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Chronische Steroidinhalation bei aktiven Rauchern mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung nützlich?

Der Frage, ob eine Dauerbehandlung mit inhalativen Steroiden den Verlauf einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) bei Rauchern günstig beeinflußt, ging multizentrisch eine europäische Gruppe nach (Pauwels, R.A., et al.: N. Engl. J. Med. 1999, 340, 1948). Es wurden 1695 Raucher ohne bekannte Allergien mit mäßig eingeschränkter Lungenfunktion untersucht. Sie durchliefen zunächst ein dreimonatiges Trainingsprogramm (Schulung, Nikotin-Kaugummi) mit dem Ziel, das Rauchen zu beenden. Die trotzdem weiterrauchenden 1426 Patienten (90%) sollten sich dann drei Monate lang mit einem präparierten Inhaler ein harmloses Pulver verabreichen. Über eine versteckte Mechanik war es möglich, die richtige Anwendung des lnhalers und die Compliance zu überprüfen. In die Studie selbst wurden dann nur solche Patienten eingeschlossen, die über 75% der Zeit den Inhaler korrekt, wie angeordnet, eingesetzt hatten (n = 1277 = 84%). Sie erhielten doppeltblind, randomisiert pro Tag entweder 2mal 400 µg Budesonid- oder Plazebo-Pulver über einen Turbo-lnhaler. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Ein-Sekunden-Kapazität (FEV1) während einer dreijährigen Beobachtungszeit.

Ergebnisse: 71% der ursprünglich eingeschlossenen Patienten beendeten die Studie nach drei Jahren (n = 912). Die Aussteigerate war in beiden Gruppen gleich hoch. Die demographischen Werte waren gleich verteilt (mittleres Alter 52 Jahre, 73% Männer, 39 Packungsjahre Zigarettenrauchen, FEV1 = 76% des Normalwertes).

Die FEV1 (nach Gabe eines Bronchodilatators) fiel in den ersten 6 Monaten zunächst nur in der Plazebo-Gruppe ab (-81 ml vs. +17 ml). Danach kam es in beiden Gruppen zu einem gleich steilen Abfall um etwa 60 ml/Jahr. Der mittlere Verlust an FEV1 nach drei Jahren betrug in der Plazebo-Gruppe 180 ml und in der Budesonid-Gruppe 140 ml (5,3% vs. 4,3%; p = 0,04). Dieser geringe positive Effekt von Budesonid beschränkte sich jedoch auf die weniger starken Raucher (< 36 Packungsjahre). Die starken Raucher verloren unabhängig vom verabreichten Steroid pro Jahr 150 bis 160 ml FEV1.

Unerwünschte Wirkungen traten in beiden Gruppen gleich häufig auf, wobei in der Budesonid-Gruppe häufiger eine orale Candidiasis (5%) und Hautläsionen (10%) beschrieben wurden. Es fanden sich keine Unterschiede bei den bekannten Steroid-Folgen: Abnahme der Knochendichte, Frakturen, Hypertonie, Diabetes oder Katarakt.

Fazit: Die dauerhafte Inhalation von Budesonid führt bei aktiven Rauchern mit mäßiggradig eingeschränkter Lungenfunktion nur kurzfristig zu einer Stabilisierung der Lungenfunktion gemessen am FEV1. Langfristig kommt es mit oder ohne inhalative Steroide bei allen Rauchern zu einem progredienten und gleich steilen Abfall der FEV1 (etwa 60 ml/Jahr). Der Krankheitsverlauf wird also durch inhalative Steroide kaum beeinflußt. Die Beendigung des Zigarettenrauchens ist die beste Maßnahme (Anthonisen, N.R., et al.: JAMA 1994,272, 1497).