Frage von Dr. M.F. aus Springe: >> Gibt es Hinweise darauf, daß die Wirkung von Methadon (L-Polamidon), z.B. im Rahmen von Substitutionsprogrammen, bei gleichzeitiger Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI), speziell Fluvoxamin (Fevarin), verlängert ist? Ein Kollege vertritt diese Auffassung und glaubt, daß dadurch eine Einsparung von Methadon möglich ist. << Antwort: >> Sowohl Fluvoxamin wie Fluoxetin (Fluctin) steigern die Plasmaspiegel bei Methadon-substituierten Patienten.
Methadon wird in den Mikrosomen der Leber unter Beteiligung der Enzyme des Zytochrom-P450-Mono-Oxygenase-Systems metabolisiert. Die SSRI sind aufgrund der Interaktion mit dem Zytochrom-P450-System ein potenter Inhibitor der oxydativen Metabolisierung von Methadon (6). Die Methadon-Plasmaspiegel bei substituierten Patienten steigen daher unter der Gabe von SSRI an (1-3, 5). Die SSRI variieren allerdings qualitativ und quantitativ stark in ihrer Interaktion mit den Zytochrom-P450-Enzymen.
Die Autorengruppe um Bertschy, G., fand 1996, daß die Plasmaspiegel unter Fluvoxamin-Gabe stärker erhöht sind als unter Fluoxetin (3). In einer weiteren Arbeit (5) referierten sie, daß Zytochrom P450 2D6 (CYP 2D6), welches vorzugsweise das linksdrehende Methadon metabolisiert, stark von Fluoxetin inhibiert wird, während Zytochrom P450 1A1 (CYP 1A1), das beide Methadon-Enantiomere metabolisiert, stark von Fluvoxamin inhibiert wird. Es liegt nahe, daß die gemessenen Plasmaspiegel, sofern sie beide Enantiomere erfassen, unter Fluvoxamin höher sind. Die klinische Bedeutung dieser Befunde wird nicht ganz deutlich; es scheint aber so zu sein, daß Fluvoxamin die wirksamen Methadon-Plasmaspiegel stärker erhöht als Fluoxetin. Die gleiche Autorengruppe hatte in einer früheren Arbeit referiert, daß die Methadon-Spiegel (bei 5 Patienten) unter einer Fluvoxamin-Behandlung um 20 bis 100% angestiegen waren (2).
Baumann, P., beschreibt ebenfalls einen Anstieg der Plasmaspiegel von Methadon-substituierten Patienten unter Fluvoxamin und Fluoxetin. Er beschreibt eine Hemmung des CYP-2D6 durch die SSRI, und zwar in abnehmender Stärke durch Paroxetin, Norfluoxetin, Fluoxetin, Sertralin, Citaprolam und Fluvoxamin. Umgekehrt inhibiert FIuvoxamin mit abnehmender Potenz CYP 1A2, CYP 2C19, CYP 2D6 und CYP 1A1 (1).
Induktion oder Inhibierung der Zytochrom-P450-Enzyme sind auch für andere, bereits bekannte, Interaktionen zwischen Methadon und anderen Pharmaka verantwortlich. Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin und Barbiturate beschleunigen den Metabolisierungsprozeß der Opioide, während Cimetidin und Erythromycin die Effekte von Methadon verstärken oder verlängern können (7). <<
Literatur
1. Baumann, P.: Clin. Pharmacokin. 1996, 31, 444.
2. Bertschy, G., et al.: Therapeutic Drug Monit. 1994, 16, 42.
3. Bertschy, G., et al.: Therapeutic Drug Monit. 1996, 18, 570.
4. Borg, L., und Kreek, M.J.: Current Opinion in Psychiatry 1995, 8, 199.
5. Eap, C.B., et al.: J. Clin. Psychopharmacol. 1997, 17 113.
6. Iribarne, C., et al.: Toxicology 1997, 117, 13.
7. Maurer, P.M., et al.: Drug Safety 1993, 8, 30.
8. Nunes, E.V, et al.: J. Psychoactive Drugs 1994, 26, 147.