Am Rande großer Medizinkongresse finden regelmäßig auch so genannte „Investigator Meetings” internationaler multizentrischer Studien statt. Die Teilnahme an einem solchen Event war für den Autor ein Erlebnis der besonderen Art. Es handelte sich um eine Vorab-Präsentation der Ergebnisse einer großen kardiologischen Studie, exklusiv für die am Einschluss der 3491 Patienten beteiligten Ärzte. Bei einem exotischen Gourmet-Menü wurden die Studienergebnisse in bester US-Show-Manier präsentiert, wobei die Stimmung ihren unbestrittenen Höhepunkt erreichte, als unter Ovationen die p-Values („zero! point! zero! zero! …”) proklamiert wurden.
Bemerkenswert sind auch die Rahmenbedingungen, unter denen das Meeting stattfand. Etwa 300 Teilnehmer aus aller Welt wurden mit einem von der veranstaltenden pharmazeutischen Firma organisierten Shuttleservice zunächst zu einem Hotelkomplex verbracht. Über unterirdische Gänge gelangte man sodann in die fensterlosen Veranstaltungssäle, wo in einem Foyer zunächst zu einem Stehbuffet geladen wurde (beliebtes Small-talk-Thema: „Und was haben Sie gemacht, um hier dabei sein zu dürfen?”). Der Übergang zur anschließenden Hauptveranstaltung gestaltete sich organisatorisch aufwändig: Jeder Teilnehmer musste vor Betreten des Raums seine Unterschrift unter einen Katalog von Verhaltensmaßregeln leisten, der neben den üblichen Film- und Foto-Verboten auch die Weisung beinhaltete, die in dieser Veranstaltung vermittelten Kenntnisse unter keinen Umständen vor der für drei Tage später anberaumten offiziellen Präsentation in der wissenschaftlichen Main-Session des Kongresses an Dritte weiterzugeben. Nach zusätzlicher Visitation mittels Metalldetektoren wurde man schließlich durch einen Kordon von Securitypersonal in den Saal eingelassen. Ob solche geradezu militärisch-konspirativ anmutenden Maßnahmen publikationsrechtlich angemessen sind oder vielleicht doch eher ein Durchsickern von Insiderwissen im Interesse der Shareholder-Values verhindern sollen, mag jeder Beobachter für sich beurteilen.