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Klinisch kein Vorteil durch Thyroxinsubstitution bei älteren Menschen mit subklinischer Hypothyreose

Im Oktober 2016 haben wir in unserem Hauptartikel die Substitutionstherapie bei latenter oder subklinischer Hypothyreose (SCH) diskutiert (1). Deren Definition ist ein erhöhter TSH-Wert bei noch normalem freiem L-Thyroxin im Serum/Plasma. Der letzte Satz unserer Zusammenfassung lautete: Zu möglichen Vorteilen einer Thyroxin-Substitution bei leichter subklinischer Hypothyreose gibt es keine randomisierten kontrollierten Langzeitstudien.

Eine solche Multicenterstudie an 737 älteren Patienten (mittleres Alter 74,4 Jahre, ca. 54% Frauen) mit SCH wurde jetzt mit primärer Finanzierung durch die Europäische Union (FP7–HEALTH-2011) unter Federführung von D.J. Stott aus Glasgow über ein Jahr durchgeführt (2). Die basalen TSH-Werte waren 4,99-19,99 mU/l, im Mittel 6,4 ± 2,01 mU/l. Alle Werte wurden durch einen zweiten erhöhten TSH-Wert bestätigt. Bei vielen Patienten war der Befund der SCH das Ergebnis eines Labor-Screenings. Bei den Patienten wurde ein Hypothyreose-Symptom-Score (Fragebogen) und ein Müdigkeits- und Lebensqualitäts-Score ermittelt. Auf Skalen von 0-100 entsprachen höhere Scores stärkeren Beschwerden. Potenzielle Änderungen von ≥ 9 Punkten wurden als klinisch relevant bewertet. Doppelblind und randomisiert erhielten die Patienten in der Regel initial 50 µg Thyroxin (bei < 50 kg Körpergewicht 25 µg) pro Tag bzw. ähnlich aussehende Plazebo-Tabletten. Die Dosis wurde so angepasst, dass TSH zwischen 0,4 und 4,59 mU/l war. Es ist zu vermuten, dass bei den behandelnden Ärzten durch den ausbleibenden Effekt der Dosisanpassung in der Plazebogruppe das Risiko der Entblindung gegeben war.

Ergebnisse: In der Plazebo-Gruppe war das TSH nach einem Jahr im Mittel 5,48, in der Verum-Gruppe 3,63 mU/l. In den beiden Symptom-Scores ergab sich nach einem Jahr kein Unterschied zwischen Verum und Plazebo. Patienten mit initialen TSH-Werten > 10 mU/l waren allerdings in so geringer Zahl eingeschlossen worden, dass die Beurteilung eines möglicherweise anderen als durchschnittlichen klinischen Effekts in dieser Subgruppe statistisch nicht möglich war. Die Ergebnisse dieser aufwändigen, aber hinsichtlich der postinterventionellen Unterschiede in den TSH-Werten etwas unbefriedigenden Studie werden in einem ausführlichen „Clinical Practice“-Artikel von R.P. Peeters aus Rotterdam diskutiert und durch ein Fallbeispiel ergänzt (3). Der Autor stimmt in seinen Schlussfolgerungen weitgehend mit unserem Artikel überein. Wir vermuten, dass die „obere Normgrenze“ von TSH in dieser Altersgruppe mit 4,59 mU/l zu niedrig angesetzt ist.

Fazit: Eine randomisierte kontrollierte Studie an älteren Menschen mit überwiegend leichter subklinischer Hypothyreose ergab nach einem Jahr Thyroxin-Substitution im Vergleich mit Plazebo keine Verbesserung klinischer Symptom-Scores. Hinsichtlich individueller Gesichtspunkte bei älteren Menschen mit subklinischer Hypothyreose mit Hinweis auf eine Autoimmun-Thyreoiditis, einem besonders hohen TSH- oder einem niedrig-normalen fT4-Wert sowie Hypothyreose-verdächtigen Symptomen verweisen wir auf unseren Artikel vom Oktober 2016 (1).

Literatur

  1. AMB 2016, 50, 73. Link zur Quelle
  2. Stott, D.J., et al. (TRUST = Thyroidhormone Replacement for Untreated older adults with Subclinicalhypothyroidism – a randomized placebo controlled Trial): N. Engl. J.Med. 2017, 376, 2534. Link zur Quelle
  3. Peeters, R.P.: N. Engl.J. Med. 2017, 376, 2556. Link zur Quelle