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Patienten mit metastasiertem Nierenzell-Karzinom profitieren nicht von einer Chemoimmuntherapie mit Interleukin-2, Interferon alfa-2a und 5-Fluorouracil

Die Prognose von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom ist sehr ungünstig. Ein kurative Behandlung steht nicht zur Verfügung, und die Ansprechraten auf eine Chemo- oder Hormontherapie sind enttäuschend niedrig. Auch immuntherapeutische Strategien, die seit Anfang der 80er Jahre verfolgt werden, haben bisher zu keiner deutlichen Verbesserung der Prognose geführt; außerdem waren sie z.T. mit erheblicher Toxizität assoziiert. Randomisierte Studien zur Wirksamkeit einer kombinierten Gabe von rekombinantem Interleukin-2 (rIL-2) und Interferon alfa-2a (rIFNa-2a) im Vergleich zur einer Monotherapie mit diesen Zytokinen hatten ergeben, daß die Ansprechraten und das ereignisfreie Überleben, nicht jedoch das Gesamtüberleben, durch die Kombination von rIL-2 und rIFNa-2a verbessert werden konnten (vgl. AMB 1998, 32, 45b). Von dieser Immuntherapie profitierten insbesondere Patienten in guten Allgemeinzustand und nicht sehr ausgeprägter Metastasierung in Lunge und/oder Lymphknoten. Basierend auf den vielversprechenden Auswertungen einer Zwischenanalyse zur Wirksamkeit einer Chemoimmuntherapie, die jedoch durch die endgültigen Auswertungen nicht bestätigt werden konnten, haben französische Autoren in einer 1995 begonnenen randomisierten, multizentrischen Studie Ansprechraten, Toxizität, progressionsfreies Überleben ( = primäre Endpunkte) und Gesamtüberleben ( = sekundärer Endpunkt) einer kombinierten s.c. Gabe von rIL-2 und rIFNa-2a ohne (Arm A) oder mit 5-Fluorouracil (5-FU; Arm B) verglichen (N?grier, S., et al.: J. Clin. Oncol. 2000, 18, 4009). Die Zytokine wurden in den Wochen 1, 3, 5 und 7 (rIL-2: 9mal 106 IU/d über 6 Tage; rIFNa-2a 6mal 106 IU/d 3mal wöchentlich) verabreicht, und im Arm B erhielten die Patienten zusätzlich 5-FU (600 mg/m2) als kontinuierliche Infusion 5 Tage lang in den Wochen 1 und 5. Es war geplant, nach Rekrutierung von jeweils 21 Patienten in die Arme A und B eine Zwischenanalyse durchzuführen und die Studie bei ungenügendem Ansprechen in einem oder beiden Therapiearmen bzw. bei einem Unterschied in der Ansprechrate > 15% zwischen den Armen A und B zu beenden. Eine Unterbrechung der Patientenrekrutierung während der Zwischenanalyse war nicht beabsichtigt, da nach Ansicht der verantwortlichen Onkologen beide Behandlungsstrategien als Standardtherapie des metastasierten Nierenzell-Karzinoms angesehen werden konnten. Dieser offensichtliche Fehler im Design der randomisierten Studie, auf den in einem sehr kritischen, lesenswerten Editorial ausführlich eingegangen wird (Fossa, S.D., und Skovlund, E.: J. Clin. Oncol. 2000, 18, 4007), führte dazu, daß 79 Patienten eine toxische und weitgehend wirkungslose Chemoimmuntherapie erhielten. Die in der Zwischenanalyse ausgewerteten Ansprechraten waren in beiden Armen der Studie enttäuschend niedrig (Arm A: kein Ansprechen bei 21 Patienten; Arm B: 3 partielle Remissionen = PR bei 21 Patienten). Auch die Auswertung aller 131 randomisierten Patienten zeigte keine signifikanten Unterschiede in den Ansprechraten (Arm A: 1 PR/70 Patienten, Arm B: 5 PR/61 Patienten), im progressionsfreien Überleben (12% vs. 15% nach einem Jahr) und im Gesamtüberleben (53% vs. 52% nach einem Jahr). Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Grad 3 + 4 entsprechend der WHO-Kriterien) traten bei 51 Patienten in Arm A und bei 50 Patienten in Arm B auf (Verschlechterung des Allgemeinzustands, Störungen des Verdauungssytems, Fieber).

Die französische Studie verdeutlicht wieder einmal, daß vielversprechende Ergebnisse von frühen Phase-II-Studien häufig auf Patientenselektion zurückzuführen sind und in anschließenden Phase-II/III-Studien nicht bestätigt werden können. Zwischenanalysen, z.B. während randomisierter Phase-II-Studien in der Onkologie, müssen unbedingt beachtet und möglichst durch unabhängige Monitore ausgewertet werden. Während der Zwischenanalysen sollte die Rekrutierung von Patienten unbedingt unterbrochen werden. Erfreulicherweise hat die Groupe Français d Immunothérapie aus ihren Fehlern gelernt und wird sich in zukünftigen Studien an dem zuvor beschriebenen Vorgehen orientieren.

Fazit: Patienten mit metastasiertem Nierenzell-Karzinom profitieren nicht von einer s.c. Kombinationstherapie mit rIL-2 plus rIFNa-2a oder einer zusätzlichen Gabe von 5-FU. Diese Form der Chemoimmuntherapie kann deshalb nicht als Standardtherapie des metastasierten Nierenzell-Karzinoms empfohlen werden.