Übelkeit und Erbrechen sind in der Schwangerschaft, besonders im ersten Trimenon, häufig (ca. 50% der Schwangeren), quälend und können zu Gewichtsverlust führen. Die Ursachen sind nach wie vor nicht geklärt. Diätetische Maßnahmen, z.B. mehrere kleine Mahlzeiten täglich oder Ingwer, und Vermeiden unangenehmer Gerüche können helfen. Bei etwa 10-15% der Schwangeren sind Übelkeit und Erbrechen aber so stark, dass eine medikamentöse Therapie erforderlich wird. Meist werden Antiemetika aus der Antihistaminika-Gruppe verordnet. Die Datenbank „Embryotox” (1) empfiehlt in erster Linie Meclozin, ein älteres Antihistaminikum, das in Deutschland nicht mehr im Handel ist, aber über die Apotheke importiert werden kann. Andere Antihistaminika, die bei dieser Indikation verordnet werden, aber nicht explizit für Hyperemesis gravidarum zugelassen sind, sind Doxylamin (Sedaplus®, DDD-Preis 1,34 €), Dimenhydrinat (Vomacur®, DDD-Preis 1,44 €) und Diphenhydramin (Emesan®, DDD-Preis 1,10 €). Sie werden offenbar häufig off label verordnet und gelten auf Grund vorliegender Daten als relativ sicher in der Frühschwangerschaft (2).
Zu den stark wirksamen Antiemetika zählen die zentral wirkenden kompetitiven 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten (5-HT = Serotonin). Sie sind bei uns nur für die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei zytotoxischer Chemotherapie oder Strahlentherapie zugelassen (vgl. 3), werden aber offenbar weltweit auch bei Hyperemesis gravidarum (HG) verordnet (4, 5). Die Datenbank Embryotox berichtet über mehrere kleinere Beobachtungsstudien, aus denen hervorgeht, dass der am häufigsten verordnete Vertreter der 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten, Ondansetron (DDD-Preis 19,64 €!), in der Schwangerschaft bisher nicht mit ungünstigem Schwangerschaftsausgang und fetalen Fehlbildungen im Vergleich mit Kontroll-Gruppen in Zusammenhang gebracht wurde.
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch eine Publikation von B. Pasternak et al. (6), die auf der Auswertung umfangreicher nationaler Datenbanken in Dänemark beruht. In einer historischen Kohorte von 608.385 Schwangerschaften wurden 1.849 Frauen identifiziert, die in der Schwangerschaft mit Ondansetron (ON) behandelt worden waren. Die Ergebnisse der Schwangerschaften dieser Frauen wurden mit der vierfachen Zahl „gematchter” Schwangerer verglichen, die kein ON eingenommen hatten („Propensity-score-matched analyses”; Kontrollen). Insgesamt war die Einnahme von ON während der Schwangerschaft nicht mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen ungünstigen Schwangerschaftsausgang assoziiert. Spontanaborte waren bei ON-Exposition in den Schwangerschaftswochen (SSW) 7-12 mit 1,1% vs. 3,7% und bei Exposition in den SSW 13-22 mit 1% vs. 2,1% etwas seltener als bei den Schwangeren, die als Kontrollen dienten. Auch hinsichtlich der Inzidenz von Totgeburten, fetalen Fehlbildungen, Frühgeburten und zu geringem Gewicht der Kinder bezogen auf den Entbindungstermin ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.
Fazit: Die Behandlung mit Ondansetron bei Hyperemesis gravidarum ist nach den Ergebnissen umfangreicher nationaler dänischer Datenbanken nicht mit einem ungünstigeren Ausgang von Schwangerschaften assoziiert. Es ist in Deutschland für diese Indikation nicht zugelassen.
Literatur
- http://www.embryotox.de/meclozin.html Link zur Quelle
- http://www.embryotox.de/fileadmin/files/offlabeluse.pdf Link zur Quelle
- AMB 2007, 41,09. Link zur Quelle
- Niebyl, J.R.: N.Engl. J. Med. 2010, 363, 1544. Link zur Quelle Erratum: N.Engl. J. Med. 2010, 363, 2078.
- Mitchell,A.A., et al.: Am. J. Obstet. Gynecol. 2011, 205, 51. Link zur Quelle
- Pasternak,B. et al.: N. Engl. J. Med. 2013, 368, 814. Link zur Quelle