Im Lancet (1998, 352, 1327) findet sich ein kurzer Übersichtsartikel von J.C. Stevenson aus London über Prävention und Behandlung der Steroid-induzierten Osteoporose, der die wichtigsten Studien zu diesem Thema zusammenfaßt und versucht, Empfehlungen zu geben, auch in Bereichen, in denen noch keine ausreichenden „Evidence based“-Daten zur Verfügung stehen. Zu unterscheiden ist zwischen primärer Prävention und sekundärer Behandlung einer Steroid-induzierten Osteoporose. Präventive Maßnahmen sind immer zu erwägen, wenn für längere Zeit eine Therapie mit mehr als 7,5 mg Prednisolon-Äquivalent notwendig erscheint. Insbesondere bei Frauen empfiehlt sich eine initiale Knochendichtemessung, da bei Patienten/innen mit normaler Knochendichte eine primäre Prävention meist unterbleiben kann. Bei der Entscheidung für oder gegen eine antiosteoporotische Behandlung ist auch die Grunderkrankung, deretwegen Glukokortikoide eingesetzt werden, wichtig. Patienten mit rheumatoider Arthritis haben bereits ohne Kortikosteroidtherapie eine wesentlich stärkere Neigung zur Entwicklung einer Osteoporose (u.a. wegen der durch die Erkrankung erzwungenen körperlichen Inaktivität) als Patienten mit Asthma bronchiale oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Die Ursachen der Kortikosteroid-induzierten Osteoporose sind nicht völlig geklärt. Ein hemmender Effekt der Kortikosteroide auf die Osteoblasten ist gesichert. Eine Kortikosteroid-Therapie führt, was wenig bekannt ist, bei Männern wie bei Frauen auch zu einer Hemmung der Gonadotropinsekretion, so daß Menstruationsstörungen und Östrogenmangel sowie Testosteronmangel resultieren können. Der Sexuahormonmangel kann zur verminderten Osteoblastenaktivität beitragen. Sexuahormonmangel fördert weiterhin die Knochenresorption, die durch eine Hemmung der intestinalen Kalziumresorption durch Kortikosteroide verstärkt werden kann. Eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung einer Kortikosteroid-induzierten Osteoporose ist die Verordnung einer möglichst geringen Dosis. Bei Asthmatikern sollte eine orale Dauertherapie möglichst vermieden werden. Der erste Schritt in der primären Prävention wie auch in der Behandlung der bereits eingetretenen Osteoporose ist ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D, obwohl es für die Wirksamkeit bei Steroid-Osteoporose keine ausreichenden Studien gibt (s.a. AMB 1993, 27, 60). Sehr wichtig ist auch, die Patienten zu körperlicher Aktivität zu motivieren. Der durch die Steroid-Therapie oft induzierte Mangel an Sexualhormonen, der in letzter Zeit auch für Patienten mit endogenem Cushing-Syndrom mehrfach bestätigt wurde, läßt es logisch erscheinen, zur Osteoporose-Prävention Sexuahormone zu substituieren. Erstaunlicherweise gibt es für die Steroid-Osteoporose keine ausreichend überzeugenden Studien, welche die Wirksamkeit der Östrogen- oder Östrogen/Gestagen-Substitution bei Frauen oder Testosteron-Substitution bei Männern belegen. Trotzdem ist eine solche Therapie sinnvoll und vermutlich wirksam. Bei Männern sollte die Testosteron-Substitution nur bei erniedrigtem Serum-Testosteron erfolgen. Verschiedene, wenn auch meist nur für ein bis zwei Jahre durchgeführte Studien belegen die Wirksamkeit von Bisphosphonaten für die Prävention und Therapie der Steroid-induzierten Osteoporose. Hierüber haben wir kürzlich in einem Übersichtsartikel berichtet (AMB 1998, 32, 49).
Behandlungszentren für Asthmatiker und Rheumapatienten, bei denen häufig Kortikosteroide eingesetzt werden, sollten eigene Richtlinien für die Prävention und Therapie der Kortikosteroid-induzierten Osteoporose entwickeln. Hierbei können Konsensus-Richtlinien, wie sie kürzlich von R. Eastell et al. im J. Intern. Med. (1998, 244, 271) veröffentlicht wurden, helfen. Messungen der Knochendichte im Verlauf (ein bis zwei Jahre nach Therapiebeginn) können nützlich sein für die Indikationsstellung zur Behandlung oder für die Entscheidung, ob eine präventive Behandlung fortgesetzt werden sollte.
Fazit: Die Prävention und die Therapie der Steroid-induzierten Osteoporose kann sich nur teilweise auf Studien mit klaren Ergebnissen stützen. Besonders gefährdet sind Patienten/innen mit rheumatoider Arthritis. Die Glukokortikoid-Dosis sollte möglichst klein gehalten werden. Für ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D sowie möglichst viel körperliche Aktivität ist zu sorgen. Die Substitution der durch die Glukokortikoid-Therapie oft erniedrigten Sexualhormone (bei Frauen mit den üblichen Präparaten für die Östrogen/Gestagen-Substitution) ist sinnvoll. Auch Bisphosphonate können eingesetzt werden. Knochendichtemessungen sind eine Indikationshilfe.