diese Nebenwirkung verschwand bei 9 Patienten nach Dosisreduktion. Insgesamt konnten somit 82% der Kinder langfristig mit Azathioprin bzw. 6-MP behandelt werden; bei 89% konnte die Steroiddosis reduziert (von im Mittel 24,3 mg Prednison/d vor Therapie auf 8,6 mg Prednison/d unter laufender immunsuppressiver Therapie) bzw. die Steroid-Medikation komplett abgesetzt werden.

17 von 95 Patienten entwickelten Nebenwirkungen, die eine Beendigung der Therapie notwendig machte. Dabei standen Hypersensitivitätssyndrome (4 Patienten mit rezidivierendem Fieber; 4 mit Pankreatitis), schwere gastrointestinale Nebenwirkungen, rezidivierende Infektionen sowie bei je einem Patienten eine progrediente Hyperpigmentation, eine Thrombopenie und eine Leukopenie im Vordergrund. Infektiöse Komplikationen unter Azathioprin/6-MP-Therapie waren relativ selten (8 Patienten), doch potentiell bedrohlich (2 Sepsen).

Es ist zu befürchten, daß eine Therapie mit Immunsuppressiva das Risiko für die Entwicklung von malignen Tumoren, insbesondere Lymphomen, erhöht. In diesem Zusammenhang sei auf die Langzeitbeobachtungen bei 775 erwachsenen Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen hingewiesen, bei denen im Vergleich zu einer Normalpopulation ein signifikant erhöhtes Risiko für Malignome einschließlich Non-Hodgkin-Lymphomen beobachtet wurde (Relatives Risiko = 1,27; Connell, W.R., et al.: Lancet 1994, 343, 1249). Ob diese Beobachtung auch auf Kinder übertragen werden kann, ist unklar. Eltern sollten deshalb auf ein potentiell erhöhtes Risiko hingewiesen werden.

Fazit: Bei Kindern mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und kompliziertem Verlauf ist – bei sorgfältiger Überwachung – eine immunsuppressive Therapie mit Azathioprin bzw. 6-Mercaptopurin möglich. Nebenwirkungen, die zur Beendigung der Therapie führen, sind jedoch etwas häufiger als bei Erwachsenen.