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Dapagliflozin zur Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz bei erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) – die DELIVER-Studie [CME]

Wir haben bereits mehrfach darüber berichtet, wie schwierig es ist, Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion (HFpEF) medikamentös zufriedenstellend zu behandeln (vgl. [1]) und in diesem Zusammenhang auch erste positive Ergebnisse aus Studien mit Inhibitoren des Sodium-Glucose Cotransporters 2 (SGLT2) in dieser Indikation referiert (vgl. [2]). In der EMPEROR-Preserved-Studie kam es unter Behandlung mit dem Wirkstoff Empagliflozin bei Patienten mit HFpEF im Vergleich zu Plazebo zu weniger Behandlungen im Krankenhaus wegen Herzinsuffizienz (8,6% vs. 11,8%; HR: 0,71), allerdings nicht zu weniger Krankenhausbehandlungen insgesamt und auch nicht zu weniger Todesfällen [3].

Dieses Ergebnis wird nun durch eine zweite randomisierte plazebokontrollierte Studie (RCT) mit einem weiteren SGLT2-Hemmer bestätigt [4]. In der multizentrischen und multinationalen DELIVER-Studie (353 Zentren in 20 Ländern auf 3 Kontinenten) wurde der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin (Dapa) bei Patienten mit HFpEF geprüft. Auch dieses RCT wurde vom pharmazeutischen Unternehmer (pU) gesponsert und ist deshalb nicht als unabhängig anzusehen.

Eingeschlossen wurden Patienten > 40 Jahre mit einer klinisch stabilen, aber vormals (≥ 6 Wochen) symptomatischen Herzinsuffizienz, die zumindest vorübergehend diuretisch behandelt werden musste. Zu den Einschlusskriterien zählten eine linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) > 40% und der echokardiografische Nachweis einer linksatrialen Dilatation oder einer Linksherzhypertrophie als Korrelat einer strukturellen Herzerkrankung. Zudem musste das NTproBNP erhöht sein: ≥ 300 pg/ml bei Patienten im Sinusrhythmus oder ≥ 600 pg/ml bei Patienten mit Vorhofflimmern. Ausgeschlossen wurden u.a. Personen mit infiltrativen Herzerkrankungen (z.B. Amyloidose, Sarkoidose, Endomyokardfibrose), genetisch bedingten Kardiomyopathien, massiver Adipositas, chronischer Lungenerkrankung oder einer stark eingeschränkten Nierenfunktion (eGFR < 25 ml/min).

Die Patienten erhielten zusätzlich zu ihrer üblichen Therapie entweder einmal 10 mg/d Dapa oder Plazebo. Primärer Studienendpunkt war eine Kombination aus sich verschlechternder und behandlungsbedürftiger Herzinsuffizienz (ungeplante Krankenhausbehandlung oder die Notwendigkeit einer intravenösen Behandlung) oder kardiovaskulärem Tod. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,3 Jahre.

Ergebnisse: Es wurden 6.263 Patienten randomisiert (60% aller Gescreenten). Sie waren durchschnittlich 71 Jahre alt, 42% waren Frauen und 48% waren Europäer. In der Vorgeschichte hatten 89% eine arterielle Hypertonie und 44% Diabetes mellitus. Eine genauere Klassifizierung der zu Grunde liegenden Herzerkrankungen findet sich nicht; in der Mehrzahl der Fälle dürfte es sich aber um eine hypertensive Herzkrankheit gehandelt haben.

Die demografischen und klinischen Merkmale waren zwischen den Gruppen gleich verteilt, auch die Basistherapie. Der Vitalstatus war am Studienende bis auf 2 Patienten in jedem Arm bekannt. Die Studienmedikation wurde in beiden Armen von 14% der Teilnehmer abgesetzt, jeweils 5,8% wegen unerwünschter Wirkungen. Alle Endpunktanalysen erfolgten nach „intention to treat“.

Der primäre kombinierte Endpunkt trat in der Dapa-Gruppe bei 512 von 3.131 Patienten auf (16,4%) und in der Plazebo-Gruppe bei 610 von 3.132 Patienten (19,5%); die Hazard Ratio (HR) beträgt 0,82, das 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,73-0,92; p < 0,001). Dapa verringerte signifikant die Häufigkeit von Krankenhausbehandlungen wegen einer Herzinsuffizienz (10,5% vs. 13,3%; HR: 0,77; CI: 0,67-0,89; „number needed to treat“ ca. 35). Die übrigen Komponenten des kombinierten Endpunktes wurden in dieser Studie nicht signifikant reduziert: Notwendigkeit einer intravenösen Behandlung: 1,9% vs. 2,5% und kardiovaskulärer Tod: 7,4% vs. 8,3% (Konfidenzintervalle zu groß). Die Gesamtmortalität wurde ebenfalls nicht signifikant gesenkt (15,9% vs. 16,8%; HR: 0,94; CI: 0,83-1,07); für diesen Nachweis hatte die Studie jedoch keine ausreichende statistische Kraft. Angaben zu Krankenhausaufnahmen insgesamt finden sich leider nicht.

Auch die Symptome der Herzinsuffizienz waren in der Dapa-Gruppe geringfügig, aber signifikant besser (Unterschied 2,4 von 100 Punkten; „Win Ratio“: 1,11; CI: 1,03-1,21; p = 0,009). Der Messzeitpunkt dieses Endpunkts wurde wegen der COVID-19-Pandemie im Nachhinein auf 8 Monate verkürzt (Auswertung nur bis März 2020).

Das Ergebnis hinsichtlich des primären kombinierten Endpunkts war konsistent in den meisten anderen vordefinierten Untergruppen (z.B. Alter > oder < 72 Jahre, Männer/Frauen, NYHA-Klasse II/III, LVEF 50-59/> 60%) und auch bei den Europäern. Demgegenüber heterogen und damit nicht aussagekräftig war das Ergebnis bei Asiaten, Menschen mit schwarzer Hautfarbe und Patienten mit einer Ausgangs-LVEF von < 49%.

Unerwünschte Ereignisse wurden in beiden Studienarmen gleich häufig berichtet: 43,5% mit Dapa und 45,5% mit Plazebo. Unter Dapa fanden sich nicht vermehrt Hypoglykämien, Ketoazidosen, Fournier-Gangrän oder Amputationen.

Die Autoren schlussfolgern, dass der Nutzen einer SGLT2-Hemmung für die gesamte Bandbreite der Herzinsuffizienz besteht, also unabhängig von der Ejektionsfraktion. Sie schlagen daher – ungewöhnlich selbstbewusst – gleich eine Änderung der Empfehlungen in den Herzinsuffizienz-Leitlinien vor [4].

Auch das begleitende Editorial [5] sieht die Ergebnisse aus der EMPEROR-Preserved-Studie durch die DELIVER-Studie bestätigt. Zu klären sei noch der Nutzen bei bestimmten Ethnien, Personen mit sehr hohem BMI, bestimmten Formen von Kardiomyopathien und infiltrativen Herzerkrankungen, da diese in den Studien unterrepräsentiert waren oder ausgeschlossen wurden. Unklar sei aber weiterhin der genaue Wirkmechanismus der SGLT2-Hemmer. Dies sei zugleich inspirierend aber auch demütigend.

Fazit

Inhibitoren des Sodium-Glucose Cotransporters 2 (SGLT-2: Empagliflozin, Dapagliflozin) können den klinischen Verlauf von Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion (HFpEF) günstig beeinflussen. Sie führen in erster Linie zu weniger Behandlungen im Krankenhaus bzw. Notfallbehandlungen wegen dekompensierter Herzinsuffizienz. Ein signifikanter Effekt auf die kardiovaskuläre und die Gesamtmortalität ist bislang jedoch nicht nachgewiesen.

Literatur

  1. AMB 2014, 48, 52. AMB 2020, 54, 03. (Link zur Quelle)
  2. AMB 2021, 55, 81. (Link zur Quelle)
  3. Anker, S.D., et al. (EMPEROR-Preserved = EMPagliflozin outcomE tRial in patients with chrOnic heaRt failure with Preserved ejection fraction): N. Engl. J. Med. 2021, 385, 1451. (Link zur Quelle)
  4. Solomon, D., et al. (DELIVER = Dapagliflozin Evaluation to improve the LIVEs of patients with pReserved ejection fraction heart failure): N. Engl. J. Med. 2022, published online August 27. (Link zur Quelle)
  5. Margulies, K.: N. Engl. J. Med. 2022, August 27. (Link zur Quelle)