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Dupilumab zur Therapie der Eosinophilen Ösophagitis [CME]

Die Eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine immunvermittelte, chronisch-entzündliche Erkrankung der Speiseröhre, die durch Symptome der ösophagealen Dysfunktion und histologisch durch den vermehrten Nachweis von eosinophilen Granulozyten in der Schleimhaut der Speiseröhre gekennzeichnet ist [1]. Dabei gilt eine Eosinophilenzahl von > 15 pro hochauflösendes Gesichtsfeld (Standardgröße 0,3 mm2) als diagnostischer Schwellenwert. Per definitionem sollten andere systemische und lokale Ursachen für eine ösophageale Eosinophilie ausgeschlossen werden, darunter insbesondere die gastroösophageale Refluxkrankheit. Die EoE wurde in den frühen 1990er Jahren erstmals beschrieben. Epidemiologische Studien aus Europa und Nordamerika zeigen, dass die Inzidenz und Prävalenz der EoE in den letzten 20 Jahren deutlich gestiegen sind. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, am häufigsten wird sie in der 3. und 4. Lebensdekade diagnostiziert. Personen mit atopischen Vorerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko, eine EoE zu entwickeln. Man geht davon aus, dass die EoE vor allem durch Nahrungsmittel- und Luftallergene ausgelöst und durch Typ2-T-Helferzellen (= Th2) vermittelt wird.

Die unbehandelte EoE geht in der Regel mit einer chronisch-persistierenden Entzündung einher, die zu einem Umbau des Ösophagus mit Schleimhautrissen, Strikturen und Funktionsstörungen führen kann. Die häufigsten Symptome bei Erwachsenen sind Dysphagie und Bolusobstruktion, bei Kindern Nahrungsverweigerung, Wachstumsstörungen und abdominelle Schmerzen. Je nach Ausmaß der Beschwerden ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität („Health related quality of life“ = HRQOL) der Patienten beeinträchtigt; sie kann mit validierten Fragebögen wie beispielsweise dem „Dysphagia Symptom Questionnaire“ (= DSQ) erhoben werden. Die aktive EoE soll behandelt werden; Ziel der Therapie ist die klinische und histologische Remission. Zur Induktionstherapie eingesetzt werden topische Glukokortikosteroide, wie beispielsweise Budesonid als Schmelztablette (in dieser Indikation zugelassen), alternativ auch eine 6-Food-Eliminationsdiät oder hochdosierte Protonenpumpeninhibitoren (PPI; in dieser Indikation nicht zugelassen; [1]). Bei der 6-Food-Eliminationsdiät werden die Nahrungsmittel eliminiert, die am häufigsten mit Nahrungsmittelallergien assoziiert sind, also Kuhmilchproteine, Weizen, Soja, Ei, Nüsse und Fisch/Meeresfrüchte. Ungefähr ein Drittel der Patienten erreicht trotz Anwendung topischer Glukokortikosteroide keine klinische und histologische Remission [2].

Dupilumab ist ein rekombinanter, humaner, monoklonaler IgG-Antikörper, der die Signalwege von Interleukin-4 und Interleukin-13 hemmt, die bei Th2-vermittelten Erkrankungen als entscheidende Zytokine gelten [1]. Dupilumab (Dupixent®) war bereits zugelassen für die Therapie von Asthma, atopischer Dermatitis, chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen und Prurigo nodularis (vgl. [3]). Nun wurde Dupilumab sowohl von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA als auch von der Europäischen Kommission für die EoE zugelassen [4][5]. Wesentliche Grundlage der Zulassung sind die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie zu Wirksamkeit und Sicherheit von Dupilumab im Vergleich zu Plazebo bei Patienten mit EoE, die aktuell im N. Engl. J. Med. veröffentlicht wurden [5]. Die Untersuchung wurde vom pharmazeutischen Unternehmer finanziert, der die Daten auch auswertete. An der Erstellung des Manuskripts war außerdem ein medizinisches Schreibbüro beteiligt.

Die Untersuchung wurde an 96 Standorten in Australien, Kanada, Europa und den USA durchgeführt. Sie bestand aus drei Teilen: In Teil A wurden 81 Patienten über 24 Wochen entweder mit Dupilumab 300 mg s.c. wöchentlich (n = 42) oder Plazebo (n = 39) behandelt. In Teil B wurden 240 Patienten über 24 Wochen entweder mit Dupilumab 300 mg s.c. wöchentlich (n = 80) oder zweiwöchentlich (n = 81) oder Plazebo (n = 79) behandelt. In Teil C erhielten 77 Patienten aus Teil A Dupilumab 300 mg s.c. wöchentlich über weitere 28 Wochen. Eingeschlossen wurden Patienten ≥ 12 Jahre mit einer histologisch gesicherten EoE trotz achtwöchiger Therapie mit hochdosierten PPI sowie einem DSQ-Score von mindestens 10 (Spannweite der Scores 0-84; höhere Scores zeigen häufigere oder schwerere Dysphagie an). Zur Beurteilung der Wirksamkeit wurden als primäre Endpunkte definiert: histologische Remission (≤ 6 Eosinophile pro hochauflösendes Gesichtsfeld) und absolute Veränderung des DSQ-Scores in Woche 24.

In den Studiengruppen waren 23-33% Heranwachsende, das durchschnittliche Alter aller eingeschlossenen Patienten lag bei ca. 30 Jahren. Ungefähr ein Drittel der Studienteilnehmer waren Frauen. Die Patienten waren durchschnittlich 5-6 Jahre an einer EoE erkrankt, die mit Beschwerden einherging (DSQ-Score durchschnittlich ca. 35).

In Teil A und Teil B war der Anteil von Patienten mit einer histologischen Remission unter Dupilumab größer als unter Plazebo (Teil A: 25/42 = 60% vs. 2/39 = 5%; Teil B: 47/80 = 59% vs. 49/81 = 60% vs. 5/79 = 6%; p jeweils < 0,001). Die HRQOL verbesserte sich nur unter Dupilumab bei wöchentlicher Anwendung (Abnahme der DSQ-Scores in Teil A: -12,32, in Teil B: -9,92; p jeweils < 0,001). Dagegen bestand bei zweiwöchentlicher Anwendung von Dupilumab in Teil B kein signifikanter Unterschied im Vergleich zu Plazebo (Abnahme der DSQ-Scores: -0,51; 95%-Konfidenzintervall: -5,42-4,41). Bei der länger dauernden Behandlung der Patienten bis Woche 52 in Teil C wurden ähnliche histologische Remissionsraten und Verbesserungen der HRQOL erreicht wie in Teil A und B unter wöchentlichem Dupilumab.

Als häufigste Nebenwirkung wurde über Reaktionen an der Injektionsstelle berichtet, die sowohl unter Dupilumab als auch unter Plazebo auftraten (38% vs. 33%; 3). Zu weiteren Nebenwirkungen zählten Infektionen der oberen Atemwege (18% vs. 10%), Gelenkschmerzen (2% vs. 1%) und Herpesinfektionen (2% vs. 1%). Todesfälle gab es nicht. Daten zur Langzeitsicherheit von Dupilumab, das 2017 erstmals zugelassen wurde, fehlen.

Ein Kommentar zur Publikation der Studie weist daraufhin, dass der Stellenwert von Dupilumab in der Therapie der EoE weiter unklar ist, insbesondere im Vergleich zu topischen Glukokortikosteroiden [2]. Sie erzielen bei EoE höhere histologische Remissionsraten als Dupilumab (90% vs. 60%), ein direkter Vergleich fehlt jedoch. Da die EoE eine lokal begrenzte Erkrankung ist, wird eine topische Behandlung mit Immunsuppressiva favorisiert, auch weil topische Glukokortikosteroide so wirksam sind wie systemische.

Dupixent® ist ein teures Arzneimittel: Die Jahrestherapiekosten zur Behandlung der chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen liegen bei ca. 20.000 € [6].

Fazit

In einer Phase-III-Studie bei Patienten mit EoE führte Dupilumab 300 mg/Woche zu einer Besserung der Symptome und zu mehr histologischen Remissionen als Plazebo. Es fehlt allerdings ein Beleg für eine bessere Wirksamkeit im Vergleich zu topischen Glukokortikosteroiden. Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), die aktuell in einer Konsultationsfassung vorliegt, empfiehlt, Biologika in der Behandlung der EoE derzeit nur in klinischen Studien einzusetzen [1]. Dieser Empfehlung schließen wir uns an.

Literatur

  1. https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2022/09/LL-Reflux_Leitlinie_Konsultationsfassung_Final_01.08.22.pdf (Link zur Quelle)
  2. Straumann, A.: N. Engl. J. Med. 2022, 387, 2379. (Link zur Quelle)
  3. AMB 2020, 54, 74a. (Link zur Quelle)
  4. https://www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2022/761055s040lbl.pdf (Link zur Quelle)
  5. https://www.sanofi.com/en/media-room/press-releases/2023/2023-01-30-06-00-00-2597236 (Link zur Quelle)
  6. https://www.g-ba.de/downloads/39-261-4283/2020-05-14_AM-RL-XII_Dupilumab_D-505_BAnz.pdf (Link zur Quelle)