Protonenpumpen-Hemmer (PPI) gehören zu den am häufigsten verordneten und auch selbst gekauften Arzneimitteln weltweit (1). Die Therapie mit diesen Wirkstoffen wird nach anfänglicher Indikation oft lange Zeit unkritisch kontinuierlich weitergeführt (2). Eine der dabei diskutierten Nebenwirkungen von PPI sind Störung des Knochenstoffwechsels durch Hemmung der intestinalen Kalziumabsorption (3), durch Interaktion mit Osteoklasten (4) sowie möglicherweise, zumindest im Tierexperiment, durch Induktion einer Hypergastrinämie mit Hyperparathyreoidismus und Abnahme der Knochendichte (5). Frakturen des Oberschenkelhalses tragen bei älteren Menschen erheblich zu Morbidität und Letalität bei (6).
Mehrere Studien weisen auf eine Assoziation von PPI und Schenkelhalsfrakturen hin (7, 8). Die Aussagekraft dieser Studien ist jedoch eingeschränkt, weil sie entweder retrospektiv waren, die Nahrung der Patienten nicht ausreichend analysiert wurde oder zu wenige Teilnehmer hatten. Dennoch hat die FDA eine entsprechende Warnung herausgegeben, aber mit dem Hinweis, dass weitere Daten zu dieser wichtigen vermuteten Nebenwirkung benötigt werden (9).
Nun wurden Ergebnisse einer prospektiven Studie im Rahmen der Nurses’ Health Study vorgelegt (10). Es wurden 79.899 postmenopausale Frauen eingeschlossen, von denen Daten zur Einnahme von PPI und zu anderen Risikofaktoren vorlagen. Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich von 2000 bis 1. Juni 2008.
Insgesamt wurden während 565.786 Personenjahren 893 Schenkelhalsfrakturen registriert. Im Jahr 2000 nahmen 6,7% dieser Frauen PPI ein, im Jahr 2008 waren es 18,9%. Das absolute Risiko für eine Schenkelhalsfraktur war bei Patientinnen, die regelmäßig PPI einnahmen, 2,02 Ereignisse/1000 Personenjahre und bei Patientinnen ohne PPI 1,51. Bei Frauen, die zwei Jahre lang regelmäßig PPI einnahmen, war das Risiko um 35% höher, verglichen mit Frauen, die keine PPI einnahmen (altersadjustierte Hazard Ratio: 1,35; CI: 1,13-1,62). Mit längerer Einnahmezeit erhöhte sich das Risiko weiter. Die statistische Berücksichtigung weiterer Faktoren, wie Body-Mass-Index, körperliche Aktivität oder Einnahme von Kalzium, änderte nichts an dem Ergebnis. Allerdings wurde ein erheblicher Unterschied im Risiko für Schenkelhalsfrakturen zwischen Raucherinnen (frühere oder aktuelle) und Nicht-Raucherinnen gefunden. Es war in der Raucherinnen-Gruppe um 50% erhöht (multivariante Hazard Ratio: 1,51; CI: 1,20-1,91). Im Gegensatz hierzu war das Risiko bei Frauen, die niemals geraucht hatten, nicht erhöht (multivariante Hazard Ratio: 1,06; CI: 0,77-1,48).
Darüber hinaus führten die Autoren noch eine Metaanalyse mit zehn publizierten epidemiologischen Studien durch, die das Risiko von PPI-Einnahme und Schenkelhalsfraktur erfasst hatten. Auch hier fanden sie ein erhöhtes Risiko für Schenkelhalsfrakturen in der PPI-Gruppe.
Fazit: Eine Langzeittherapie mit PPI ist mit einem gering erhöhten Risiko für Schenkelhalsfrakturen bei älteren Frauen assoziiert, insbesondere bei denen, die rauchen oder geraucht haben.
Literatur
- Targownik, L.E., etal.: Am. J. Gastroenterol. 2007, 102, 942. Link zur Quelle
- AMB 2008, 42,49. Link zur Quelle
- O’Connell, M.B., et al.: Am. J.Med., 2005, 118, 778. Link zur Quelle
- Mizunashi, K., et al.:Calcif. Tissue Int. 1993, 53,21. Link zur Quelle
- Gagnemo-Persson, R.,et al.: Calcif. Tissue Int. 1997, 61, 210. Link zur Quelle
- Bliuc, D., et al.: JAMA2009, 301, 513. Link zur Quelle
- Corley, D.A., et al.:Gastroenterology 2010, 139, 93. Link zur Quelle
- Gray, S.L., et al. (WHI = Women’s Health Initiative):Arch. Intern. Med. 2010, 170, 765. Link zur Quelle
- FDA Drug safteycommunication: Link zur Quelle
- Khalili, H., et al.(NHS = Nurses’ Health Study): BMJ 2012, 344, e372. Link zur Quelle