Die Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD) ist eine meistens iatrogene Komplikation der Behandlung mit Antibiotika und ein zunehmendes klinisches Problem, insbesondere bei schwer kranken und alten Patienten (neuere Übersichten 1, 2, s.a. 3). Weitere Risikofaktoren für diese Erkrankung sind Dauer der Hospitalisierung, operative Eingriffe am Gastrointestinaltrakt und die Behandlung mit Säureinhibitoren (1). Der Schweregrad der Erkrankung ist sehr variabel und reicht von milder Diarrhö bis hin zum toxischen Megakolon mit Perforation. Seit kurzem wird aus Nordamerika und einigen europäischen Ländern von einem neuen C.-difficile-Stamm berichtet, der leichter übertragbar ist und Morbidität und Letalität steigert (4, 5).
Milde Formen der CDAD werden üblicherweise zunächst nur durch Absetzen des auslösenden Antibiotikums behandelt. Alle übrigen werden heute primär antibiotisch therapiert. Obwohl die CDAD auf eine antibiotische Behandlung mit Metronidazol oder Vancomycin initial gut anspricht, kommt es bei ca. 20% der Patienten zu einem Rezidiv (6). Bei dem neu beschriebenen C.-difficile-Stamm scheint auch der initiale Erfolg der Standardtherapie geringer zu sein (2). Ein weiteres Problem der antibiotischen Behandlung der CDAD ist die mögliche Induktion resistenter Erreger (wie z.B. Vancomycin-resistente Enterokokken = VRE). Daher sucht man schon seit längerem nach nicht-antibiotischen Therapiemöglichkeiten. Schon vor Jahren wurde versucht, mit Anionen-Austauschern (z.B. Cholestyramin) die pathophysiologisch relevanten Toxine von C. difficile im Darm unwirksam zu machen. Aber sowohl im Hamstermodell wie in klinischen Studien haben sich diese Substanzen als unwirksam erwiesen (7, 8). Eine neue Substanz, ein hochmolekulares (> 400 kDa großes), anionisches, lösliches Polymer (GT 160-245 = Tolevamer), das die C.-difficile-Toxine A und B nicht-kovalent bindet, hat sich hingegen sowohl im Tiermodell (9) wie auch in einer ersten klinischen Studie (10) als wirksam erwiesen.
In einer dreiarmigen, multizentrischen, randomisierten, doppeltblinden Phase-II-Studie wurden nun zwei Dosierungen (3 und 6 mg/d) von Tolevamer (14 Tage lang gegeben) gegen die Standardtherapie mit Vancomycin (10 Tage lang gegeben) bei milder bis mittelschwerer CDAD verglichen (10). In den Arm mit 3 g Tolevamer wurden 97, in den mit 6 g Tolevamer 95 und in den Vancomycin-Arm (500 mg/d) 97 Patienten randomisiert. Hinsichtlich des Schweregrads der CDAD und der Begleiterkrankungen gab es keine wesentlichen Unterschiede in den drei Gruppen. Allerdings muss man bedenken, dass milde Formen der CDAD üblicherweise zuerst durch Absetzen des auslösenden Antibiotikums behandelt werden. Als primärer Zielpunkt wurde die Zeit bis zum Sistieren der Diarrhö festgelegt. Als sekundärer Effekt wurde die Häufigkeit von Rezidiven erfasst.
48 von 72 Patienten (67%), die mit 3 g/d Tolevamer behandelt wurden, und 58 von 70 (83%), die 6 g/d Tolevamer bekamen, wurden innerhalb von vier Tagen symptomfrei. In der Vancomycin-Gruppe wurden 73 von 80 (91%) innerhalb von drei Tagen symptomfrei. In der Tolevamer-Gruppe mit 3 g/d erlitten 7 von 44 (16%), in der Tolevamer-Gruppe mit 6 g/d 4 von 56 (7%) und in der Vancomycin-Gruppe 14 von 73 (19%) ein Rezidiv. Insgesamt gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe mit 6 g/d Tolevamer und der mit Vancomycin. Es zeigte sich ein Trend einer schnelleren Symptomfreiheit in der Vancomycin-Gruppe und einer niedrigeren Rezidivrate in der Tolevamer-Gruppe mit 6 g/d.
Die von den Patienten berichteten UAW waren in den Gruppen nicht unterschiedlich. Insgesamt am häufigsten waren gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen. In der Gruppe, die 6 g/d Tolevamer erhielt, waren Hypokaliämien signifikant häufiger als in den beiden anderen Gruppen. Andere Veränderungen von Laborwerten wurden nicht gefunden.
Fazit: Zum ersten Mal konnte in einer klinischen Studie die Wirksamkeit eines Toxinbinders bei CDAD gezeigt werden. Diese viel versprechende neue Therapie wird zurzeit in einer großen multizentrischen Phase-III-Studie in Nordamerika und Europa weiter klinisch geprüft. Sollten sich ähnlich gute Resultate und keine gravierenden UAW zeigen, wird es aber wahrscheinlich noch 1-2 Jahre dauern bis die Substanz zur Verfügung steht.
Literatur
- Bartlett, J.G.: Ann. Intern. Med. 2006, 145 , 758. Link zur Quelle
- Cloud, J., und Kelly, C.P.: Curr. Opin. Gastroenterol. 2007, 23 , 4. Link zur Quelle
- AMB 2006, 41, 68a. Link zur Quelle
- Loo, V.G., et al.: N. Engl. J. Med. 2005, 353 , 2442. Link zur Quelle
- Warny, M., et al.: Lancet 2005, 366 , 1079. Link zur Quelle
- Teasley, D.G., et al.: Lancet 1983, 2 , 1043. Link zur Quelle
- Bartlett, J.G., et al.: Am. J. Vet. Res. 1978, 39 , 1525. Link zur Quelle
- Mogg, G.A., et. al.: Br. J. Surg. 1982, 69 , 137. Link zur Quelle
- Kurtz, C.B., et al.: Antimicrob. Agents Chemother. 2001, 45, 2340. Link zur Quelle
- Louie, T.J., et al.: Clin. Infect. Dis. 2006, 43, 411. Link zur Quelle