Erneut ist über eine nutzlose Vereinbarung zu berichten, die das Ziel hatte, die Werbung für Tabak zu beschränken. Wir hatten bereits im Juni die unverändert häufige Darstellung von Raucherszenen in US-Filmen beklagt. Dies geschieht trotz der Absichtserklärungen der Filmindustrie, auf dieses Zubrot zu verzichten (AMB 2001, 35, 44a). Um dem negativen Phänomen der zunehmenden Zahl rauchender Jugendlicher zu begegnen, haben die Gesundheitsbehörden verschiedener US-Bundesstaaten 1998 die Initiative ergriffen; sie wollten die Werbung der Zigarettenhersteller in den Print-Medien, die sich immer mehr an die Jugendlichen wendet, reglementieren. Die großen Hersteller verpflichteten sich daraufhin im November 1998 – vermutlich um gesetzlichen Sanktionen zuvorzukommen – im Jahre 2000 nur noch Zigarettenwerbung in Zeitschriften zu schalten, die weniger als 15% Leser unter 18 Jahren bzw. die weniger als 2 Millionen jugendliche Leser haben.
Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler der Harvard Universität haben die Umsetzung dieser Versprechungen und deren Auswirkungen untersucht (King, C., und Siegel, M.: N. Engl. J. Med. 2001, 345, 504). Insgesamt wurden die Werbungsinhalte von 38 großen Zeitschriften ausgewertet, von denen die Struktur der Leserschaft bekannt sind. Die Auswahl umfaßte Nachrichtenmagazine (Time, Newsweek etc.), Frauenmagazine (Cosmopolitan etc.), Modezeitschriften (Vogue, Elle etc.), Sportzeitungen, Fernsehzeitschriften, Yellow-Press, Musik- und Wissenschaftsjournale.
Diese Zeitschriften wurden nach ihrem Anteil an jugendlichen Lesern (unter 18 Jahren) als typische Jugendzeitungen bzw. als typische Erwachsenenzeitungen klassifiziert. Die Zeitungen wurden nach Annoncen von 15 Markenzigaretten durchsucht, die in den USA als typische Jugendmarken (Marlboro, Camel, Newport) bzw. als typischen Erwachsenenmarken (Winston, Kool, Benson & Hedges u.a.) gelten.
Die jährlichen Ausgaben für die Zigarettenwerbung insgesamt, vor und nach der Vereinbarung, sowie die Verteilung der Markenwerbung auf die Magazine sind in Tab. 1 dargestellt. Wie zu sehen ist, führte die Vereinbarung zunächst zu einem deutlichen Anstieg des Werbevolumens um über 30% im Jahr 1999 und sank im Jahre 2000 wieder auf das Niveau vor der Vereinbarung. Mit diesem Taschenspieler-Trick konnte argumentiert werden, daß das Werbevolumen im Jahre 2000 im Vergleich zum Vorjahr gesenkt wurde; in Wahrheit wurde aber das Niveau des Jahres 1998 gehalten.
Es fällt besonders auf, daß sowohl vor wie auch nach der Vereinbarung deutlich mehr Geld für die Zigarettenwerbung in Zeitungen mit vorwiegend jugendlichen Lesern investiert wurde. Das heißt, die Vereinbarungen wurden nicht nur nicht erfüllt, sondern auch gebrochen. Besonders negativ ist die Marke Camel zu beurteilen, deren Hersteller die „Zurückhaltung“ der Konkurrenz genutzt und ihr Werbevolumen trotz der getroffenen Vereinbarung mehr als verdoppelt hat.
Fazit: Das sogenannte „Master Settlement Agreement“ mit der Zigarettenindustrie, das die Werbung einschränken sollte, hatte keinen wesentlichen Einfluß auf die Werbeaktivität in den großen US-amerikanischen Zeitschriften. Die Werbung für typische Jugendmarken wurde sogar noch leicht intensiviert. Somit ist klar, daß der Schutz der Jugend gegenüber der Tabakindustrie mit Gesetzen und Sanktionen durchgesetzt werden muß.