Leitlinien für die Behandlung der diabetischen Nephropathie (DN) empfehlen eine antihyperglykämische und antihypertensive Therapie unter Einschluss eines ACE-oder Angiotensin-Rezeptor-Hemmers, meist auch mit Diuretikum [1]. Neuerdings wird nach Publikation der CREDENCE-Studie empfohlen, einen Sodium-Glucose Linked Transporter 2(SGLT2)-Hemmer hinzuzufügen, speziell Canagliflozin [2]. Die deutliche Reduzierung primärer und sekundärer klinischer Endpunkte in CREDENCE durch Canagliflozin könnte teilweise aber durch stärkere Blutdrucksenkung in der Verum- und einen deutlich geringeren Diuretikum-Gebrauch in der Plazebo-Gruppe erklärt werden [3]. Im N. Engl. J. Med. erschien 2020 die doppelblinde plazebokontrollierte Phase-III-Studie FIDELIO-DKD zu Effekten des nicht-steroidalen Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) Finerenon auf das Fortschreiten der DN [4]. MRA gehören (noch) nicht zur Standardtherapie der DN, haben jedoch einen Platz in der Behandlung einer mit DN ggf. verbundenen schwer behandelbaren Hypertonie unter Berücksichtigung des Hyperkaliämie-Risikos bei Niereninsuffizienz. Hierfür kommt zurzeit nur Spironolacton infrage, da der andere in Deutschland verfügbare MRA, Eplerenon (Inspra®), nur als Zusatztherapie bei linksventrikulärer Herzinsuffizienz nach kürzlich erlittenem Myokardinfarkt zugelassen ist. Allerdings ist zu beachten, dass Spironolacton u.a. kontraindiziert ist bei einer Kreatinin-Clearance < 30 ml/min [5]. Spironolacton hat neben seiner MRA-Aktivität auch antiandrogene und progestogene Wirkungen („unreiner“ MRA), während Eplerenon, ein „reiner“ steroidaler MRA ist. Die antiandrogenen und progestogenen Nebenwirkungen von Spironolacton sind bei Frauen vor der Menopause (Nebenwirkung: Menstruationsstörungen) und bei Männern (Gynäkomastie, Potenzstörungen) zu berücksichtigen. Sie spielen aber in der bei DN üblichen niedrigen Dosierung von 25 oder 50 mg/d klinisch keine erhebliche Rolle.
Theoretisch könnten MRA bei chronischer Niereninsuffizienz renoprotektive Wirkungen haben. Im Tierexperiment führen erhöhte Aldosteron-Blutspiegel bei gleichzeitig na-triumreicher Diät zu Fibrosen und „Remodelling“ des Myokards und des Nierenparenchyms, die durch Behandlung mit einem MRA verhindert werden können [6] [7].
Finerenon ist ein noch aus dem Schering-Erbe stammender MRA von Bayer, der beim „in vitro screening“ vieler Verbindungen am klonierten humanen MR als starker Antagonist erkannt wurde. Ähnlich wie z.B. bei Amlodipin handelt es sich um eine Dihydropyridin-Verbindung. Finerenon ist wie Eplerenon ein „reiner“, aber nichtsteroidaler MRA ohne antiandrogene oder progestogene Wirkung [6] [7].
Finerenon reduziert bei Patienten mit DN, ähnlich wie Spironolacton und Eplerenon, deutlich die Proteinurie [8]. In einer Vergleichstudie über 90 Tage ergaben sich Hinweise, dass Finerenon bei Diabetikern mit Herzinsuffizienz und/oder DN dem anderen spezifischen MRA, Eplerenon, klinisch überlegen sein könnte und seltener zur Hypokaliämie führt [9].
Die FIDELIO-DKD-Studie (4): In diese Multicenter-Studie wurden 5.734 Patienten mit DN randomisiert. Die Patienten hatten eine leicht erhöhte Albumin:Kreatinin-Ratio im Urin und eine eGFR zwischen 25 und 59 ml/min/1,73 m2 oder eine stark erhöhte Albumin:Kreatinin-Ratio und eine eGFR zwischen 25 und 74 ml/min/1,73 m2. Alle Patienten wurden mit maximal tolerierten Dosen von ACE- oder Angiotensin-Rezeptor-Hemmern vorbehandelt. Patienten mit niedrigerer GFR wurden initial mit 10 mg/d Finerenon, solche mit höherer GFR mit 20 mg/d oder jeweils Plazebo doppelblind behandelt. Zieldosis war jeweils 20 mg/d Finerenon bzw. Plazebo. Die Dosis konnte aber bei hohem Serum-Kalium oder aus anderen Gründen auf 10 mg/d reduziert werden.
Primärer kombinierter Endpunkt („time-to-event analysis“) nach im Median 2,6 Jahren war eine dauerhafte Abnahme der eGFR um mindestens 40% gegenüber Studienbeginn und Tod aus renalen Ursachen. Sekundäre Endpunkte waren: Myokardinfarkt, Schlaganfall, Krankenhausaufnahme wegen Herzinsuffizienz und Tod aus kardiovaskulären Ursachen.
Ergebnisse: Ein primärer Endpunkt trat bei 17,8% der Verum-Patienten und bei 21,1% der Plazebo-Patienten ein (Hazard Ratio = HR: 0,82; p < 0,001) und ein sekundärer (kardiovaskulärer) Endpunkt bei 13,0% bzw. 14,8% (HR: 0,86; p = 0,03). Die Inzidenz von akutem Nierenversagen war in beiden Gruppen gleich. Die Inzidenzen der Einzelkomponenten des primären Endpunkts waren bis auf die deutlich geringere Häufigkeit der > 40%igen Abnahme der eGFR unter Finerenon nur grenzwertig signifikant. Bei 18,3% der Verum- und bei 9,0% der Plazebo-Patienten trat eine als „adverse event“ beurteilte Hyperkaliämie auf. Diese führte bei 2,3% der Verum- und 0,9% der Plazebo-Patienten zum Studienabbruch. Der systolische Blutdruck war nach einem Monat bzw. 12 Monaten in der Finerenon-Gruppe um 2,9 bzw. 1,2 mm Hg niedriger als unter Plazebo. Finerenon senkte die Proteinurie während der gesamten Studienzeit deutlich um 30-35%. Auffällig ist, dass 24 Monate nach Randomisierung von den jeweils ca. 2.800 Patienten der beiden Gruppen nur noch ca. 1.800 in die verschiedenen Auswertungen eingingen, ohne dass Gründe für das Ausscheiden der Teilnehmer angegeben werden. Die Autoren beurteilen die reno- und kardiovaskulär protektive Wirkung von Finerenon bei DN als klinisch relevant.
In einem begleitenden Editorial [10] diskutieren J.R. Ingelfinger und C.J. Rosen das Prinzip der Therapie mit MRA bei chronischen Nierenerkrankungen und DN und beurteilen es grundsätzlich positiv. Wegen einer in mehreren Studien festgestellten inversen Korrelation zwischen Aldosteron und GFR bei diesen Erkrankungen (Aldosteron höher bei niedriger GFR) sprechen sie von einem relativen Hyperaldosteronismus. Der dürfte aber in erster Linie dadurch zu erklären sein, dass Patienten mit höhergradiger Niereninsuffizienz in der Regel mit höheren Dosen Schleifendiuretika behandelt werden, wodurch Renin, Angiotensin II und Aldosteron stimuliert werden. Sie halten die Reduzierung der fibrosefördernden Eigenschaften von Aldosteron durch Finerenon („tissue modelling“) für eine wichtige protektive Wirkung. Finerenon ist wie Eplerenon ein „reiner“ MRA ohne antiandrogene und progestagene Nebeneffekte.
Nachdem Finerenon bereits in den USA zugelassen wurde, empfahl kürzlich der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA Finerenon (Kerendia®; Bayer; [11]) für die Zulassung in der EU zur Behandlung erwachsener Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen und Typ-2-Diabetes mellitus.
Finerenon wurde auch bereits untersucht bei Patienten mit Herzinsuffzienz ohne Diabetes mellitus mit erhaltener oder eingeschränkter Ejektionsfraktion in Analogie zu Spironolacton und Eplerenon, mit günstigen Ergebnissen [9] [12]). Für die ca. 5% der Patienten mit arterieller Hypertonie, die an einem primären Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) leiden, könnte Finerenon, falls hierfür eine Zulassung erfolgen sollte, eine nebenwirkungsärmere Alternative zu Spironolacton sein. Bei Niereninsuffizienz und bei gegebener Indikation muss die Behandlung mit Finerenon, wie auch mit den anderen MRA, wegen des erheblichen Risikos für Hyperkaliämie eng kontrolliert werden.