Viele Patienten mit M. Parkinson entwickeln nach Jahren erfolgreicher Behandlung mit Levodopa-Präparaten zunehmend Wirkungsfluktuationen mit häufigen Wechseln guter und schlechter Beweglichkeit („On”- bzw. „Off”-Zustand). Erschwerend können behandlungsinduzierte Dyskinesien hinzutreten, d.h. Patienten in „On”-Phasen entwickeln eine unkontrollierte Überbeweglichkeit (Hyperkinesien) und leiden in „Off”-Phasen unter schmerzhaften dystonen Symptomen. Diese als „L-Dopa-Spätsyndrom” bezeichnete Zunahme von „Off”-Zeiten und Dyskinesien ist ein großes Behandlungsproblem und in seiner Genese unklar. Als günstig haben sich begleitende Pharmakotherapien erwiesen, z.B. die gleichzeitige Einnahme von Hemmern der Catechol-Ortho-Methyl-Transferase (COMT-Hemmer) mit jeder Levodopa-Dosis (Entacapon; s.a. 1, 2).
Im Lancet erschien ein Bericht von O. Rascol et al. (2) über eine von der Firma Teva Pharmaceutical Industries initiierte und betreute Multicenter-Studie von 18 Wochen Dauer, in der der Monaminooxidase-B-(MAO-B)-Hemmer zweiter Generation Rasagilin in der fixen Dosis von einmal 1 mg/d (Gruppe 1) als Zusatztherapie zu einer zuvor optimierten Therapie mit Levodopa (während 2-4 Wochen vor Beginn der eigentlichen Studie) hinsichtlich der Dauer der „Off”-Zeit (Haupt-Endpunkt der Studie) bei Patienten mit idiopathischem M. Parkinson evaluiert wurde. Eine parallele Gruppe 2 erhielt den für die gleiche Indikation angewandten COMT-Hemmer Entacapon (200 mg zusammen mit jeder Levodopa-Dosis) und die Kontroll-Gruppe (Gruppe 3) Plazebo (in „Double-dummy-Technik”, alles doppelt verblindet). Sekundäre Endpunkte waren die durch einen Untersucher festgestellten klinischen Symptom-Änderungen und Änderungen in zwei Parkinson-spezifischen Symptom-Skalen (UPDRS = Unified Parkinson’s Disease Rate Scale und ADL = Activities of Daily Living) nach 18 Wochen Therapie. Zur Dokumentation des Therapie-Erfolgs mussten die Patienten an bestimmten Tagen vor und am Ende der Intervention ein Symptom-Tagebuch führen. Die Autoren des Artikels waren Mitglieder des „Clinical advisory board” der Studie.
Von insgesamt 687 Patienten beendeten 88 (23, 30 und 35 in den Gruppen 1, 2 und 3) die Studie nicht, hauptsächlich wegen Rücknahme der Einwilligung und unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW). Sowohl in Gruppe 1 wie 2 wurde die „Off”-Zeit von basal ca. 5,5 Stunden/d um ca. 1,2 Stunden verkürzt, verglichen mit 0,4 Stunden unter Plazebo (p = 0,0001 für Gruppen 1 und 2 zusammen vs. Plazebo). Die „On”-Zeit nahm signifikant zu. Dyskinesien während der „On”-Zeit wurden nicht signifikant beeinflusst. Von den Untersuchern wurde ein signifikant besserer Gesamtzustand im „On” nach 18-wöchiger Behandlung in den Gruppen 1 und 2 festgestellt. In der UPDRS verbesserten sich die Werte in der „On”- und „Off”-Zeit unter Rasagilin etwas mehr als unter Entacapon und deutlich mehr als unter Plazebo. Unerwünschte dopaminerge Wirkungen (z.B. Dyskinesien und Halluzinationen) traten in den Gruppen 1 und 2 bei 3-6% der Patienten und unter Plazebo bei 1-4% auf.
Die Autoren bewerten den klinischen Effekt von Rasagilin positiv. Im Vergleich mit dem gründlicher untersuchten COMT-Hemmer Entacapon halten sie die feste einmalige Dosierung pro Tag ohne Notwendigkeit der Dosistitration für vorteilhaft. Diese Eigenschaft führen sie auf die irreversible Hemmung der MAO Typ B durch Rasagilin zurück, so dass dessen kurze Plasma-Halbwertzeit sich nicht negativ auswirkt.
Fazit: Bei Parkinson-Patienten mit langen „Off”-Zeiten unter optimierter dopaminerger Therapie bessert der MAO-B-Hemmer zweiter Generation Rasagilin das klinische Beschwerdebild ähnlich wie der COMT-Hemmer Entacapon, ist jedoch einfacher zu dosieren. Weitere und vom Hersteller unabhängige Studien müssen abgewartet werden.
Literatur
- AMB 1998, 32, 53a und 1999, 33, 65.
- Rascol, O., et al. (LARGO = Lasting effect in Adjunct therapy with Rasagiline Given Once daily): Lancet 2005, 365, 947.