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Riesenzell-Arteriitis. Kombinierte Behandlung mit Prednison plus Methotrexat?

Die Riesenzell-Arteriitis ist eine T-Zell-vermittelte Vaskulitis. Sie tritt vorwiegend bei älteren Menschen auf und befällt meist große bis mittelgroße Arterien. Die Behandlung mit anfänglich hohen Dosen Kortikosteroiden unterdrückt bei den meisten Patienten den entzündlichen Prozeß sehr rasch und eindrucksvoll. Auch die vielfältigen klinischen Symptome verschwinden schnell, und Komplikationen durch Gefäßverschlüsse (z.B. Erblindung, Schlaganfall; s.a. AMB 2000, 34, 53) können verhindert werden. Die Empfehlungen zur Anfangs- und Folge-Dosierung von Kortikosteroiden sind recht unterschiedlich; sie richten sich teilweise nach Art und Sitz der Beschwerden. Beim Befall kranialer Arterien werden 70-100 mg/d Prednison 3-4 Wochen lang gegeben mit kontinuierlicher Reduktion um je 10 mg/Woche, so daß nach 6-8 Wochen eine Dosis von 20-30 mg/d erreicht ist. Danach erfolgt je nach Beschwerden und Aktivität der Entzündung (BSG, CRP) eine etwa zwei Jahre dauernde niedrig dosierte (um 5 mg/d) Prednison-Therapie. Bei überwiegend muskulären Schmerzen im Sinne einer Polymyalgia rheumatica sind die Prednison-Dosen anfangs niedriger (ca. 30 mg/d), und sie werden auch rascher reduziert (Übersicht bei 1). Bis zu 60% der Patienten erleiden jedoch während des Abbauens der Prednison-Dosis Rezidive bzw. Komplikationen (1, 2, 3) und bis zu 80% unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW; 4, 5, 6). Hinzu kommt, daß einige Patienten schlecht auf die Steroid-Therapie ansprechen bzw. hohe Langzeit-Dosen benötigen, um den entzündlichen Gefäßprozeß zu unterdrücken

Wie bei anderen systemischen Vaskulitiden, gibt es wegen der UAW der langfristig notwendigen Steroide auch bei Riesenzell-Arteriitis Versuche, zusätzlich mit Zytostatika oder Immunsuppressiva zu behandeln, um Steroid „einzusparen“ und/oder die Effektivität der Therapie zu erhöhen (s.a. AMB 1996, 30, 25).

In einer aktuellen spanischen Studie (randomisiert, doppeltblind, plazebokontrolliert) wurden die Wirksamkeit (Häufigkeit der Rezidive) und die UAW einer kombinierten Therapie mit Prednison plus Methotrexat (MTX) bei anfänglich 42 Patienten mit neu diagnostizierter, bioptisch nachgewiesener Riesenzell-Arteriitis gegenüber einer alleinigen Therapie mit Prednison untersucht (7). Alle Patienten erhielten in der ersten Woche täglich 3 mal 20 mg Prednison, in der zweiten Woche täglich einmal 60 mg. Danach wurde die Dosis wöchentlich um 10 mg/d reduziert bis zu 40 mg/d am Ende des ersten Monats. In der Folge wurde die tägliche Steroid-Dosis wöchentlich um 5 mg gesenkt bis am Ende des zweiten Monats 20 mg/d erreicht waren. In der Folgezeit wurde die tägliche Prednison-Dosis alle zwei Wochen um 2,5 mg vermindert bis zum kompletten Absetzen. Die Prednison-Dosis konnte langsamer herabgesetzt werden, wenn die Patienten auf die Anfangsdosis unzureichend ansprachen, wenn ein Rezidiv auftrat oder bis ein zunächst vermutetes Rezidiv gesichert war. Prednison konnte auch schneller reduziert werden, wenn UAW auftraten, klinisch aber keine Aktivität der Arteriitis mehr bestand. Gruppe 1 erhielt zusätzlich zu dieser Therapie einmal wöchentlich Plazebo, Gruppe 2 zusätzlich einmal wöchentlich 10 mg MTX. Letzteres wurde abgesetzt, wenn nach 24 Monaten keine Krankheitsaktivität mehr bestand. Die Dosis von MTX konnte gesenkt werden bei UAW oder zusätzlichen Erkrankungen. Im Fall eines Rezidivs in der MTX-Gruppe wurde die Prednison-Dosis wieder auf das Niveau angehoben, mit dem die Symptome vorher unterdrückt waren, und unter Beibehalten der MTX-Dosis dann wieder vermindert. Alle Patienten erhielten oral zusätzlich 1g/d Kalzium, 600 IU/d Vitamin D3 sowie – nach späterer Änderung des Studienprotokolls – 5 mg/d Folsäure. Die Definitionen für Rezidive, Krankheitsaktivität und UAW sind in der Arbeit genau angegeben.

Ergebnisse: Alle Patienten sprachen anfangs gut auf die Therapie an: die klinischen Symptome besserten sich und die pathologischen Laborwerte normalisierten sich. Durch die Zusatzbehandlung mit MTX sank die Zahl der Patienten mit Rezidiven (s. Tab. 1), klinisch hauptsächlich Beschwerden im Sinne einer Polymyalgie. Kraniale Symptome bei Rezidiven waren in der MTX-Gruppe etwas seltener. Die meisten Rezidive traten (in beiden Gruppen) zwischen dem 4. und 5. Monat nach der Randomisierung auf (25. Woche MTX vs. 21. Woche Plazebo). In der MTX-Gruppe ereigneten sich die Rezidive bei einer niedrigeren Steroid-Dosis. Die kumulative Prednison-Dosis war in der MTX-Gruppe deutlich niedriger (s. Tab. 1).

Bei drei Patienten mußte MTX wegen UAW abgesetzt werden (Leukopenie, Anämie, Mukositis, orale Ulzera). Zu diesen UAW kam es allerdings nur, bevor Folsäure in das Behandlungs-Protokoll eingeführt wurde. Bei zwei dieser Patienten bestand eine leichte Kreatininerhöhung schon zu Beginn. Insgesamt waren die UAW in beiden Gruppen etwa gleich häufig. Während der gesamten Studiendauer starb kein Patient. Die Autoren halten MTX plus Prednison für eine sichere und etwas wirksamere Therapie der Riesenzell-Arteriitis als Prednison allein.

Fazit: In dieser lang dauernden und im Design sorgfältigen Studie zur Therapie der Riesenzell-Arteriitis verhinderte Prednison plus MTX etwas wirksamer als Prednison plus Plazebo klinische Rezidive. Auch die kumulativ notwendige Prednison-Dosis war deutlich geringer. Ob jedoch diese Vorteile die potenziellen UAW von MTX aufwiegen, kann zur Zeit noch nicht entschieden werden. Die etablierte und gut wirksame Steroid-Monotherapie muß sicher nach den Befunden dieser Studie nicht geändert werden. Es wird jedoch eine Alternative aufgezeigt für Patienten, die bereits zu Beginn auf Kortikosteroide schlecht ansprechen und/oder hohe Langzeit-Steroid-Dosen benötigen, um die Krankheitsaktivität zu unterdrücken

Literatur

1. Kaiser, H., und Kley, H.K.: Cortisontherapie. Georg Thieme Verlag. Stuttgart, New York. 10. Auflage 1997. S. 279.
2. Graham, E., et al.: Brit. Med. J. 1981, 282, 269.
3. Lundberg, I., und Hedfors, E.: J. Rheumatol. 1990, 17, 1340.
4. Huston, K.A., et al.: Ann. Intern. Med. 1978, 88, 162.
5. Gabriel, S.E., et al.: Arthritis Rheum. 1997, 40, 1873.
6. Bahlas, S., et al.: J. Rheumatol. 1998, 25, 99.
7. Jover, J.A., et al.: Ann. Intern. Med. 2001, 134, 106.

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