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Nochmals: Einsparpotenziale bei Arzneimitteln durch Verschreiben von Generika und Vermeiden teurer Scheininnovationen

Zu dieser Kleinen Mitteilung (1) sind viele Leserbriefe bei uns eingegangen. Einigen lag die Darstellung der Verordnungen in der eigenen Praxis im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt gleich bei. Andere haben aber auch abgeraten, die mögliche elitäre Struktur unserer Leserschaft durch eine Analyse des Verordnungsverhaltens nachweisen zu wollen. Das sei unnötig und methodisch angreifbar. Die Leser hätten ohnehin schon durch das Abonnement des ARZNEIMITTELBRIEFS ihr Engagement an unabhängiger, medizinisch und wirtschaftlich rationaler Verordnungsweise nachgewiesen. Dem schließen wir uns gerne an.

Einige Gesichtspunkte zum Thema „Verordnungsempfehlungen der Krankenhäuser” wollen wir aber als Beispiel für viele wiedergegeben und kommentieren.

Dr. C.A. aus N.N.: >> Man hat das Gefühl, Ihr Artikel sei vom BMG gesponsert. … Die Kliniken erhalten Rabatte. Und … die „Mietmäuler” sind in der Regel in der Klinik positioniert …. Es ist in der Tat nicht einfach, Patienten, die auf ein Medikament eingestellt sind, auf ein günstigeres umzustellen. <<

Dr. A.T. aus Kirchheim: >> Wenn Pharmafirmen Präparate in den Markt drücken wollen, wird uns vom Chefarzt oder Apotheker mitgeteilt, dies sei zwar in der Praxis teuer, koste dem Haus aber wenig oder nichts. Ich hoffe, dass die (so genannte) Gesundheitsreform auf diesem Gebiet etwas bewirkt und die Krankenhausärzte nicht mehr das Hintertürchen der Pharmaindustrie sind, Medikamente durchzusetzen. <<

Dr. H.Z. aus Berlin: >> … Problematisch (für die Umstellung der Medikamente auf die Gegebenheiten in der Praxis) sind dabei häufig die Patienten selbst, die genau die … Pille aus der Klinik haben wollen, weil sie vermuten, sie würden sonst mit II.-Klasse-Medikamenten versorgt. <<

Dr. P. aus Aurich: >> … Angesichts knapper Ressourcen kommt eine Krankenhausverwaltung nicht umhin, lukrative Angebote von teuren Medikamenten durch die Pharmaindustrie zur Entlastung der wirtschaftlichen Situation anzunehmen … Der den Entlassungsbrief in Empfang nehmende Hausarzt setzt, um Diskussionen zu vermeiden (und Zeit zu sparen), … in der Regel die Empfehlungen des Entlassungsbriefes quasi 1:1 um. <<

Dr. S.K. aus N.N.: >> Eine mögliche Lösung wäre, Musterpräparate auch im Krankenhaus zu verbieten … und in Arztbriefen nur Wirkstoffe zu benennen. <<

Dr. W.B. aus Mannheim: >> Eine typische Therapieempfehlung der Kliniken nach akutem Koronarsyndrom ist: Sortis 40®, Norvasc 5®, Beloc Zok®, Pantozol 40®, Aspirin Protect®, Iscover®, Fraxiparin® und Coversum®. Anscheinend liest niemand den ARZNEIMITTELBRIEF! <<

Herr A.G. aus Essen: >> … Die Gesetzgebung fordert in § 115c Abs. 1 SGB V das Krankenhaus auf, ”dem weiterbehandelndem Vertragsarzt die Therapievorschläge unter Verwendung der Wirkstoffbezeichnungen mitzuteilen. … Falls preisgünstigere Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen verfügbar sind, ist mindestens ein preisgünstigerer Therapievorschlag anzugeben” … Unterschiedliche Untersuchungen gehen davon aus, dass nur ca. 1/5 der Krankenhäuser neben den Namen der Arzneimittelspezialitäten auch Wirkstoff-Bezeichnungen anführen würden. <<

Kommentar: Im Arzneiverordnungs-Report werden die Verordnungen der Kassenärzte Jahr für Jahr öffentlich kritisch analysiert (2). Einen auch nur annähernd ähnlichen Bericht über die Verordnungsempfehlungen der Krankenhäuser und Universitätskliniken gibt es nicht. Hier ist dringender Nachholbedarf.

Die KV Brandenburg hat 2004 eine Befragung aller niedergelassenen Ärzte durchgeführt (3). Nur 300 Fragebögen wurden zurückgesandt. 63% gaben an, dass in den Entlassungsbriefen Wirkstoffnamen genannt würden, Alternativvorschläge (z.B. Omeprazol statt Pantoprazol) fänden sich nie. Gespräche der Krankenkassen mit der Landeskrankenhausgesellschaft hatten auch 2007 das Ergebnis, dass die Krankenhausgesellschaft sich nicht in der Lage und in der Pflicht sieht, die Umsetzung des § 115c SGB V bezüglich der Nennung eines preisgünstigeren Therapievorschlages … auf Landesebene zu fördern. Er lautet: …”das Krankenhaus soll bei der Entlassung Arzneimittel anwenden, die auch bei der Verordnung in der vertragsärztlichen Versorgung zweckmäßig und wirtschaftlich sind, soweit das ohne eine Beeinträchtigung der Behandlung im Einzelfall und ohne eine Verlängerung der Verweildauer möglich ist.” Die Krankenhausgesellschaft verweist auf die Verantwortung z.B. des gemeinsamen Bundesausschusses, der eine verbindliche Vergleichliste vorlegen solle. Die Festbetragsregelung bietet allerdings schon jetzt erste Möglichkeiten. Medikamente in derselben Festbetragsgruppe sind in aller Regel austauschbar. Unangemessene Verordnungsempfehlungen der Krankenhäuser können die Ursache dafür sein, dass niedergelassene Ärzte zu Opfern der Bonus-Malus-Regelung werden.

Die KV Nordrhein (4) hat Arztbriefe gesammelt, die ihr von niedergelassenen Ärzten übergeben wurden, um spezielle Verordnungen zu begründen. Bei der kursorischen Auswertung dieser Briefe (s. Tab. 1) kann man erkennen, dass die Pharmawerbung in den Krankenhäusern auf fruchtbaren Boden gefallen ist und mit der Medikationsempfehlung in die Praxis getragen wird.

Den Empfehlungen der Entlassungsbriefe zur ambulanten Weiterbehandlung kann in der Praxis oft nicht gefolgt werden. Der Leser aus Berlin deutet in seinem Brief an (s.o.), dass es auch daran liege, dass die Patienten oft zu wenig Verständnis für die Umstellung haben. Erfahrungsgemäß kommt im Krankenhaus aus Mangel an Zeit die Information über Arzneimittel in dieser Beziehung nicht selten zu kurz. Möglicherweise wäre es hilfreich, wenn der Patient und/oder seine Angehörigen bei der Entlassung nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich einige Informationen erhielten über die unterschiedlichen Bedingungen der Arzneimittelversorgung in Klinik und Praxis (z.B. Preisniveau, Arzneimittelvereinbarungen mit den Kassen). Ein solcher Text könnte den Patienten bei der Entlassung mit/auf anderen Papieren ausgehändigt werden, z.B. auf dem Verordnungsplan. Wenn solche Papiere nicht vorgesehen sind, könnten Textbausteine in den Arztbriefen, die oft den Patienten bereits bei Entlassung ausgehändigt werden, eine ähnliche Wirkung haben. Auf unserer Webseite (5) finden Sie den Vorschlag für ein Formular, das als Verordnungsplan und Entlassungsinformation für Patienten genutzt werden kann. Das Formular könnte Krankenhausärzte anregen, dergleichen in ihrem Haus einzuführen, und niedergelassene Kollegen könnten das Formular mit einer entsprechenden Empfehlung an Krankenhausabteilungen weiterreichen. Als Patienteninformation schlagen wir folgenden Text vor:

„Arzneimittel müssen wirksam sein, sollten möglichst wenig Nebenwirkungen haben und preisgünstig sein. Die Medikamente im Krankenhaus haben Ihnen geholfen. Daher muss die Therapie für eine gewisse Zeit nach Ihrer Entlassung weitergeführt werden. Die selben Arzneistoffe werden oft unter verschiedenen Handelsnamen mit unterschiedlichen Preisen verkauft (z.B. Generika). Chemisch sehr ähnliche (neue) Wirkstoffe (Analogpräparate) haben oft sehr ähnliche Wirkungen wie bereits eingeführte, sind aber erheblich teurer. Die Preise für Arzneimittel sind im Krankenhaus meist anders als in der Apotheke. Zur Verschreibung von Arzneimitteln in der Praxis gibt es Vereinbarungen zwischen Ärzten und Krankenkassen, die eingehalten werden müssen. Dadurch ist gewährleistet, dass Sie auch nach der Entlassung die für Sie richtigen Medikamente erhalten, die wirksam, sicher und preiswert sind. Ihr Hausarzt wird aus Preisgründen häufiger auf Generika oder auf andere gleichwertige Medikamente umstellen. Ihnen wird dadurch gegebenenfalls die Zuzahlung erspart.”

Literatur

  1. AMB 2006, 40, 90. Link zur Quelle
  2. Schwabe, U., und Paffrath, D.: Arzneiverordnungs-Report 2006. Springer, Berlin, Heidelberg, New York.
  3. KV intern 9/2005.
  4. KV Nordrhein: persönliche Mitteilung.
  5. www.der-arzneimittelbrief.de Link zur Quelle

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