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Einnahme von Acetylsalicylsäure mit geringerer Mortalität durch chronische Lebererkrankungen und hepatozelluläre Karzinome assoziiert

Die Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms (HCC) liegt weltweit bei > 500.000/Jahr. Bei den meisten Patienten entsteht das HCC auf dem Boden einer chronischen Hepatitis B oder C mit Leberzirrhose (1, 2). Seit den 1990er Jahren hat die Zahl der Patienten mit Leberzirrhose und HCC in den USA und Europa stark zugenommen (1, 3). Auch wenn durch die erfolgreiche Therapie der chronischen Virushepatitiden die Zahl der HCC und der Tod durch diese Lebererkrankungen gesenkt werden konnte, gibt es doch weiterhin eine große Zahl gefährdeter Patienten, einschließlich solcher mit fortgeschrittener Fibrose (2). Es besteht also weiterhin Bedarf an Strategien, mit denen die Entwicklung zu einem HCC bzw. die Letalität an Leberzirrhose verringert werden kann. Einige Beobachtungsstudien ergaben Hinweise darauf, dass Acetylsalicylsäure (ASS) die Progression der Lebererkrankung und die Entwicklung zu einem HCC verhindern oder verlangsamen könnte (4-7).

Kürzlich wurden nun die Ergebnisse einer populationsbasierten Untersuchung publiziert, in der die Auswirkungen niedrig dosierter ASS (≤ 160 mg/d) bei Patienten mit chronischer Hepatitis B und C untersucht wurden (8).

Methodik: Die Studie wurde mit öffentlichen Geldern unter anderem von den National Institutes of Health (USA) und dem Karolinska-Institut (Schweden) gefördert. Die Untersuchung stützte sich auf ein nationales schwedisches Register zur Überwachung übertragbarer Krankheiten. Zwischen 2005 und 2015 wurden 50.275 erwachsene Patienten mit chronischer Hepatitis C und B identifiziert. Unter ihnen befand sich eine Gruppe (n = 14.205), die zwischen Juli 2005 und Ende Dezember 2013 eine kontinuierliche ASS-Therapie begonnen hatte und deren klinische Daten bis mindestens Ende Dezember 2015 nachverfolgt werden konnten. Es wurde ein „propensity score“ erstellt und angewendet, um die Gruppen hinssichtlich verschiedener Merkmale der Patienten anzugleichen. Mittels „Cox proportional-hazards regression modeling” wurde das Risiko für ein HCC und die Leber-bedingte Mortalität ermittelt. Patienten mit HIV als Koinfektion, mit HCC in der Vorgeschichte oder zum Zeitpunkt des Eintritts in die Studie und solche, die vor oder nach einem 180-Tage-Eintritts-Protokoll ASS einnahmen, wurden ausgeschlossen.

Ergebnisse: Im Median wurden die Patienten 7,9 Jahre nachverfolgt. Die berechnete kumulative Inzidenz für HCC war 4% in der ASS-Gruppe und 8,3% in der Gruppe ohne ASS (Differenz: 4,3 Prozentpunkte; 95%-Konfidenzintervall = CI: -5,0 bis -3,6; angepasste Hazard-Ratio: 0,69; CI: 0,62-0,76). Die inverse Assoziation war abhängig von der Therapiedauer. Der Vergleich einer kurzzeitigen Behandlung (3 Monate bis ein Jahr) mit einer Behandlung von 1-3 Jahren ergab eine angepasste Hazard-Ratio von 0,90 (CI: 0,76-1,06) und mit einer Behandlung von 3-5 Jahren 0,66 (CI: 0,56-0,78) sowie mit > 5 Jahren 0,57 (CI: 0,42-0,70).

Die Leber-assoziierte 10-Jahres-Mortalität betrug 11% in der ASS-Gruppe und 17,9% in der Gruppe ohne ASS (Differenz: 6,9 Prozentpunkte; CI: -8,1 bis -5,7; angepasste Hazard-Ratio: 0,73 (CI: 0,67-0,81). Das 10-Jahres-Risiko für gastrointestinale Blutungen war in den beiden Gruppen nicht unterschiedlich (7,8% bzw. 6,9%; Differenz: 0,9 Prozentpunkte; CI: -0,6-2,4).

Natürlich handelt es sich bei diesen Ergebnissen zunächst nur um eine Assoziation. Jedoch vermuten die Autoren anhand zahlreich zitierter Studienergebnisse, dass die durch ASS gehemmte Überexpression von COX-2, wie sie bei Hepatitiden, bei hepatozellulären und anderen Karzinomen mit entzündlichen Vorgängen nachgewiesen ist, sich protektiv auswirken könnte (vgl. hierzu auch 9).

Fazit: Die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosis war bei Patienten mit chronischer Hepatitis B oder C – verglichen mit Patienten ohne ASS – mit einer niedrigeren Inzidenz hepatozellulärer Karzinome und niedrigerer Mortalität durch die Lebererkrankungen assoziiert. Blutungen waren nicht häufiger.

Literatur

  1. Ferlay, J., et al. (GLOBOCAN = Global Cancer Observatory): Int. J. Cancer 2015, 136, E359. Link zur Quelle
  2. El-Serag, H.B.: Gastroenterology 2012, 142, 1264. Link zur Quelle
  3. Ryerson, A.B., et al.: Cancer 2016, 122, 1312. Link zur Quelle
  4. Petrick, J.L., et al. (LCPP = Liver Cancer Pooling Project): Cancer Prev. Res. (Phila) 2015, 8, 1156. Link zur Quelle
  5. Sahasrabuddhe, V.V., et al.: J. Natl. Cancer Inst. 2012, 104, 1808. Link zur Quelle
  6. Simon, T.G., et al.: JAMA Oncol. 2018, 4, 1683. Link zur Quelle
  7. Lee, T.-Y., et al.: JAMA Intern. Med. 2019, 179, 633. Link zur Quelle
  8. Simon, T.C., et al.: N. Engl. J. Med. 2020, 382, 1018. Link zur Quelle
  9. AMB 2018, 52, 63 Link zur Quelle . AMB 2012, 46, 36 Link zur Quelle . AMB 2010, 44, 94a. Link zur Quelle