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Modifikationen des Lebensstils bei Koronarer Herzkrankheit

Änderungen des Lebensstils mit dem Ziel, Risikofaktoren zu vermindern, sind inzwischen fester Bestandteil der Sekundärprävention der Koronaren Herzkrankheit (KHK) und haben Eingang in entsprechende Richtlinien gefunden. Als eine der Pionierarbeiten in diesem Bereich ist der von D. Ornish initiierte „Lifestyle Heart Trial“ anzusehen, dessen Einjahresergebnisse 1990 im Lancet publiziert wurden (1). Damals konnte in der lnterventionsgruppe nach einjähriger Lebensstilmodifikation bei Patienten mit angiographisch gesicherter KHK eine signifikante Rückbildung der > 50%igen Koronarstenosen um im Mittel 5,3% gezeigt werden. Darüber hinaus nahm die Häufigkeit pektanginöser Beschwerden um 90%, die Höhe des LDL-Cholesterins um 37% ab. Allerdings stellte das Behandlungsprogramm nach Ornish große Anforderungen an die Patienten. Es beinhaltet eine streng fettarme, rein vegetarische Diät (10% Fettanteil an den Gesamtkalorien), Streßmanagement mit täglichen Entspannungsübungen von 30 bis 60 Minuten, tägliche Bewegung oder Sport von 30 Minuten sowie Gruppenunterstützung. Trotz dieser Anforderungen konnte Ornish bei seinen Patienten mit hohem Bildungsstand eine ausgezeichnete Compliance erzielen.

In JAMA wurden nun kürzlich die Ergebnisse der 5jährigen Nachbeobachtung des „Lifestyle Heart Trial“ publiziert (2). Die Daten von 20 der ursprünglich 28 Patienten der Experimental-Gruppe und 15 von 20 Patienten der Kontroll-Gruppe konnten komplett, einschließlich Kontrollangiographie nach 1 und 5 Jahren, erhoben werden. Bei diesen 35 Patienten fanden sich initial 224 koronarangiographische Läsionen. Nach Abzug von 24 Gefäßverschlüssen und 14 nicht beurteilbaren Stenosen (durch technische Mängel oder erfolgte Koronarintervention) verblieben 186 Gefäß-abschnitte zur vergleichenden Beurteilung. Die Ausgangsdaten beider Gruppen waren im wesentlichen gleich verteilt. Der Body-Mass-lndex war in der Experimentalgruppe mit 28,4 kg/m2 gegenüber 25,4 kglm2 in der Kontroll-Gruppe erhöht. Bei Studienbeginn betrug das Durchschnittsalter der Patienten 59 Jahre. Bei den meisten Patienten bestand eine koronare Dreigefäßerkrankung.

Auch noch nach 5 Jahren zeigte sich eine sehr gute Compliance mit den Behandlungsprogrammen. Patienten in der Experimental-Gruppe senkten ihren Fettenergieanteil von 30% auf durchschnittlich 8,5% und erhöhten ihre wöchentliche Dauer an Bewegungstraining von 2,2 Stunden auf 3,5 Stunden und die tägliche Zeit an Entspannungsübungen von 6 Minuten auf erstaunliche 48 Minuten. Die Patienten der Kontrollgruppe zeigten eine ähnlich gute Compliance mit den herkömmlichen Richtlinien der American Heart Association und senkten ihren Fettenergieanteil von 30% auf 25% und führten 2,9 Stunden wöchentlich Bewegungstraining, aber nur 8 Minuten täglich Entspannungsübungen durch.

Die Koronarangiographie nach 5 Jahren zeigte gegenüber dem Ausgangsbefund in der „Lifestyle“-Gruppe eine mittlere Reduktion der Stenosen um 3% und in der Kontroll-Gruppe eine mittlere Zunahme der Stenosen um 12%. Hierbei korrelierte in der „Lifestyle“-Gruppe die Abnahme der Stenosen signifikant mit der Compliance. Das Patienten-Drittel mit der besten Compliance hatten einen mittleren Rückgang der Stenosen von 6,8%, die beiden anderen Drittel hingegen nur von 3,0 bzw. 0,4%. Die Daten zu kardialen Ereignissen (Tod, PTCA, Koronar-Bypass, Myokardinfarkt, Krankenhausbehandlung) konnten bei der gesamten Studienpopulation erhoben werden. Es kam zu 45 Ereignissen bei 20 Patienten (2,3/Patient) in der Kontroll-Gruppe, hingegen nur zu 25 Ereignissen bei 28 Patienten in der Expenmental-Gruppe (0,9/Patient).

In beiden Gruppen kam es zu einer Blutdrucksenkung von im Mittel 9/5 mmHg. Das Gesamtcholesterin fiel in der Experimental-Gruppe von initial 225 mg/dl auf 162 mg/dl, das LDL-Cholesterin von 143 mg/dl auf 87 mg/dl. In der Kontroll-Gruppe blieben Gesamtcholesterin mit 245 mg/dl und LDL mit 165 mg/dl, trotz häufiger Verordnung eines Lipidsenkers, weitgehend unverändert. Patienten der Experimental-Gruppe nahmen durchschnittlich 10 kg Gewicht ab, die der Kontroll-Gruppe hingegen 2 kg zu. Nach Ansicht der Autoren zeigen die vorliegenden Ergebnisse des „Lifestyle Heart Trial“, trotz der kleinen Studienpopulation, daß intensive Lebensstilmodifikationen erhebliche klinische und prognostische Wirkungen bei Koronarpatienten bewirken können. Der Abfall des Gesamtcholesterins um mehr als 60 mg/dl der Interventions-Gruppe belegt zudem, daß bei konventionellen Studien die diätetischen Möglichkeiten gegenüber den medikamentösen Optionen nicht vollständig genutzt werden. Zu bedenken ist allerdings, daß das von D. Ornish entwickelte Programm erhebliche Anforderungen an die Patienten stellt. Ob in breiteren Bevölkerungsschichten eine ebensogute Compliance erreichbar ist, ist fraglich. Ebenso bleibt ungeklärt, welchen Anteil die einzelnen Elemente des Programms am Gesamterfolg haben.

In diesem Zusammenhang sind die ebenfalls kürzlich im JAMA publizierten Ergebnisse einer Studie von A.L. Dunn und Mitarbeitern aus dem Cooper Institute in Dallas von Bedeutung (3). In einer randomisierten prospektiven Studie wurden die Wirkungen zweier verschiedener Programme zur körperlichen Bewegung bei 237 bisher inaktiven Probanden zwischen 35 und 60 Jahren untersucht. Patienten in der konventionellen strukturierten Übungsgruppe wurden zu 3- bis 5mal wöchentlichen Sport- und Fitness-Aktivitäten unter Anleitung eingeladen. Der Besuch eines physiotherapeutisch geleiteten wohnortnahen Fitness-Zentrums war kostenfrei und galt der Zielsetzung einer individualisierten Auswahl an unterschiedlichen Sportarten. Patienten in der „Lifestyle“-Gruppe erhielten hingegen einige Gruppensitzungen, in denen Motivations- und Verhaltensstrategien zur Förderung der körperlichen Aktivität thematisiert wurden. Ziel war die Implementierung moderater körperlicher Bewegung in alltägliche Beschäftigungen (z.B. Arbeitswege, Einkaufen), nicht jedoch gezielt die zusätzliche Ausübung spezieller Sportarten. Am Ende der 2jährigen Studienphase waren beide Gruppen signifikant aktiver, die „Lifestyle“-Gruppe durch häufige moderate Belastung, die strukturierte Übungsgruppe hingegen durch intensive Belastungsgrade. In beiden Gruppen fand sich ein signifikanter Abfall des Blutdrucks (3/5 mmHg), eine signifikante Abnahme des Körperfett-Anteils und ein signifikanter Anstieg des O2-Verbrauchs und der Belastungsfähigkeit in der Fahrrad-Spiroergometrie. Im Studienverlauf zeigte sich in der „Lifestyle“-Gruppe eine stabilere Compliance bezüglich der empfohlenen körperlichen Aktivität. In einem begleitenden Editorial vom M. Pratt (4) wird auf die praktischen Konsequenzen dieser Arbeit hingewiesen. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, daß schon eine geringe Intensivierung bei sonst geringer körperlicher Bewegung einen großen präventiven Nutzen bewirkt, wohingegen maximale sportliche Aktivität teilweise mit negativen Folgen, wie einer erhöhten Verletzungsgefahr, behaftet ist. Die vorliegende Arbeit zeigt nun, daß auch die Art und Weise einer präventiv wirksamen körperlichen Aktivität sehr breit gefaßt werden kann und nicht in jedem Fall ein zusätzlicher Zeitbedarf für den Patienten resultiert. Dies dürfte der Motivation zur körperlichen Aktivität und dem Ziel langfristiger Verhaltensänderungen bei Patienten sehr förderlich sein.

Ähnlich günstige Resultate wurden kürzlich auch aus der großen Nurses Health Study mitgeteilt (72488 Krankenschwestern; 5). Rasches Gehen, aber auch andere körperliche Aktivitäten (Jogging, Golf, Tennis, Squash, Radfahren, Schwimmen, Aerobic u.a.) führten – positiv korreliert mit der Intensität eines errechneten „Metabolic Equivalent Score“ – zu deutlich weniger Auswirkungen einer KHK (nichttödliche Myokardinfarkte, Todesfälle durch KHK).

Fazit: Durch intensive Veränderungen des Lebensstils (Ernährung, Bewegung) können langfristig vaskuläre Risikofaktoren vermindert und konsekutiv eine Regression von Koronarstenosen bewirkt werden. Von wesentlicher Bedeutung für den klinischen Erfolg ist die Compliance und die Motivation. Zu zeigen ist, ob auch weniger intensive und damit praktikablere Programme zu ähnlich positiven Ergebnissen führen können.

Literatur

  1. Ornish, D., et al.: Lancet 1990, 336, 129.
  2. Ornish, D., et al.: JAMA 1998, 280, 2001.
  3. Dunn, A.L., et al.: JAMA 1999, 281, 327.
  4. Pratt, M.: JAMA 1999, 281, 375.
  5. Manson, J.E., et al.: N. Engl. J. Med. 1999, 341, 650.