Die durch Antikörper vermittelte heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II) ist eine potentiell lebensbedrohliche Arzneimittelnebenwirkung (1, 2). Empfehlungen zum Vorgehen bei HIT wurden bereits früher veröffentlicht (1-4).
Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen jetzt zwei Berichte vor, nach denen bei den Patienten die Verdachtsdiagnose einer HIT im Rahmen einer LDL-Apherese gestellt worden ist (5): Bei einer 37jährigen Patientin mit famihärer Hypercholesterinämie, bei der seit zwei Jahren LDL-Apheresen durchgeführt worden waren, wurde eine Thrombozytopenie sowie ein positives Ergebnis im Heparin-induzierten Plättchenaktivierungstest (HIPA) ohne weitere klinische Symptomatik festgestellt. Bei einem 48jährigen Patienten wurde eine Thrombozytopenie sowie ein positives HIPA-Testergebnis ebenfalls ohne weitere klinische Symptomatik festgestellt.
Die meisten Hämodialyse- bzw. LDL-Aphereseverfahren werden unter Verwendung von Heparin zur Hemmung der Blutgerinnung durchgeführt. Obwohl in Deutschland mehr als 45000 Patienten chronisch dialysepflichtig sind, sind dem BfArM neben den oben genannten Verdachtsfällen im Zusammenhang mit einer LDL-Apherese bisher keine Fälle einer HIT im Zusammenhang mit einer Hämodialyse gemeldet worden. Wird eine extrakorporale Plasmafiltration vorgenommen, kann es aus technischen Gründen durch die Filtration zu einem ca. 5-10%igen Abfall der Thrombozytenzahl kommen, der jedoch als unbedenklich gilt. Tritt dagegen ein stärkerer Abfall der Thrombozytenzahl auf, sollte bei diesen Patienten ein HIPA-Test (6) bzw. ein Plättchenfaktor 4/Heparin-ELISA (7) durchgeführt werden. Werden mittels dieser Untersuchungen eindeutig Heparin-abhängige Antikörper nachgewiesen, muß von dem Vorliegen einer HIT ausgegangen werden, und der Patient darf dann nie wieder Heparin erhalten. Da möglicherweise auch durch das Heparin von Heparin-beschichteten Kathetern eine HIT induziert werden kann (8), sollte eine erneute Hämodialyse bzw. LDL-Apherese erst nach eingehender individueller Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Dabei sollte ein Apherese-Verfahren eingesetzt werden, das auch ohne Verwendung von Heparin durchgeführt werden kann, wie z.B. DALI-Apherese (9).
Das BfArM benötigt zur Bewertung dieses seltenen Risikos zusätzliche Informationen aus der Praxis und bittet daher insbesondere Ärzte, die Hämodialysen bzw. LDL-Apheresen unter Anwendung von Heparin durchführen, aufgetretene HIT sowie thromboembolische Komplikationen so umfassend wie möglich zu dokumentieren und diese mitzuteilen.
Berichtsbögen können beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Seestraße 10, 13353 Berlin, Telefon (030) 454830, Fax (030) 45483515, angefordert oder im Internet (http://www.bfarm.de) abgerufen werden.
Literatur
1. AMB 1995, 29, 46; 1996, 30, 39 und 85; 1997, 31, 16.
2. Greinacher; A.: Internist 1996, 37, 1172.
3. Scharf, R.E., et al.: Dt. Ärztebatt 1994, 91, B 1293.
4. Kleinschmidt, S., und Seyfert, U.T.: Angiology 1995, 46, 37.
5. Bundesgesundhbl. 1998, 41, 417.
6. Greinacher, A., et al.: Thrombosis Haemostasis 1991, 66, 734.
7. Amiral, J., et al.: Thrombosis Haemostasis 1992, 68, 95.
8. Laster, J.L., et al.: Arch. Intern. Med. 1989, 149, 2285.
9. Bosch, T., et al.: Artificial Organs 1997, 21, 977.