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Acarbose und lymphozytäre Kolitis

Die Therapie mit Acarbose (Glucobay) bei Diabetes mellitus ist umstritten (s.a. AMB 1996, 30, 81). Nicht nur, weil der Nutzen dieser Substanz auf klinische Endpunkte schlecht belegt ist, sondern auch, weil die Einnahme von Acarbose sehr häufig zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führt: 77% Flatulenz, 33% Diarrhö, 21% Blähungen und Bauchschmerzen (1).

Eine Gruppe von Gastroenterologen aus Nizza konnte bei einem Patienten, der unter Acarbose (50 mg/d) eine anhaltende Diarrhö entwickelt hatte, nachweisen, daß diese durch eine lymphozytäre Kolitis hervorgerufen wurde (2). Die wäßrigen Durchfälle begannen zwei Wochen nach Beginn der Acarbose-Behandlung. Es folgte eine umfangreiche laborchemische, mikrobiologische und endoskopisch-bioptische Abklärung. Als einziger auffälliger Befund fand sich in den histologischen Proben des makroskopisch unauffälligen Kolons eine diffuse entzündliche Infiltration mit Lymphozyten. Vier Tage nach Absetzen der Acarbose sistierten die Durchfälle, und eine spätere Kontroll-Biopsie zeigte, daß sich die lymphozytäre Entzündung zurückgebildet hatte. Nach über vier Monaten erfolgte eine Reexposition mit Acarbose. Nach drei Tagen trat wiederum Diarrhö auf, und histologisch waren erneut lymphozytäre Infiltrate nachzuweisen.

Fazit: Die Autoren haben bewiesen, daß bei dem beschriebenen Patienten durch Einnahme von Acarbose eine lymphozytäre Kolitis induziert wurde. Diese Form der Kolitis wird als Autoimmunprozeß verstanden, der auch durch andere Medikamente ausgelöst werden kann (z.B. Ticlopidin, Ranitidin). Wie häufig derartige Kolitiden unter Acarbose sind, ist noch unklar.

Literatur

1. Handbuch der unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Hrsg.: Müller-Oerlinghausen, B., Lasek, R., Düppenbecker, H., Munter, K.-H.. Urban & Fischer, München, Jena 1999. Kap. 19.2.2, S. 479.
2. Piche, T., et al.: Lancet 2000, 356, 1246.